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Diese Behauptung ist durch die Geschichte der Bundesrepublik nicht gedeckt. Besonders absurd wird es, wenn die DKP als Beweis herhalten soll. Ganz im Gegenteil ist das ganze Umfeld des KPD-Verbotes ein Paradebeispiel dafür, wie der Staat, wenn er nur fest entschlossen ist, ein ganzes politisches Milieu in die Bedeutungslosigkeit entlassen kann. Für Linke aller Art, denen in ihrer Geschichte selbst ein Hang zu Verboten nicht nur nachgesagt wird, ist es womöglich schwieriger, offensiv zu argumentieren. Doch es lohnt sich, wenn hier auch sehr verknappt, zu erinnern: Obwohl Tausende Kommunisten unter den Nazis ihr Leben verloren, hatte die KPD nach 1945 in den Westzonen noch über 200.000 Mitglieder. Doch während Art. 131 des Grundgesetzes den Nazi-Eliten Übernahme und Versorgung zusicherte, hatten es die zum Teil aus der Emigration oder dem Untergrund kommenden Antifaschisten von Anfang an schwer, angestellt zu werden. Im Kalten Krieg schlug ihnen eine Welle des Mißtrauenens entgegen. Schon im September 1950 faßte die Bundesregierung den Beschluß, Kommunisten aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Die Mitgliedschaft in einer kommunistischen Partei war (und ist) ein hinreichender Grund, um von Entschädigung für in der Nazizeit erlittenes Unrecht ausgeschlossen zu sein. Jahre vor dem KPD-Verbot, für das höhere juristische Hürden zu nehmen waren, wurden ganz im Sinne McCarthys alle Vereinigungen kriminalisiert, denen unterstellt wurde, kommunistische Tarnorganisationen zu sein. Ob Friedenskomitee oder Hauptausschuß für Volksbefragung, ob Kulturbund, Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes oder gesamtdeutscher Arbeitskreis für Landwirtschaft – Aktivitäten in diesen Vereinen führten zu Tausenden Ermittlungsverfahren, die wiederum von den meisten Arbeitsgerichten als Kündigungsgrund akzeptiert wurden, was oft mit Zwangsräumungen von Werkswohnungen endete. Demonstrationen und Massenversammlungen wurden Kommunisten verboten und bei Zuwiderhandlung gewaltsam von der Polizei aufgelöst. 1952 wurde die Geschäftsordnung des Bundestages so geändert, daß die KPD ihren Fraktionsstatus und damit das Recht auf Anträge und Anfragen verlor. Es waren nicht nur das abschreckende Beispiel der DDR und eigene stalinistische Verirrungen, sondern auch massive politische und soziale Diskriminierung, die dazu führten, daß die KPD 1956, im Jahr ihres Verbotes, nur noch 85.000 Mitglieder hatte. (Heute reden wir über das Verbot einer Partei mit weniger als 7.000 Mitgliedern.) Paragraph 90a des Strafgesetzbuches stellte die Gründung von Ersatzorganisationen für die KPD unter Strafe. Das führte in den kommenden Jahren zu einer neuen Welle von über hunderttausend Ermittlungsverfahren wegen tatsächlicher oder angeblicher illegaler Tätigkeit. Ohne Beweis einer Straftat wurden oft von zugelassenen Geheimzeugen Vorbereitungshandlungen zum möglichen Hoch- oder Landesverrat oder zu Staatsgefährdung konstruiert. Die politische Strafjustiz brachte es bis 1968 zu über 10.000 Haftstrafen, zur zeitweiligen Aberkennung von staatsbürgerlichen Rechten wie dem passiven und aktiven Wahlrecht, zu Paß- und Führerscheinentzug, zu Polizeiaufsicht und Berufsverboten unter anderen für Journalisten – und für die Verurteilten zur jahrelangen Abzahlung der auferlegten Gerichtskosten. Erst nach zwölf Jahren, als man ziemlich sicher sein konnte, so tief in die Existenzgrundlagen von Kommunisten eingegriffen zu haben, daß Sympathisanten eingeschüchtert und einstige Strukturen aufgegeben waren, wurde die Gründung der DKP zugelassen. Das war auch Ausdruck der neuen Ostpolitik. Die Annäherung wandelte zunächst auch die Haltung zu einer kommunistischen Partei im eigenen Land. Doch diese zerfiel in Dutzende K-Gruppen, die wiederum durch den Radikalenerlaß in massive Repressionen gerieten. Sie alle haben sich von dem pathologischen Antikommunismus der Bundesrepublik, wie Günter Gaus es nannte, nie mehr erholt. Die Stigmatisierung war nachhaltig, die wenigen Mitglieder der DKP mußten, im Gegensatz zu vielen Kommunisten in Westeuropa, auch schon vor 1989 als politische Größe nicht mehr ernst genommen werden. Zu diesen Mitteln der politischen Repression will niemand zurück. Auch wenn der Staat damals trickreich bewiesen hat, daß die Ergänzung eines Verbotes durch die Ausdehnung des Strafrechtes auf die soziale Existenz, auf die Dauer jede noch so starke und untergrunderprobte Vereinigung atomisiert. Das Bundesverfassungsgericht hat diesmal streng rechtsstaatliche Ansprüche im Umgang mit Verfechtern von Gewalt und Rassismus angemahnt, die durchaus erfüllbar sind. Es kann nicht sein, daß das Haupthindernis beim Schutz der Verfassung der Verfassungsschutz ist. Zusätzlich haben Gutachten längst Wege aufgezeigt, wie dem Rechtsextremismus die staatliche Finanzierung entzogen werden kann. Es war bisher von der Politik nur nicht gewollt, sie auch umzusetzen. Daß ein Verbot die Fragen nach den Gründen, weshalb rassistische Vorurteile einen großen Resonanzboden in der Mitte der Gesellschaft, ja in der Mitte des Staates haben, noch dringlicher machen, ist die eigentliche Herausforderung. Was können wir darüber wissen? Was müssen wir deshalb tun? Welche Gesellschaft wollen wir, auf die zu hoffen lohnt?
Erschienen in Ossietzky 24/2011 |
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