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Hermann Gröhe, CDU-Generalsekretär. – Zum zehnten Jahrestag von »9/11« haben Sie im Namen Ihrer Partei den USA Ihr Mitgefühl ausgedrückt und versichert, die Bundesrepublik trauere gemeinsam mit den amerikanischen Freunden »noch immer um die Opfer«. Und so weiter, wie man das eben formuliert, wenn man in einem Krieg »stolze Trauer« bekundet. Aber dann Ihr Schlußsatz: »Die FDP muß sich ... bei der Vorratsdatenspeicherung endlich bewegen.« Eine Forderung an die Washingtoner Adresse? Aus bodenständig niederrheinischer Erfahrung müßten Sie doch wissen: Bei Trauerfeiern spricht man übers Tagesgeschäft nur hinter vorgehaltener Hand. Karl-Theodor zu Guttenberg, Herzensdeutscher. – An der US-amerikanischen Ostküste haben Sie sich, wie wir der Tagespresse entnehmen, ein Drei-Millionen-Euro-Anwesen als Domizil angeschafft, in der Nähe von Hedgefond- und Investment-Firmen. »Der Mensch braucht ein Wertefundament«, ist eine Ihrer Lebensweisheiten. Auch in Ihrer neuen Umgebung werden Sie dieses Prinzip gewiß praktizieren können. Sind Sie unserem Land nun verlorengegangen? Nein, sagt Ihre Gattin Stephanie, »wir bleiben Deutsche, mit ganzem Herzen, und wir kommen zurück«. Lassen Sie sich Zeit – das Amt des Bundesfinanzministers ist vorerst besetzt. Rainer Brüderle, Nothelfer der FDP. – Damit die Medien flotte Sprüche Ihrer Partei nicht vermissen, legen Sie sich jetzt ins Zeug, zum Beispiel beim Thema Griechenland und Währungsunion: »Wer die Spielregeln nicht einhält, wird vom Platz gestellt.« Jetzt dürfen Fußballfreunde nachdenken: Welche beiden Mannschaften tummeln sich denn da im Feld der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik, wer hat die Regeln aufgestellt, wer macht den Schiedsrichter? Bei solch einem Spiel geht es ja auch um Gewinner und Verlierer – da kommen wir nun mit der Aufteilung in Nationalmannschaften nicht mehr zurecht. Bei dem Europamarktspiel gibt es offenbar deutsche und (ein paar) griechische Gewinner, aber auch griechische (viele) und deutsche Verlierer. Verdrehte Fußballwelt! Lassen Sie die sportlichen Sprachbilder besser beiseite, sagen Sie einfach: Neugriechische Dekadenz muß bestraft werden. Frank-Walter Steinmeier, Ex-Kanzleramtschef. – Wie kam es dazu, daß im Herbst 2001 der damalige deutsche Bundeskanzler der US-Regierung »uneingeschränkte Solidarität« versprach und die Bundesrepublik sich sodann am Afghanistankrieg beteiligte? Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung haben Sie es jetzt erklärt; Sie waren ja zu jener Zeit Gerhard Schröders engster Zuarbeiter. Die deutsche Regierung, versichern Sie, habe sich mit ihrem Militäreinsatz »Amerika nicht aufgedrängt«, aber sie sei auch nicht von der US-Regierung dazu genötigt worden. »Wir mußten handeln, auch aus Solidarität im Bündnis, aber vor allem, weil wir uns selbst schützen mußten ... Lager in Afghanistan, in denen immer neue Generationen von Terroristen zum Kampf gegen den Westen ausgebildet wurden, waren nicht nur eine amerikanische, englische oder kanadische Angelegenheit, sondern auch unsere.« Und woher nahm Ihr Kanzleramt die Informationen über die Weltlage? »Über Nacht«, erzählen Sie in der FAS, hatten die »Sicherheitsbehörden« (Sie waren der Koordinator für die Geheimdienste) »zusammengetragen, was an Informationen zu kriegen war«. Offensichtlich reichten die Nachtstunden oder die Archive des BND nicht aus, um sich über Tatbestände zu informieren, die keinen Geheimnischarakter hatten: daß die Regierung der USA seit Jahren mit den »Terroristen« und ihren »Lagern« verbandelt war; daß auf diese Weise die UdSSR in die »afghanische Falle« gelockt worden war; daß die führenden Berater des Weißen Hauses schon längst einen militärischen Zugriff auf das afghanische Terrain empfohlen hatten – alles im Zuge des »Großen Spiels« um die Herrschaft über Zentralasien und den Nahen Osten. Sie hätten es wissen können, schon vor dem 11.9.2001, wenn US-amerikanische Veröffentlichungen Ihnen der Lektüre wert gewesen wären. Möglicherweise wären Sie dann sogar auf den heiklen Gedanken gekommen, daß »Solidarität« mit dem Bush-Weltkrieg »gegen das Böse« etwas anderes bedeutete als Solidarität mit dem US-amerikanischen Volk. Oder auch auf die Idee, daß »Kreuzzüge« Förderprogramme für Terrorismus sind. Und Sie brachten es zum Außenminister und wollen womöglich wieder Außenminister werden! Angela Merkel, ans Alter denkend. – Die von Ihnen geführte Partei muss dringend um Vertrauen werben und so ließen Sie Ihren Regierungssprecher erklären »Pläne zur Einführung der Rente mit 69 Jahren« bestünden nicht. Mag sein, und warum auch – mit Ihrer Politik, parteiübergreifend, sorgen Sie ja dafür, dass es nicht mehr wichtig ist, ab wann Renten gezahlt werden; leben können die meisten RentnerInnen davon sowieso nicht. Und um die Altersarmen soll sich dann Ihr Nachfolger kümmern; Ihre Rente reicht. Die von Gerhard Schröder auch.
Erschienen in Ossietzky 19/2011 |
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