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Eine auswegige Erklärung bot die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an: Die »Technik« habe »die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht eingehalten«. Da kann man dann nichts machen – woher soll denn auch so ein seelenloser Apparat das Gefühl für Mahnungen aus Karlsruhe haben. Marja Winken Leere Drohung»Das werden die Grünen der SPD nicht vergessen«, schimpfte Renate Künast, nachdem Klaus Wowereit die Koalitionsverhandlungen mit ihrer Partei abgebrochen hatte. Gemeint war: Nicht vergeben. Aber wie will die grüne Spitzenfrau diese Drohung wahrmachen? Und wieso empört sie sich? Renate Künast hatte doch selbst mit dem Gedanken an ein Regierungsbündnis mit den Christdemokraten gespielt; warum will sie der SPD eine Liaison mit der CDU als Sündenfall anrechnen? Die grüne Partei hat einen klaren Geschäftszweck: Sie will Regierungsämter besetzen. Ebenso ist es bei den Sozialdemokraten und den Christdemokraten. Also herrscht freie Partnerwahl, auch das Recht auf Partnerwechsel. Unüberwindliche Abneigung wäre abwegig zwischen Parteien, die im wichtigsten politischen Grundmuster übereinstimmen: Pazifismus ist Spinnerei, aber eine Kampfansage an das große Geld wäre Extremismus. Arno Klönne TerrorismusDie Hinrichtung zweier US-Staatsbürger durch Drohnen, ohne Prozeß, ohne Gerichtsurteil, im Jemen von der CIA erledigt – kurzzeitig weckte diese Maßnahme eines Friedensnobelpreisträgers ein bißchen Aufmerksamkeit in den Medien, war aber rasch als »Normalität« abgehakt. Im robusten Umgang mit zu Feinden der USA erklärten Angehörigen anderer Nationen, auch solchen, denen ein Krieg nicht erklärt wurde, ist die ferngesteuerte Exekution längst alltäglich. Zuständig für diese Art von gezielten Tötungen sind gleich drei Dienststellen in Washington: der Nationale Sicherheitsrat, die CIA und ein Spezialkommando im Pentagon; die Befehlsgewalt liegt beim US-Präsidenten. Für den technischen Betrieb der Hinrichtungsmaschinerie werden private Rüstungsunternehmen zur Hilfe genommen. Drohneneinsatz ist ein Renner im Geschäft mit Gewalt: Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung ist der US-Etat für diese innovative Waffe von 350 Millionen Dollar im Jahre 2001 auf gegenwärtig mehr als 4,1 Milliarden Dollar ausgeweitet worden. Angesichts eines solchen wirtschaftlichen Erfolgs fragt niemand mehr nach der Verträglichkeit der Dronen-Todeslisten mit rechtsstaatlichen oder völkerrechtlichen Regeln. Peter Söhren D-MutDie Holländer haben ihre Truppen aus Afghanistan bereits abgezogen. Nach einer Meldung der Leipziger Volkszeitung vom 23. September »beginnt [Frankreich] mit dem Truppenabzug aus Afghanistan. Ende Oktober wird eine erste Kompanie mit rund zweihundert Soldaten das Land verlassen haben«. Bundesverteidigungsminister de Maiziére sagte dagegen bei einem »Blitzbesuch«: »Alles hängt jetzt zunächst davon ab, was die Amerikaner entscheiden.« Dazu paßt, was der ehemalige Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski in seinem Buch »Die einzige Weltmacht« geschrieben hat: »Tatsache ist schlicht und einfach, daß Westeuropa und zunehmend auch Mitteleuropa weitgehend ein amerikanisches Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige erinnern.