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Zumeist wurde das verdeckt, erst durch religiös sich gebende, später durch nationalistische Ideologien. Deren Wirksamkeit wurde brüchig nach den Erfahrungen, die viele Millionen von Menschen im Ersten und Zweiten Weltkrieg machten. Wer »Nieder wieder Krieg« verlangte, stellte die Frage nach den Urhebern des massenmörderischen Treibens, oft auch nach den wirtschaftlichen Interessenten kriegerischer Politik. Speziell die deutschen Verhältnisse nach 1945 betreffend – allzu viel Opfer hatte der Expansionsdrang hiesiger Großunternehmen gekostet, vor dem Nürnberger Tribunal war er gar justiziell in den Blick geraten. Und so kam es, daß bei der Wiederbewaffnung Westdeutschlands die Aufgabe des Militärs grundgesetzlich auf den Verteidigungszweck eingeschränkt wurde. Spätestens seit dem Untergang der DDR und der Auflösung des »Ostblocks« war diese militärpolitische Funktionsbestimmung nicht mehr so recht verwendbar; der Gegner, dem Angriffsabsichten zugeschrieben werden konnten, war abhanden gekommen. Nun mußten andere Begründungen für den Rüstungsaufwand, die Bundeswehr und Militäreinsätze »out of area« gefunden werden, und es bot sich dafür die Ethifizierung deutscher kriegerischer Unternehmungen an – die Beschreibung des Gewaltzugriffs als Maßnahme zur Rettung vor einem Genozid, zur Bestrafung von Terroristen, zur Herstellung ziviler Verhältnisse oder zum Schutz der Menschenrechte, eine Erzählung, die vor allem bei grünen Politikern immer noch beliebt ist. Allerdings trat neben diese Legende zunehmend eine andere, der Realität nähere Erklärung der Militärpolitik: Diese diene der eigenen wirtschaftlichen »Sicherheit«. Schon längst hat diese Version auch in die (immer noch so genannten) »verteidigungspolitischen« Richtlinien der Bundeswehr Einzug gehalten; es war kommunikative Ungeschicklichkeit, daß der Bundespräsident Köhler sich in Kalamitäten brachte, indem er anläßlich seiner Visite in Afghanistan von diesen profanen Motiven für militärische Auslandseinsätze sprach. Inzwischen drückt der Bundes-»Verteidigungs«-Minister denselben Sachverhalt viel direkter aus. Im öffentlichen Diskurs wird nun zunehmend der »weltwirtschaftliche Auftrag« der Bundeswehr als Normalität dargestellt und hingenommen. Das in früheren Zeiten zumeist verdeckte ökonomische Motiv für staatliche Gewaltanwendung wird benannt und will Akzeptanz. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist die »Allianz zur Rohstoffsicherung«. Führende deutsche Industrie- und Energiekonzerne haben sie im vergangenen Jahr gegründet, um gemeinsame Strategien und Operationen für den Zugriff auf in anderen Ländern vorfindbare knappe Ressourcen zu entwickeln. Dabei geht es nicht um biedere Handelsabsprachen, sondern um eine starke machtpolitische Position im globalen Konflikt um die profitablen »Schätze der Natur«. Die neue Allianz solle »schlagkräftig« sein, sagte der Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, um die »Rohstoffversorgung« der beteiligten Unternehmen »nachhaltig zu verbessern«. Schließt dies militärpolitische Schlaginstrumente mit ein? Laut Handelsblatt setzte sich jetzt der Geschäftsführer der Rohstoff-Alliierten in einem Gespräch mit der Redaktion offen für eine solche Nutzung »militärischer Fähigkeiten« zum Zwecke der Beschaffung von Rohstoffen ein, und die Zeitung brachte sein Verlangen auf den Punkt: »Mehr militärisches Engagement bei der Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen«. Dann kam ein halber Rückzieher, Aussagen des Gesprächspartners seien mißverständlich »zusammengefaßt« worden, und die »Allianz« teilte mit, sie habe militärische Maßnahmen nicht im Sinn. Schon wieder eine Kommunikationspanne? Deutlich wird an dem Vorgang, daß noch Zweifel bestehen, was in Sachen Militär-»Philosophie« dem Publikum zuzumuten ist. Propagandisten der gewalttätigen »Sicherung« von Wirtschaftsinteressen wie zum Beispiel der Verfügung über Rohstoffe verlassen sich darauf, daß die Bürgerinnen und Bürger, die ja diese Art von Public-Private-Partnership zu tragen und zu finanzieren haben, sich in dem Glauben befinden, was für die Konzerne gut sei, sei gut auch und existenznotwendig für die gesamte deutsche Gesellschaft, »standortsichernd«. Es handelt sich hier um Aberglauben. Die Großunternehmen sind keine patriotischen Wohltätigkeitsinstitute. Das Kapital, für dessen Verwertung und Vermehrung sie international tätig sind, hat keine heimatlichen Gefühle. Das ist ein Tatbestand, der mehr öffentliche Aufmerksamkeit verdient.
Erschienen in Ossietzky 6/2013 |
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