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Die Aasgeier, die am Werderschen Markt über der noch nicht erlegten Beute Syrien kreisten, kamen aus mehr als 60 Staaten und zählten sich zu den selbsternannten »Freunden des syrischen Volkes«. »Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate teilen sich den Vorsitz dieses zentralen Forums der internationalen Koordination zum Wiederaufbau Syriens«, hieß es in der Mitteilung des Auswärtigen Amtes, die auch verkündete, daß Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Veranstaltung eröffnete. Sage niemand, die Bundesrepublik sei nicht am Krieg gegen und in Syrien beteiligt. Sie läßt mitkämpfen, beobachtet und spioniert. Ganz so wie Aasgeier das eben tun, die warten, bis die Beute erlegt ist oder von selbst aus Schwäche zusammenbricht nach den dauernden Angriffen der Raubtiere. Und die bundesdeutsche Regierung bereitet sich vor, aktiv dabei zu sein, wenn die syrische Beute ausgeweidet wird. Wie das geschieht, zeigen Meldungen aus den letzten Wochen und Monaten: Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke (Die Linke) kritisierte schon Anfang April die erwähnte Arbeitsgruppe: »Offenkundig lautet die wichtigste Lehre für die Bundesregierung aus dem Libyen-Krieg, daß sie zumindest unter der Hand beim gewaltsamen ›regime change‹ nicht abseits stehen darf, wenn sie der deutschen Wirtschaft Einfluß und Geschäftschancen in Syrien sichern will.« Der syrischen Wirtschaft solle von außen ein neoliberales Konzept verordnet werden. Um den wirtschaftlichen Einfluß in dem Land wetteifern, so Gehrcke, die Türkei, die Golfstaaten, aber auch die alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien. »Wo so viel zu holen ist, will Deutschland nicht zurückstehen.« Westerwelle hatte am 1. April auf dem Treffen der »Freunde des syrischen Volkes« in Istanbul erklärt, daß die Arbeitsgruppe gegründet wurde. Den Konzernmedien war das damals keine Meldung wert. Überraschend war dieser Schritt der Einmischung in den syrischen Konflikt allerdings nicht, denn schon in der Regierungspressekonferenz am 13. Februar hatte Westerwelles Pressesprecher Andreas Peschke deutlich erklärt: »Die Bundesregierung unterstützt die Kräfte der syrischen Opposition dabei, eine gemeinsame schlagkräftige Opposition gegen das Assad-Regime aufzubauen.« Die Bundesregierung habe das »immer wieder nach Kräften unterstützt und steht mit dem Syrischen Nationalrat – das ist die prägnanteste Vertretung der syrischen Opposition – in einem engen Kontakt«. Peschke informierte auch, daß sich die Bundesregierung in dieser Angelegenheit mit ihren »Partnern in der Europäischen Union und auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika einig« sei. Danach heuchelten sie, sie würden Kofi Annans Friedensplan unterstützen. Ihre Taten belegten von Beginn an das Gegenteil. Am 4. Juni berichtete die Financial Times Deutschland über die Tätigkeit und die Ziele der Arbeitsgruppe unter deutscher Ko-Führung: »Berlin wird zum Zentrum der Planungen für den Wiederaufbau Syriens nach einem möglichen Sturz von Präsident Baschar al-Assad.« Für die »Wiederaufbau«-Arbeitsgruppe werde ein Büro in Berlin eingerichtet. Damit »versucht Deutschland, sich frühzeitig für die Zeit nach einem Ende des syrischen Regimes in Stellung zu bringen«, schrieb das Blatt. »Als Ziel gilt der Umbau des bisher von Staatsunternehmen geprägten syrischen Systems zu einer liberalen Marktwirtschaft.« Selten wurde so offen beschrieben, worum es beim Krieg gegen Syrien geht. Die Bundesregierung läßt deutsche Aasgeier kreisen und sorgt mit dafür, daß die Hyänen am Boden die Beute erlegen: »Ein beträchtlicher Teil des Waffenschmuggels an die Aufständischen in Syrien vollzieht sich unter den Augen der deutschen Marine.« Das schrieb die Journalistin Silvia Cattori auf ihrer Website www.silviacattori.net am 19. Juni. Die deutschen Schiffe kontrollieren die libanesischen Küstengewässer im Rahmen der Vereinten Nationen, »offiziell mit dem Ziel, Waffenschmuggel zu unterbinden«. Die Einheiten errichten laut Cattori zudem in Tripoli, »einem Drehkreuz auch für salafistische Kämpfer vom Hindukusch«, eine Radaranlage zur Küstenkontrolle. Aber: »Das Seegebiet, in dem die Bundesmarine zur Schmuggelverhinderung operiert und über das daher in Berlin exquisite Kenntnisse vorliegen müssen, gilt als eine der wichtigsten Nachschubrouten der bewaffneten syrischen Rebellen.