« Der Eindruck drängt sich auf, daß der Amerikaner das nicht mehr uneingeschränkt von allen Staaten Europas behaupten kann. Günter Krone FlachmacherpresseEuropas größter Zeitungskonzern macht Deutschlands drittgrößtem Unternehmen in dieser Branche ein freundlich klingendes Angebot: Für 1,4 Milliarden Euro sei die Axel-Springer AG bereit, die gesamte WAZ-Gruppe zu übernehmen. Experten meinen, daß könne nicht ernst gemeint sein, schon wegen des Kartellrechts. Es handele sich eher um ein Störmanöver bei der anstehenden Neuordnung der Besitzverhältnisse innerhalb der WAZ-Familien, schließlich sind Springer und der WAZ-Konzern Konkurrenten. Aber vielleicht richtet sich Springers Begehrlichkeit auf einzelne WAZ-Objekte, vor allem auf Beteiligungen an Tageblättern, in Österreich, in Osteuropa und auf dem Balkan. Und an Rhein und Ruhr könnten beide Konzerne arbeitsteilig den Markt beherrschen. Zum Mitleid mit dem WAZ-Konzern gibt es keinen Grund. Der hat sich einst als Flachmacher der Zeitungslandschaft im Rheinland und in Westfalen betätigt. Große verdrängen die Kleineren, dann Ganzgroße die Großen – das Medienkapital leidet nicht unter sentimentalen Gefühlen für eine demokratieförderliche Pressevielfalt. Carla Tölle Hausaufgaben in HellasSolidarität, sprach die deutsche Bundeskanzlerin auf dem CSU-Parteitag, sei die eine Seite der Medaille; die andere: Hausaufgaben erledigen! Dabei hatte sie das Land der Griechen im Blick. Als pädagogischen Helfer sandte sie ihren Wirtschaftsminister nach Athen, der eigentlich genug damit zu tun hat, seine Parteifreunde ruhigzustellen. Philipp Rösler ermahnte die griechische Regierung zahlungsmoralisch: Für Lieferungen deutscher Unternehmen an den griechischen Staat seien noch Rechnungen offen. Um welche Waren es sich dabei handelt, wurde nicht mitgeteilt; möglicherweise sind Panzer und U-Boote noch nicht voll bezahlt, die deutsche Rüstungsfirmen ganz solidarisch nach Griechenland exportiert haben. Rösler entwarf aber auch hoffnungsvolle Aussichten für die Hellenen: Bei mehr Hausaufgabeneifer werde die deutsche Wirtschaft gewiß bereit sein, in Griechenland weiter zu investieren, zwölf Prozent des dortigen Bruttoinlandsprodukts seien ja erfreulicherweise schon in deutschunternehmerischer Hand. Begleitend zum Rösler-Besuch informierte der e.on-Konzern darüber, daß er zusammen mit Partnerfirmen eine Gaspipeline durch Griechenland bauen will, um Energie aus dem Kaspischen Raum in europäische Länder zu bringen. Auch das ist ein Akt der Solidarität: Griechische Bauarbeiter können so Hausaufgaben erledigen, um den Gasverkauf und den Gewinn kümmern sich dann Firmen in Deutschland. Und der griechische Staat, das kann man ja wohl von ihm erwarten, hat dafür zu sorgen, daß die Pipeline für das wertvolle Energiegut keinen Rost ansetzt. Ausländische Konzerne, die in Griechenland Hilfsarbeiter anheuern, werden sich über die Kosten dafür nicht beklagen müssen: Die von Europäischer Zentralbank, Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds bestallten Sparkommissare haben verlangt, daß die griechische Regierung die Tarifautonomie aufhebt und die Bestimmungen über Mindestlöhne streicht, das Lohnniveau soll gesenkt werden. Arno Klönne Walter Kaufmanns LektüreUndercover-Journalismus ist keine Erfindung Günter Wallraffs, obschon der es darin zur Meisterschaft brachte und Zustände enthüllte, die zum Himmel schrien. Mehr als ein Jahrhundert zuvor war das schon der jungen Amerikanerin Nellie Bly gelungen, die im Auftrag der Pulitzer-Tageszeitung New York World Wahnsinn vortäuschte, um die Greuel in einem Irrenhaus auf Blackwells Island enthüllen zu können. Mit ihren Schilderungen erwirkte sie, daß eine Million staatlicher Gelder zusätzlich für Reformen frei gemacht wurde: eine journalistische Großtat! Ursprünglich hatte sie geplant, mit einem Ozeandampfer in der dritten Klasse von Europa nach Amerika zu reisen, um über