Zweiwochenschrift
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Den Aufsatz kommentieren rtfm1400Requiem für Dietrich Kittner
Guido Zingerl
»Verährter Lansmann Zingerl, und du rote Sau.«
So beginnt ein hannöverscher Filserbrief als Vorwort zu einem Karikaturbuch.
Ach Kittner,
Kabarettist, Leid-Artikler, Satiriker, Texter, tab-Macher, Freund.
Dein großer Trick: Du spielst mit den Aussagen der Gegner,
benutzt ihre Worte und verdrehst sie so, bis die Wahrheit sichtbar.
Entlarvst so die Lügen, die Sprechblasen und Worthülsen.
Der Jurist in dir treibt seine Scherze, bringt Obrigkeit und Bürokraten
in Bedrängnis: Du kennst die Gesetze besser als sie.
Ach Kittner,
Genosse, Bürgerrechtler, Dissident und Agitator ...
Du fülltest nicht nur die Säle, die Theater, dein Theater tab in Hannover.
Du fülltest die Straßen, die Demos.
Du stiegst immer hinunter vom satirischen hohen Podium,
hinunter zu den Benachteiligten, den Ausgebeuteten,
hinunter zu den Kämpfen um gerechten Lohn oder gegen die Fahrpreiserhöhung.
Der rote Punkt in Hannover – Lehrstunden demokratischer Kraft.
Ach Kittner,
»Staatsfeind, Staatsgefährder, Anheizer, Unterzeichner, Aufrufer,
Anhänger, Unterstützer, Teilnehmer, Betrüger«.
Das alles deine Ehrentitel von Polizei und Staatsmacht
Bespitzelt, überwacht, abgehört und gefilmt.
Als wir einmal bei euch waren (Vernissage meiner Bilder im tab),
wurden wir auf der Rückreise auf der Autobahn gestoppt und gefilzt.
Dunkler BMW und zwei Streifenwagen. Schußwaffen im Anschlag. Warum?
»Sie waren doch beim Kittner, Herr Zingerl.«
Ach Kittner,
Auch deine Physis hast du schonungslos verausgabt.
Die wahnsinnig langen Autostrecken auf den Tourneen, oft lausige Unterbringung, Aufbau und Abbau der Bühne, alles mitgeschleppt im Auto,
die schweren Scheinwerfer, Kabel und all den Kram.
Der Kleinkram für die große Kunst.
Wenn die meisten Besucher schon müde wurden, konntest du noch bis in die
Morgenstunden diskutieren.
Ach Christel,
Teil des Zweigestirns, symbiotisch verbunden, einander unentbehrlich,
Schrecknis des Hinterbleibens, Schock des Alleinseins im Hollerhof.
Aber Dietrich,
du bist nicht tot,
du bleibst bei uns, und dein Werk lebt.
Wir ziehen Mut daraus und Kraft – und Lachen!
Für unseren Kampf um Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit.
Redaktion und Verlag trauern um Dietrich Kittner, der zu den Gründern der Zweiwochenschrift Ossietzky und zu den Gesellschaftern des Ossietzky-Verlages gehörte.
Erschienen in Ossietzky 5/2013
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