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Heinrich Heine zogen Sie dafür heran (der kann Urheberrechte nicht mehr geltend machen) und riefen Ihrem Parteifreund zu: »Schlage die Trommel und fürchte dich nicht – und küsse die Marketenderin!« Der Kanzlerkandidat zeigte sich beeindruckt und versicherte: »Ja ich bin ein Tambourmajor.« Aber welche sozialdemokratische Trommel ist zur Hand – und soll Peer etwa der Generalsekretärin seiner und Ihrer Partei nahetreten? Dann haben Sie vorgetrommelt: Die Kanzlerin Merkel sei eine Lügnerin. Erst habe sie dem deutschen Volk versprochen, nur ein einziges Mal müsse es den Griechen Schotter in die Staatskasse rüberschieben, und jetzt werde schon das dritte deutsche Kreditpaket geschnürt. Ganz klar: Da sitzt eine finanzielle Landesverräterin im Kanzleramt. Und Steinbrück ist Deutschlands Retter. Jedenfalls in dem Schauspielchen, das Sie Ihren Parteigenossen offerieren, als Freizeitregisseur, in Ihrem Job haben Sie es mit wirklichen Geschäften zu tun, da geht es nicht um Fabeln über deutsch-griechischen Geldverkehr. Jakob Augstein, Erbe. – Nikolaus Blome, als Fernseh-Sparringspartner sind Sie ihm verbunden, war bisher Bild-Vizechef und dort unter anderem Leiter der Hauptstadtredaktion; er übernimmt demnächst diese Funktionen beim Spiegel, in dessen Eignergesellschaft Sie die Augsteinschen Familienanteile vertreten. Solche Abwechslungen und zugleich Verknüpfungen ließen sich doch fortführen: Holen Sie sich einen Redakteur für Ihren Freitag von der Welt am Sonntag; Sie wiederum könnten sich für die Rolle eines aufmüpfigen Kolumnisten bei Bild verpflichten. Ambros Waibel, taz-Redakteur. – Eine »klare Ansage« bewundern Sie den französischen Außenminister, der einen Militärschlag des Westens gegen Assad androht. Sein deutscher Kollege hingegen belasse es bei unverbindlichen Sprüchen und stelle sich damit »auf die Seite« der syrischen Regierung. Die Zeitung, für die Sie tätig sind, präsentiert Sie als einen Mitarbeiter, der »über alles schreibt was ihm einfällt«. Originell ist Ihr jüngster Einfall nicht, es gibt hinreichend Journalisten hierzulande, die »deutsche Kriegsmüdigkeit« beklagen. Aber vermutlich denken Sie: Das taz-Publikum hat noch etwas Nachholbedarf, da ist ein salonmilitärisches Wort vonnöten. Thomas de Maizière und Hans-Peter Friedrich, Lufthoheiten. – Die Späh-Drohne »EuroHawk« kommt wohl doch bald ins Bundeswehr-Arsenal, vielleicht gar auch in das der Bundespolizei. In aller Stille wird seit Wochen ein vom US-Rüstungskonzern Northrop-Grumman gelieferter Prototyp auf dem Fliegerhorst bei Manching getestet und schaffte schon einen Dauerflugrekord von 25 Stunden. Beim sicheren Landen hapert es noch, aber hatten Sie nicht behauptet, das 600-Millionen-Pleite-Projekt sei komplett gestoppt, Herr de Maizière? Die Amis haben 4000 technisch-aeronautische Datenblätter nachgeliefert, die sie vordem nicht hatten rausrücken wollen? Dann steht einer Zulassung der Drohne für unseren Luftraum ja fast nichts mehr im Wege. Gestatten, Herr Kriegsminister, aber der Fleck auf Ihrer weißen Weste fällt ins Auge. – Ach, ehe wir Sie vergessen, Herr Polizeistaatsminister Friedrich: Sie lassen weiter stiekum nach einer – »zivilen«, aber leicht zu bewaffnenden – Drohnenversion forschen, vorgeblich zum Küstenschutz und zur Rettung Schiffbrüchiger, praktisch wohl eher zum Aufspüren und Abschießen vorgeblicher Terroristen. Ein Tip: Die Amis entwickeln gerade eine elektronische Gesichtserkennung für ihre Totalüberwachungsapparate. Wie wär’s damit? Und hier noch das Unions-Betthupferl für unsere Überalldabei-Grünen: Das ferngelenkte Flugzeug mit Solarmodulen und Elektromotor. Der Prototyp hielt sich bereits neun Stunden in der Luft. Wunderbar, eine Öko-Drohne zur Basisdemokratieverteidigung. Jens Jessen, Dialektiker. – Ungewohnt deutlich plädieren Sie in der Zeit für einen überkommenen Transatlantizismus für eine »kontrollierte Abkühlung der deutsch-amerikanischen Beziehung«. Denn Ihrer – durchaus zutreffenden – Ansicht nach »verletzt die Internet-Spionage der USA Grundrechte und Souveränität der Bundesrepublik«. Angesichts »offenbarer Geringschätzung und Verachtung der deutschen Eigenstaatlichkeit« breite sich jetzt »Entgeisterung« aus – »selbst dort, wo kein traditioneller Antiamerikanismus zu Hause und kein antikapitalistisches Ressentiment am Werk ist«. Selbst Herausgeber Joffe, der habituell vom »benevolenten Hegemonen« schwadroniert, kriegt sein Fett weg, wenn Sie fragen, ob es sein könne, »daß die jahrzehntelange Gewöhnung an die gutmütige Vorherrschaft der amerikanischen Besatzungsmacht alle Reflexe der Vorsicht und des gesunden Mißtrauens erstickt« habe. Doch im letzten Absatz hat Sie wohl aller Mut verlassen angesichts Ihrer geballten Häresie. Da fordern Sie zwar noch, daß Deutschland »lernen muß, sicherheitspolitisch auf eigene Verantwortung zu handeln« – aber dann erfolgt, quasi dialektisch, Ihre volle argumentative Rolle rückwärts: »Selbstverständlich im Bündnis mit den USA, selbstverständlich als loyaler Verbündeter.« Eine Außen- und Sicherheitspolitik, die auch nur ein Jota Anstand, Rechts- und Moralbewußtsein aufwiese, erfordert das exakte Gegenteil: die Distanzierung von einer Staatspolitik, die unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung fundamentale Menschenrechte außer Kraft setzt, wo der Präsident allwöchentlich Mordbefehle an die Kampfdrohnengeschwader von Militär und Geheimdienst erteilt, denen nicht nur fremde, sondern sogar eigene Staatsbürger unterfallen, die weltweit Folterlager unterhält und die keine Skrupel hat, ihre globalen Machtinteressen kriegerisch umzusetzen.
Erschienen in Ossietzky 18/2013 |
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