das Schicksal mittelloser Einwanderer zu schreiben. Stattdessen mutete ihr der Chefredakteur Joseph Pulitzer zu, ins »Irrenhaus« vorzudringen. Nellie Blys Reportage »Zehn Tage im Irrenhaus« erschien in zwei aufeinander folgenden Sonntagsbeilagen der Zeitung und brachte ihr den großen Durchbruch. Das damals gedruckte Buch, nun erstmalig in deutscher Sprache herausgebracht, machte sie quer durch die Vereinigten Staaten berühmt. Hier wird nun wieder einmal gezeigt, was gekonnter Undercover-Journalismus auszurichten vermag. So sei denn die Amerikanerin, die sich Nellie Bly nannte und zehn Tage alle Anomalitäten einer Anstalt für geistig Behinderte über sich ergehen ließ, in einem Atemzug mit Günter Wallraff genannt, der als türkischer Gastarbeiter Ali »Ganz Unten« schuftete. Nellie Blys überzeugend geschriebenen Enthüllungen gehen unter die Haut. W. K. Nellie Bly: »Zehn Tage im Irrenhaus – Undercover in der Psychiatrie«, Aviva Verlag, 192 S., 18,50 € Antifa-KrimiAnfangs ist es für den kreuzbraven übergewichtigen Hauptkommissar Beckmann nur ein Routinefall: Ein Journalist wurde erdrosselt auf dem Gelände eines Golfplatzes gefunden. Das Motiv scheint klar zu sein, nur den Täter kennt man nicht. Dann wird eine zweite Leiche gefunden. War oder ist Erpressung im Spiel? Ein junger Aktivist, der eine Protestdemonstration gegen das Schulungszentrum einer rechtsradikalen Organisation vorbereitet, verschwindet spurlos. Erst am Ende des Buches passen alle Puzzleteile des verwirrenden Falls zusammen und belegen eine ganze Kette von Verbrechen, die zu einem Massenmord im Jahre 1945 zurückreicht. Die Massaker an KZ-Insassen in den letzten Kriegstagen wurden von der historischen Forschung bisher stiefmütterlich behandelt. Es ist wenig bekannt, daß sich an den Morden nicht nur die SS-Wachmannschaften, sondern auch Zivilisten, Wehrmachtssoldaten, Polizisten, Volkssturmmänner und Hitlerjungen beteiligten. Die meisten Täter wurden nie belangt; eine Mauer des Schweigens schützte sie. Cornelia Kuhnert hat diese Mauer durchbrochen und zu den Ereignissen vom 8. April 1945 in der niedersächsischen Stadt Celle umfänglich recherchiert: Nach dem alliierten Luftangriff auf einen KZ-Transport wurden Hunderte flüchtender Häftlinge brutal ermordet. Wie die Autorin im Nachwort schreibt, haben mehrere von ihr detailliert geschilderte Ereignisse sich tatsächlich genau so zugetragen. Verdienstvoll ist es auch, daß sie im Verlauf der äußerst spannenden Handlung nicht nur dieses finstere Kapitel Celler Lokalgeschichte aufgräbt, sondern auch die Traditionslinie von alten bis zu heutigen Nazis sichtbar macht. Sehr zu empfehlen, nicht nur für Krimi-Fans. Gerd Bedszent Cornelia Kuhnert: »Tödliche Offenbarung«, zu Klampen Verlag, 426 Seiten, 14,80 € Gedenken an Rosel ZechRosel – ich zitiere den großen und kranken Schiller, der sterbend sagte: »Der Körper ist der Attentäter des Geistes.«. Seine Vorstellung von Tod: die Spaltung von Körper und Geist. Der schon gestörte Friedrich Hölderlin, wohl meist abgewandt von Freunden und Betreuern, hörte dann und wann den Namen Schiller. Ihm entfuhr sofort »mein geliebter Schiller«. Ich denke und sage es laut: unsere geliebte Rosel. Rosel – Du durchlebtest die Zeit, die auf Erden Dir gegeben war, groß, dann jedoch schmerzlich wie Schiller. Elendsjahre nahmst Du mit großer Kraft, den baldigen Tod vor Augen. Wir selbst sind eigene Scharfrichter in dieser Menschenwelt, und wir finden uns ab. Das tatest Du nie. Menschen sind Besatzer. Geheimdienste, der unsägliche Krebs, Krankenhausvirus – ich habe das alles miterlebt. Krieg, hemmungslose