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Nun gibt es gute politische Argumente gegen ein Berufsheer: daß es dazu neigt, sich vom demokratischen Willen der Bevölkerung zu entfernen, daß es in der Geschichte meist konservativer war als die Gesamtbevölkerung, daß es die Tendenz hat, sich zu einem »Staat im Staat« zu entwickeln. All diese Argumente interessieren Gabi Burgstaller, die Landeshauptfrau – das entspricht einer deutschen Ministerpräsidentin – von Salzburg und Mitglied des erweiterten Bundesparteipräsidiums der SPÖ, nicht. In einem Gespräch mit den Salzburger Nachrichten deklarierte sie im Herbst vielmehr: »Ein paar Monate Zivildienst oder Bundesheer tun den jungen Männern sicher gut.« Typisch Mann, würde man sagen, wenn Gabi Burgstaller nicht unbestreitbar eine Frau wäre. Auch die eifrigsten Verfechterinnen der These, daß Militär und Krieg der Domäne des Patriarchats angehören, werden einsehen müssen: Gabi Burgstaller repräsentiert nicht die Männerwelt, sondern die Sozialdemokratie neueren Zuschnitts. Und um das zu erkennen, bedurfte es nicht erst der Debatte um die Wehrpflicht. Daß die Realpolitikerin übrigens so nebenbei um die unbezahlte Arbeit der (männlichen) Zivildienstleistenden bangt, macht die Sache nicht erquicklicher. Auf Sozialdemokraten ist, wenn es um Kultur geht, Verlaß. Auch auf diesem Gebiet tut sich Gabi Burgstaller gern hervor. 2008 erklärte das Kuratoriumsmitglied der Salzburger Festspiele, die Eröffnungsreden bei dem hochsubventionierten Mega-Event, in der Vergangenheit gehalten von solchen nach Burgstallers Meinung offenbar verzichtbaren Zeitgenossen wie Václav Havel, George Steiner oder Barbara Frischmuth, seien ein überholtes Ritual. Für ein keineswegs überholtes Ritual hält sie hingegen die Sektempfänge, auf denen sie stets begierig nach den Fernsehkameras schielt, und die roten Teppiche, über die sie gern mit Prominenz plus Festspielpräsidentin schreitet. Auch das könnte man noch unter der Rubrik »Kuriositäten« abheften. Aber die sozialdemokratische Spitzenpolitikerin, die kurz zuvor dagegen protestiert hatte, Haiders Wähler ins »rechte Eck« zu stellen, erklärte anläßlich des Todes des Rechts-außen-Politikers, trotz so mancher Auffassungsunterschiede sei für sie erkennbar gewesen, daß für Jörg Haider vor allem in sozialen Fragen der Mensch im Mittelpunkt seines Handelns gestanden habe. Und sie tremolierte über ihren Kärntner Kollegen, den sie als humorvollen, kommunikativen und engagierten Menschen mit vielen liebenswerten Seiten erlebt habe und an dem sie einen politischen Kollegen verloren habe, der vor allem die Fähigkeit gehabt habe, nach vorne zu schauen: »Mit Landeshauptmann Jörg Haider verliert Österreich eines der größten politischen Talente der letzten Jahrzehnte.« Zur Erinnerung: die Rede ist von einem »Talent«, das der Waffen-SS noch 1995 »Anständigkeit« bescheinigte und die österreichische Nation als »Mißgeburt« kennzeichnete. Die Rede ist von einem Kollegen, dessen kriminelle Machenschaften noch über seinen Tod hinaus die Gerichte und die Öffentlichkeit beschäftigen. Wen wundert es da noch, daß Gabi Burgstaller eine Koalition mit Heinz-Christian Straches FPÖ, die immer wieder dem Verdacht einer ideologischen Nähe zu den Nazis Nahrung gibt, nicht ausschließen wollte. Entgegen der Linie der SPÖ schließt die Landeshauptfrau auch die Wiedereinführung von Studiengebühren nicht aus. Frau Burgstaller schließt überhaupt nichts aus, was gegen die Interessen der Unterprivilegierten gerichtet ist und die Beseitigung einstiger Unverzichtbarkeiten der Sozialdemokratie befördert. Sie ist die beste FPÖVP-Politikerin, die Salzburg und Österreich je hatte. 2011 wurde Jean Ziegler als Eröffnungsredner bei den Salzburger Festspielen von Gabi Burgstaller ausgeladen. Daß Interventionen zu dem Schritt geführt haben könnten, wiesen sowohl sie als auch die Festspielpräsidentin Rabl-Stadler entschieden zurück: »Unsere Sponsoren wußten nicht einmal von der Bestellung Zieglers«, erklärte Rabl-Stadler im Kurier. Burgstaller sekundierte in den »Salzburger Festspielen«: »Die Ausladung hat nicht im Geringsten mit Interessen oder gar Interventionen von Sponsoren der Festspiele zu tun. Es gab keine derartigen Interventionen.« Sie habe es vielmehr nicht für sinnvoll erachtet, einen Redner einzuladen, bei dem nicht die Inhalte von dessen Rede, sondern »die Diskussion rund um die Frage eines angeblichen Naheverhältnisses zu Gaddafi im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gestanden wäre«. Gabi Burgstaller stellt fest: Es bedarf keiner Interventionen. Der vorauseilende Gehorsam gegenüber den Konzernen und Banken reicht aus. Jean Ziegler hat die Rede an anderer Stelle bekannt gemacht. Wenn in der Öffentlichkeit und den Medien nicht über seine Einsichten, sondern über Gaddafi geredet worden wäre, was nicht der Fall war, so hätte das einzig und allein Gabi Burgstaller zu verantworten gehabt. Sie hat den Ton angestimmt. Fürwahr, wir brauchen keine Reaktion, wo wir solche Sozialdemokraten haben.
Erschienen in Ossietzky 2/2013 |
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