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So geschah es, der Geldgeber errang mit knapper Mehrheit das begehrte Amt. Dummerweise erfuhr der Unterlegene von dem Deal, und ein erbitterter Streit begann, der letztlich die Kontrahenten vor Gericht führte. Der Richterspruch war eindeutig: Der gewählte Kleingartenchef hatte sich der aktiven Bestechung im minderschweren Fall schuldig gemacht, er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, die Wahl wurde für ungültig erklärt. Doch damit war das kleine Schmierenstück nicht beendet. Der Verteidiger des Verurteilten legte mit der dreisten Behauptung Revision ein, daß der Kauf von Stimmen, Korruption und Bestechung längst zum politischen Alltag der Bundesrepublik gehören und selbst Großspenden an Parteien straffrei gestellt sind. Der Revisionsantrag wurde abgelehnt. Zu Recht, denn zwischen verurteilungswürdiger Bestechung wie im Schrebergartenfall und legalen, vom Grundgesetz gedeckten Parteispenden bestehen fundamentale Unterschiede. Erstens: Bei Spenden für Parteien handelt es sich in der Regel um Summen, die die finanziellen Möglichkeiten zum Beispiel in einer Schrebergartenkolonie bei weitem überschreiten. Zweitens: Im Unterschied zur ordinären Bestechung wird bei freiwilligen Zuwendungen an die Parteien der Verwendungszweck in der Regel nicht genannt, den Spendern geht es nach eigenem Bekunden ausschließlich um das Gemeinwohl, um die freie finanzielle Manövrierfähigkeit ihnen genehmer Demokraten. Drittens: Ab einer bestimmten Summe, gegenwärtig beträgt sie 50.000 Euro, müssen Roß und Reiter, also Spender und Nutznießer, veröffentlicht werden, nicht in irgendeiner Gartenpostille, sondern vom Bundestagspräsidenten höchstpersönlich. Viertens: Im Unterschied zu den Bestechungen im minderschweren Fall sind Parteispenden ein wunderbares Politbarometer, auf dem mit beeindruckender Präzision abzulesen ist, welche Parteien die Zuneigung und Liebe der kapitalkräftigen Spender genießen. Besonders deutlich wird das in den Jahren, in denen die Parteien um die Stimmen der Bundesbürger kämpfen. 2009, im Jahr der letzten Bundestagswahl, kassierten CDU und CSU rund 20 Millionen Euro, die FDP fast sechs Millionen und die SPD über vier Millionen Euro. An die Grünen flossen von Unternehmen und Verbänden Großspenden von rund einer Million Euro. Lediglich die Linke ging bei diesen Geldgebern leer aus. Alles geht korrekt zu. Spenden bis zur Höhe von 49.999 Euro interessieren sowieso keinen; ob sich Förderer die Mühe machen, höhere Spenden zu stückeln, weiß man nicht. Außerdem erfreut sich das Parteiensponsoring wachsender Beliebtheit; es ist höchst einträglich und zudem völlig legal. Es genügt schon, auf Parteitagen und anderen Veranstaltungen Großunternehmen von der Kosmetik- bis zur Rüstungsindustrie Möglichkeiten zur Werbung und Vorstellung ihrer Produkte zu bieten, dafür extraordinäre »Gebühren«, teilweise weit über 50.000 Euro, zu erhalten, und schon klingelt der Zaster in den Parteikassen. In den Rechenschaftsberichten tauchen diese Gelder in der Rubrik »Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit« unter, und nur wer Arges denkt, wird dahinter verdeckte Parteispenden erkennen. Höchst selten werden Fälle bekannt, in denen die gesetzlichen Grundlagen verletzt werden – leichtfertig als Parteispendenskandale bezeichnet. Weil das so selten geschieht, sind sie recht gut in Erinnerung: zum Beispiel die Flick-Affäre in den 1980er Jahren. Horrende Summen flossen heimlich, still und leise an Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien, darunter an