Folter. Wir müssen stets mit diesen Todbringern rechnen, denn sie liegen auf der Lauer. Aber: Ohne Liebe kein Leben, sagte jüngst ein wunderbarer Astrophysiker aus München über das All. Er hat recht. Rosel – Partnerin! Deine große Klarheit, Poesie, Weitsichtigkeit, Schönheit zum Träumen. Faßbinder brachte uns zusammen. Unsere Arbeit wurde zu einer Liebe. Egmont vor seiner Hinrichtung: »Eines jeden Tages habe ich mich gefreut, an jedem Tage mit rascher Wirkung meine Pflicht getan, wie mein Gewissen sie mir zeigte. Nun endigt sich das Leben wie es sich früher, früher schon auf dem Sande von Gravelingen hätte endigen können ... Es glaubt der Mensch, sein Leben zu leiten, sich selbst zu führen, und das Innerste wird unwiderstehlich nach seinem Schicksale gezogen ... Süßer Schlaf, Du kommst wie ein reines Glück, ungebeten, unerfleht am willigsten. Du lösest die Knoten der strengen Gedanken, vermischest alle Bilder der Freude und des Schmerzes. Ungehindert fließt der Kreis innerer Harmonien, und eingehüllt im gefälligen Wahnsinn versinken wir und hören auf zu sein.« Adios, Rosel. Hilmar Thate> Alt und wieder verliebtzeigen sich Ralph und Carol in einem Vier-Personen-Theaterstück von Joe DiPietro (deutsch von Nick Walsh), welches der Presse freundlicherweise erläutert wurde: »Die Liebe kennt kein Alter. Der Witwer Ralph lernt im Park Carol kennen und findet sie einfach hinreißend.« Auf der Bühne des Renaisance-Theaters (Ausstattung: Rolf Langenfass) lernt er sie nicht im Park kennen, sondern auf der unbequemen Rampe. »Trotz Ralphs direkter, etwas mürrischer Art zeigt sich auch Carol sehr interessiert. Bald schon lernt man sich näher kennen ... Eine Liebesgeschichte, die ganz schlicht, ganz ehrlich, ganz wundervoll ist.« So mag sie einem Publikum erscheinen, das ebenfalls ganz schlicht, ganz ehrlich und ganz wundervoll ist. Und dem Autor, von dem man erfuhr: »Joe DiPietro ist ein US-amerikanischer Bühnenautor, der vor allem in den Bereichen Off-Broadway und Musical tätig ist. Er schrieb unter anderem das Off-Broadway-Stück ›Over the River and through the Woods‹, das in über hundert Produktionen gespielt wurde.« »Ralph und Carol – noch einmal verliebt« ist eine Produktion des Theaters in der Josefstadt, Wien, in Zusammenarbeit mit dem Renaissance-Theater Berlin. Regisseur Dieter Berner, der Filmregie an verschiedenen Akademien lehrt (von 2004 bis 2009 Professor an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg), verwandelte DiPietros wortreiche Vorlage in eine zweistündige, ebenso spaßige wie nachdenkliche Theater-Miniatur. Berner verfügte glücklicherweise über vorzügliche Helfer: den bewährten (Opernregisseur und) Charakterkomiker Otto Schenk als Ralph Bellini (ein Akteur, der auch mit leisen Tönen und sogar schweigend tief beeindrucken kann) und seine fabelhaften Partnerinnen Christine Ostermayer (Carol) und Ingrid Burghard (Ralphs Schwester). »... Ein junger Tenor ... schafft es, aus diesem ... Theaterabend noch eine kleine musikalische Sternstunde zu machen.« Da hatte uns die Direktion nicht zuviel versprochen: Der junge Tenor heißt Thomas Weinhappel, die musikalische Leiterin Anna Sushon. Beiden applaudiert ganz besonders Lothar Kusche Hinter der MauerEin Dokumentarfilm eines New Yorker Regisseurs über die Mauer? Ich gebe zu, daß ich mit großen Zweifeln ins Max-Lingner-Haus in Berlin-Niederschönhausen gegangen bin, auch weil ich im Vorjahr einen Film zum selben Thema von der britischen BBC gesehen hatte, wo mich allein die Anwesenheit des darin interviewten Ginger Fleischhacker zu quälendem Ausharren veranlaßte, denn in dem Film war kein Klischee ausgelassen und der arme Ginger lediglich als Alibi mißbraucht worden. Der Film »Behind the Wall« ist für ein nordamerikanisches Publikum gedreht, das in seiner überwiegenden Mehrheit noch immer glaubt, daß die Mauer fiel, weil Präsident Reagan im Juli 1987 von Westberlin aus gefordert hatte: »Tear down the wall, Mr. Gorbatchov!