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Durch diese sei ein Zwei-Klassen-System innerhalb der Euro-Zone zwischen den Gläubigern und Schuldnern entstanden. Und die Gläubiger seien dafür verantwortlich: »Es ist im Grunde Deutschland.« Die fortgesetzte Sparpolitik, die von der Bundesregierung betrieben und durchgesetzt werde, sei kontraproduktiv, so Soros. Das sei die »Verewigung der Finanzkrise«. Bundeskanzlerin Angela Merkel folge einer »falschen Politik«, wenn sie mit weiterem Sparkurs auf die Folgen der eigenen Austeritätspolitik reagiere. Das zwinge die betroffenen Länder zu weiteren Kürzungen, welche deren Wirtschaft weiter schrumpfen ließen. Damit werde das Auseinanderdriften zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern festgeschrieben. Letztere blieben gleichzeitig abhängig, weil sie die Kredite zurückzahlen müssen. Soros meinte, daß die nächsten zwei Jahre schwierig, »sehr heikel« werden können. »Wenn die Europäische Union das überlebt, dann hält sie lange. Aber nicht für immer. Weil ich nicht denke, daß Europa politisch mit einer Situation leben kann, wo es ein Zentrum gibt (nämlich Deutschland) und die Länder wie Italien und Spanien zu fortwährender Minderwertigkeit verurteilt werden.« Der Spekulant sieht als »größte Gefahr«, daß es zu einem Währungskrieg kommt: »Weil der Rest der Welt einem anderem Rezept als dem der Deutschen folgt.« Die Deutschen glaubten an die strenge Sparpolitik, während die anderen Länder an expansive Geldpolitik als Mittel gegen die Krise glaubten, Geld auf die Märkte brächten, um so eine Depression zu vermeiden. Soros bestätigte in Davos laut Süddeutscher Zeitung auch, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel bei all dem nur eine Ausführende ist: »Sie sei ›eine brillante Politikerin‹, aber sie habe nicht wirklich eine Meinung, fügt er dann an und lächelt ein wenig.« Die Äußerungen des Milliardärs sind bedenkenswert. Sie zeigen, um was es sich bei dem handelt, was uns von der herrschenden Politik und den Mainstream-Medien als »Krise« dargestellt wird, auf die nicht anders reagiert werden könne als mit einem strikten Sparkurs. Am selben Tag, an dem Soros in Davos über die Krise sprach und vor den Folgen warnte, wurde der Jahresbericht der »Arbeitsgruppe europäischer WirtschaftswissenschaftlerInnen für eine andere Wirtschaftspolitik in Europa« (EuroMemorandum) vorgestellt. Darin ist manches zu finden, worauf auch Soros aufmerksam machte: »Die Krise, die ihren Anfang im Jahr 2007 nahm und sich 2008 in drastischer Weise verschärfte, hat tiefgreifende Zerwürfnisse in der Architektur der Europäischen Währungsunion freigelegt.« Die strengen Sparkurse, die in Ost- und Südeuropa durchgesetzt wurden, würden jetzt auch im Zentrum der EU umgesetzt. Gleichzeitig habe sich besonders die deutsche Position »im Hinblick auf die Peripherieländer« verstärkt, so die Wissenschaftler. »Als Reaktion auf die Staatsschuldenkrise wurden innerhalb der EU umfangreiche Regierungsänderungen eingeführt ... Der gemeinsame Tenor dieser Änderungen besteht darin, die wirtschaftlich schwächeren Länder unter ein umfangreiches System der Bevormundung zu stellen und unablässig auf Kürzung ihrer Ausgaben, Aushöhlung der Beschäftigungsstandards und Privatisierung von Staatsvermögen zu drängen.« Für die EU-Länder, die Finanzhilfen erhalten haben, gebe es drastische Kontrollen und Beschränkungen. Diese »nehmen im Fall von Griechenland geradezu koloniale Ausmaße an«. Die Wissenschaftlergruppe warnt: »Die Sparprogramme zerstören die Leben von Millionen EuropäerInnen, insbesondere in den südlichen und östlichen Peripherieländern. Das zeigt, daß Soros’ Aussagen inhaltlich nicht neu sind. Interessant ist, daß er auch solches sagt. Auf die deutsche Rolle in der Krise wies einen Tag später Jens Berger auf den NachDenkSeiten hin: »Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos redete die Kanzlerin endlich einmal Klartext und stellte die Grundzüge ihrer Agenda für Europa vor. Die Kanzlerin hat nichts, aber auch gar nichts, verstanden und will nun die Gunst der Stunde nutzen, um Europa bereits in diesem Jahr von Grund auf umzukrempeln. Durch die Blume gab sie dabei auch zu, daß ihr die Eurokrise keineswegs ungelegen kommt, um ganz Europa einer neoliberalen Agenda zu unterwerfen.« Auch das ist nicht neu, was der Blick in das schon mehrfach in Ossietzky erwähnte Strategiepapier des Bundesfinanzministeriums unter Theo Waigel (CSU) mit dem Titel »Finanzpolitik 2000« zeigt. Auf Seite 43 dieses Papiers aus dem Jahr 1996 ist zu lesen, daß Sparmaßnahmen »politisch noch am leichtesten in einer Phase der wirtschaftlichen Bedrohung durchzusetzen« seien. Was da für die Bundesrepublik beschrieben wurde, liest sich wie eine Blaupause für das, was mit Griechenland, den anderen EU-Staaten und auch mit uns heute angestellt wird. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden.
Erschienen in Ossietzky 4/2013 |
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