« Der Hafen von Tripoli sei als Hauptumschlagplatz für Waffen bekannt, die zu einem erheblichen Teil von Saudi-Arabien, Katar und anderen arabischen Golfdiktaturen bezahlt würden. Laut Militärfachleuten seien beispielsweise Waffen aus einem Depot, das Katar bei der ostlibyschen Stadt Bengasi eingerichtet hat, via Tripoli nach Syrien transportiert worden, berichtete Cattori. Dazu passen auch die Meldungen über deutsche Waffenschmuggler, die in Syrien festgenommen worden sein sollen. Die Neue Rheinische Zeitung brachte am 18. Juni einen Bericht von Christoph R. Hörstel, demzufolge eine Gruppe Deutscher zwei Wochen zuvor von den syrischen Behörden auf frischer Tat an der syrischen Mittelmeerküste auf syrischem Boden festgenommen worden sei, »als sie nördlich des Mittelmeerhafens Tartus Waffen und Munition von einem privaten Transportschiff, das internationale Gewässer befuhr, für die Aufständischen mit Schnellbooten an Land schmuggeln wollten«. Die Deutschen seien bei einem in Stuttgart beheimateten privaten Sicherheitsunternehmen beschäftigt und noch fünf Monate zuvor in Libyen stationiert gewesen. Dazu paßt ebenso, daß am 18. Juli Bild.de meldete, daß ein deutsches Spionageschiff vor der syrischen Küste kreuze, ausgerüstet mit modernster Spionagetechnik des Bundesnachrichtendienstes (BND). »Die gewonnenen Erkenntnisse, etwa über militärische Operationen der Assad-Armee, werden an amerikanische und britische Geheimdienste weitergegeben. Von dort aus gelangen die Informationen an die syrische Befreiungsarmee ...« Es handele sich nur um ein »Aufklärungsschiff« behauptete das Bundeskriegsministerium daraufhin, während der BND die Angaben nicht dementierte. Dessen Chef hatte noch einige Tage zuvor in einem Interview erklärt, der Geheimdienst solle seine Kräfte konzentrieren und klare Schwerpunkte wie Syrien oder Afghanistan bilden. Einen Tag vor der Schiffsmeldung hatte die FAZ berichtet, die Bundesregierung gehe von einem Sturz des syrischen Präsidenten aus. »Gemeinsam mit Regimegegnern hat das Auswärtige Amt deshalb mit konkreten Planungen für die Zeit einer politischen Übergangsphase begonnen.« Wie das genau geschah, war am 25. Juli bei ZEIT online zu lesen: »Bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hat sich seit Januar eine Gruppe von bis zu 50 syrischen Oppositionellen aller Couleur geheim getroffen, um Pläne für die Zeit nach Assad zu schmieden.« Das geheime Projekt mit dem Namen »Day After« werde von der regierungsfinanzierten SWP in Partnerschaft mit dem United States Institute of Peace, einer US-Bundeseinrichtung, organisiert. »Das deutsche Außenministerium und das State Department helfen mit Geld, Visa und Logistik.« Direkte Regierungsbeteiligung gebe es nicht, hieß es bei ZEIT online, »damit die Teilnehmer nicht als Marionetten des Westens denunziert werden können«. Auch Angehörige der Freien Syrischen Armee seien dabei, ebenso Muslimbrüder. Am 28. August wurde dann in Berlin das Strategiepapier »The Day After« für die Zeit nach Assads Sturz öffentlich vorgestellt. An dem Plan war unter anderem der aus Syrien stammende Grünen-Politiker Ferhad Ahma beteiligt, der seit längerem fordert, mehr und schlagkräftigere Waffen an die »Rebellen« zu liefern. Als zuvor Ex-UN-Generalsekretär Annan seine Friedensmission in Syrien aufgab, ließ Westerwelle am 3. August mitteilen, das Auswärtige Amt habe eine ressortübergreifende »Task Force Syrien« eingerichtet. Bereits jetzt sei es »notwendig ..., gemeinsam mit unseren Partnern Planungen für den Tag nach einem Übergang voranzutreiben«. All das zeigt, daß die Bundesrepublik offiziell und inoffiziell am verdeckten Krieg in und gegen Syrien aktiv beteiligt ist, so wie sie auch schon am Krieg gegen Libyen nicht so unbeteiligt war, wie es Außenminister Westerwelle darstellte und viele glaubten. Die deutschen Aasgeier kreisen weiter.
Erschienen in Ossietzky 19/2012 |
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