« Der neunzigminütige Film räumt mit dieser Legende auf. In einer wunderbaren Kombination von laufenden Bildern und Zeitzeugeninterviews zeigt er das Leben hinter der Mauer; Zeitzeugen der verschiedensten Art: Grenzsoldaten und Republikflüchtige, Häftlinge und Angehörige der Staatssicherheit, Lehrerinnen und Ingenieure, Arbeiter und Künstlerinnen und so weiter. Für diejenigen, die die Zeit in Berlin mit einem wachen Auge erlebt haben, gewiß nichts Sensationelles, aber mit einem nahezu unglaublichen Einfühlungsvermögen gedreht, als hätte der Regisseur Jahre in Berlin zugebracht. Ganz erstaunlich allerdings, um nicht zu sagen sensationell, das Eingeständnis von Hans Modrow, sie – er nannte Krenz, Schabowski und sich selbst – hätten sich in den Stunden und Tagen vor dem Mauerfall wie naive Kinder verhalten. Der Film war leider schlecht besucht, wohl weil die im Umkreis Wohnenden den üblichen Quark erwarteten und von den in nahezu jeder Hinsicht unsäglichen Mauerdebatten für dies Jahr die Nase voll hatten. Das ist schade, denn der Film verdient, auch in Deutschland von einem breiten Publikum gesehen zu werden. Mir als Nichtkinogänger sagte der Name des Regisseurs, Michael Patrick Kelly, gar nichts. Andere werden wissen, daß er den Antikriegsfilm »Operation Lysistrata« gedreht hat; der zeigt szenische Lesungen von Aristophanes' »Lysistrata« durch mehr als tausend Theatergruppen in fast sechzig Ländern als Antwort auf den »Präventivschlag« der USA gegen den Irak und die nachfolgende Okkupation. Sicherlich ebenfalls sehr sehenswert. Thomas Kuczynski Herzog, Graf und dergleichenDie Zeitung ist die Konserve der Zeit, heißt es bei Karl Kraus. Auf der Suche nach einem Text von Wieland Herzfelde, der im September 1928 in der Frankfurter Zeitung erschienen sein soll, finde ich auf der zweiten Seite der Ausgabe vom 19. des Monats einen »Runderlaß des preußischen Staatsministeriums vom 5. September 1928 an sämtliche Staatsbehörden«, der es aus gegebenen Anlässen wert ist, aus der Konserve hervorgeholt zu werden. Er lautet: »Nach Art. 109 der Reichsverfassung gelten Adelsbezeichnungen nur als Teil des Namens. Es ist daher unzulässig, den Vornamen zwischen den bisherigen Adelbezeichnungen und dem übrigen Teil des Familiennamens einzuschieben. Also richtig: ›Wilhelm Prinz von Preußen‹; nicht aber ›Prinz Wilhelm von Preußen‹. Auch ist es selbstverständlich unzulässig, von ›dem Herzog‹, ›dem Grafen‹ und dergleichen zu sprechen und den Namensbestandteil ›von‹ in der früher vielfach üblichen Schriftform ›v.‹ abzukürzen.« Angesichts des nicht nur im Boulevard, sondern auch im vorgeblich seriösen Journalismus immer öfter auferstehenden deutschen Adels erscheint es mir angebracht, diesen Runderlaß als gut sichtbares Plakat in den Redaktionen aufzuhängen. Denn nach Artikel 123 des Grundgesetzes gilt der Artikel 109 der Weimarer Verfassung auch heute noch. Edmund Schulz Herbst-PressionenDer Herbst tropft aus den Bäumen, Ein Wind pfeift über Flächen, Das Restaurant im Zentrum Maik Krauses Autofirma Am Platz des Völkerfriedens Durch die bejahrten Glieder Der Herbst tropft aus den Bäumen, Wolfgang Helfritsch
Erschienen in Ossietzky 21/2011 |
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