den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß, an den CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl sowie an die FDP-Granden Otto Graf Lambsdorff und Walter Scheel. Erst 1999 wurde die illegale Spendenpraxis der CDU aufgedeckt, deren großzügige Geldgeber Ex-Kanzler Kohl bis zum heutigen Tag verschweigt. Verwirrend bleiben die Geschichten um den 100.000-DM-Koffer für unseren derzeitigen Finanzminister Schäuble, um die angeblich anonymen Spenden aus jüdischen Vermächtnissen für Manfred Kanthers Hessen-CDU und um die geheimnisvolle Spendenflut des Müllverbrennungsgangsters Trieneken für die SPD. Lärm und Getöse um diese Ausnahme-Affären zeigen eigentlich nur, wie festgefügt und grundsolide das Gebäude unseres demokratischen Rechtsstaates ist. Nur selten geschieht es, daß die honorigen Spender sofortige Gegenleistungen erwarten. So hat der Tunnelbauunternehmer Martin Herrenknecht der SPD in Baden-Württemberg im Jahre 2009 angenehme 30.000 Euro zukommen lassen, wofür diese dem Großbohrmaschinenhersteller mit der Bekräftigung ihres Pro-Stuttgart-21-Kurses dankte. Nur die FDP erwies sich bekanntlich als noch dankbarer. Kaum in der Regierung, sorgte sie dafür, daß die Millionenspende des Milliardärs August Baron von Finck, Haupteigentümer der »Mövenpick«-Hotels, mit einer Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen entgolten wurde. Aber wie gesagt, das sind Ausnahmen, ansonsten läuft alles wie geschmiert. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Antikorruptionsbeauftragten des Europarates die Parteispendenpraxis in der Bundesrepublik scharf kritisierten. Diese Anwürfe blieben wirkungslos, es wäre ja noch schöner, wenn sich das deutsche Land, das stets Treu und Redlichkeit übt und sich neuerdings immer energischer als voranreitender Demokratie-Lehrmeister – unter anderem gegenüber Libyen, Syrien, Weißrußland, Rußland, China und der Ukraine – bewährt, von so einer lächerlichen Institution wie dem Europarat Vorschriften machen ließe. Deshalb ist es umso unverständlicher, daß ausgerechnet die Linke im Bundestag fordert, Spenden von Unternehmen an Parteien zu verbieten. Schlimmer noch: Ihr Abgeordneter Wolfgang Neškovic, vormals Richter am Bundesgerichtshof, behauptet gar, daß »die Millionenspenden den Eindruck« erwecken, »Parteien seien käuflich«. Nein, Herr Neškovic, das geht zu weit! Weiß er denn nicht, daß unsere Bundeskanzlerin auf ihren Auslandstouren wie auch beim Tête-à-tête im Kanzleramt keine Gelegenheit verstreichen läßt, die osteuropäischen Staaten sowie die sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer in Asien und Afrika zum entschiedenen Kampf gegen die Korruption aufzurufen? Ist ihm etwa entgangen, daß die Bundesrepublik im Korruptionsbericht von Transparency International auf einem stolzen Platz 14 rangiert und lediglich die Abgeordnetenbestechung als das Hauptproblem in Deutschland bezeichnet wird? Glaubt er etwa dem Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der gar meint: »Die Bundesrepublik ist mittlerweile ein von Korruption verseuchtes Land«? Alles was recht ist, diese Einschätzungen und die Praxis der Parteiengroßspenden beweisen doch lediglich, daß die Bundesrepublik in Sachen Bestechung und Korruption über einen reichen Erfahrungsschatz verfügt. Der gestrauchelte Chef des Schrebergartenvereins »Zur klaren Quelle« hätte daraus nur ein wenig geschickter schöpfen sollen, dann wäre er nicht so auf die Nase gefallen. Schließlich sind vor dem Gesetz alle gleich, und für alle gilt: Pecunia non olet!
Erschienen in Ossietzky 10/2012 |
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