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Der schöne metaphorische Titel von der Magd im Dichter-Olymp bringt, was sie zu tun hatte, auf den Punkt. Ja, so hat sie sich verstanden: als eine den Dichtern Dienende. Immer schon war die Künstlersozietät eine Ansammlung von Individualisten. Im März 1950 wurde die von den Nationalsozialisten 1933 gleichgeschaltete Preußische Akademie der Künste in der DDR als Deutsche Akademie der Künste (AdK) neu gegründet. Ohne Konflikte geht so etwas nie vonstatten. Brecht meinte 1953 dazu: »Wir sind ein großer Körper, der aber keine einheitliche Meinung hat. Das haben wir uns zu erarbeiten.« Und so ist es geblieben über die Jahrzehnte. Nun hat Christel Berger, mit dem Abstand von mehr als zwanzig Jahren, all das aufgearbeitet, was sie authentisch miterlebte, hat die Protokolle zahlloser Diskussionen wieder gelesen – und resümiert, welch eine komplexe, aufregende Periode das war, gezeichnet von Debatten, in denen es wirklich um etwas ging. Denn nach der unsäglichen Ausbürgerung von Wolf Biermann 1976 hatte es diesen fundamentalen Einschnitt in die Künstlerszene der DDR gegeben, von dem sie sich im Grunde nie wieder ganz erholt hat. Die alltägliche Arbeit in der Sektion, organisieren, betreuen, Verständnis zeigen, ebenso wie die großen politischen Diskussionen haben diese Tätigkeit in der AdK unverwechselbar gemacht. Auch die Kämpfe untereinander gehören dazu. Entstanden sind zwei materialreiche, höchst informative Bände, die einen spannenden Einblick in die Zeit der Brüche und Umbrüche gestatten. Sie fügen sich ein in die Buchreihe »Erkundungen – Entwürfe – Erfahrungen« der Edition Schwarzdruck, in der etwa auch Christel Bergers problembewußte Biographie »Friedrich Wolf 1953« erschienen ist. Wenn man später einmal wissen will, wie es wirklich war, was die Intellektuellen in der DDR bewegen konnten und was nicht, wird man feststellen, daß gerade in den Büchern dieser Reihe etwas aufbewahrt ist, was zu einem differenzierten Geschichtsbild beitragen kann. Christel Berger hat einen unschätzbaren Vorteil auf ihrer Seite: die Innensicht auf diese Szene des geistigen Lebens in der späten DDR. Andere Interpretationen werden auf diese Darstellung nicht verzichten können, denn hier wird anhand der Dokumente selbst akribisch verfolgt, wie die Schriftsteller die lösbaren, vor allem aber die unlösbaren Konflikte zwischen Geist und Macht, zwischen den Künstlern und der Regierung tatsächlich ausgetragen haben. Anpassung oder Revolte – oft genug war diese Entscheidung vom Einzelnen zu treffen. In den monatlichen Sektionssitzungen wurden die Mühen der Ebene ausgetragen. Daneben aber gab es die großen Ereignisse, wie die von Stephan Hermlin initiierte »Berliner Begegnung zur Friedensförderung«, die im Dezember 1981 Intellektuelle aus Ost und West endlich an einen Tisch bringt, in einer Zeit also, als der Kalte Krieg immer unerbittlicher zu werden drohte und die Militärblöcke sich raketenbestückt gegenüberstanden. Da waren es die Künstler, die eine gemeinsame Sprache fanden, die sagten: Bis hierher und nicht weiter. Ihr Einfluß auf die Regierenden war jedoch kleiner als erhofft. Dieses Treffen machte zugleich das Maß an Macht und Ohnmacht, an Hoffnung und Illusion ihrer Möglichkeiten deutlich. Christel Berger hat die Arbeit der Sektion bis zu den Debatten um die Auflösung beziehungsweise Selbstauflösung der AdK begleitet. Am Ende gelingt eine gleichberechtigte Vereinigung der Akademien Ost und West auf Augenhöhe nicht. Zu heftig sind die Vorurteile, zu tief die ideologischen Gräben. Als man des einen Sündenbocks bedurfte, der für alles verantwortlich schien, stand Hermann Kant bereit. Andere, wie Christa Wolf, waren längst Mitglied in beiden Akademien. Das alles kann man hier anhand der Dokumente nachlesen. Im zweiten Band porträtiert die Autorin fünf ihrer »Götter« bei der Arbeit: Franz Fühmann, Stephan Hermlin, Peter Hacks, Waldtraud Lewin und Günther Rücker, sehr lebendig, hautnah gewissermaßen, die charakteristischen »Köpfe« dazu von Harald Kretzschmar gezeichnet. So heißt es über Fühmann: »Er war so freundlich und aufmerksam wie kaum ein anderer, aber ebenso rigoros und schroff. Angst um ihn zu haben, war ein Gefühl, das mich während meiner Arbeit in der Akademie nicht verließ.« Halb Erlebnisbericht, halb Dokumentation, liest sich das Buch aber auch unterhaltsam. Denn manch Anekdotisches zeigt die Individualisten mit allen Marotten und Eitelkeiten als reizende Zeitgenossen. Christel Berger: »Als Magd im Dichter-Olymp«, 2 Bände, Edition Schwarzdruck, zus. 844 Seiten, 39 € (Einführungspreis bis 1.12.2013 32 €)
Erschienen in Ossietzky 22/2013 |
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