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Weiter liest man in der Empfehlung: »... ein Egoshooter ist eben keine Familienunterhaltung, hier geht es um die Darstellung von Mord und Totschlag, darin bestand auch immer schon die Kernkompetenz der Killzone-Reihe. Im dritten Teil bieten die Schauplätze des Schlachtgetümmels mehr Abwechslung als sonst, sind also noch hübscher. Tod und Verderben gibt es jetzt nicht nur in den Trümmern einer zerschossenen Aliengroßstadt, sondern auch in einer Eiswüste und einem Dschungel. Auch dort: Mündungsfeuer aus allen Rohren, Explosionen, Chaos, durchbrechende Panzerfahrzeuge, die unter Einschlägen zucken und dann selbst Zerstörung säen. Das klingt schön poetisch, und es spielt sich auch wie ein Albtraum von Ernst Jünger in High Definition.« Das sei »vor allem ein Kollateralschaden. Den können wir übrigens auch per Jetpack aus der Luft verursachen, was sehr viel Spaß macht...« Der Musikexpress erscheint allmonatlich im Springer-Konzern. Thomas Grossman Das Imperium und die JudenAxel Springer, das weiß man ja, und es hat ihm viel Lob eingebracht, war ein Freund des israelischen Staates. Aber in welchem Sinne? Darüber wurde auf einer wissenschaftlichen Konferenz des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts diskutiert, Bericht davon gibt die Frankfurter Allgemeine. Sie erwähnt, der Medienexperte Klaus Kocks habe sich die Satzung des Springer-Imperiums kritisch vorgenommen, in der »Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen« zum publizistischen Ziel erklärt wird. Juden hier, Deutsche dort? Eine Unterscheidung, die geläufig war, als Axel Springer sie in seine Verlagsvorschriften setzte. Sie stammt aus der Ära vor 1945. M. W. Geheime DiensteDer US-amerikanische Wissenschaftsbetrieb hat viele Facetten, eine erfreuliche darunter: Mitunter melden sich Politik- und Sozialwissenschaftler zu Wort, die das aufdecken, was die Regierung der Öffentlichkeit vorenthalten möchte. Jetzt hat das NBER, ein gemeinnütziges Wirtschaftsforschungsinstitut in Cambridge/Massachusetts, eine historische Studie publiziert, die dem Börseneffekt von CIA-Operationen nachgeht, und siehe da: Wenn der Geheimdienst Washingtons in anderen Ländern einen »Systemwechsel« betreibt, steigen die Aktienkurse dort involvierter US-amerikanischer Firmen schon an, bevor der Umsturz vollzogen ist. Herausragende Beispiele: Iran 1953, Guatemala 1954, Kongo 1961, Chile 1973. Insiderinformationen also ermöglichten spekulative Gewinne, die CIA gab ihren Partnern an der Börse noch vor dem geheim geplanten Coup einen Wink, bei welchen Aktien ein Kursanstieg zu erwarten sei. Begünstigt wurde und wird diese profitable Kumpanei durch die personellen Verflechtungen zwischen der Geschäftswelt und dem staatlichen Verwaltungsapparat. Wer Einzelheiten wissen will, kann sie im Internet nachlesen: www.nber.org/papers, Nr. 1962, Dube/Kaplan/Naidu: Coups, Corporations, Classified Information. Peter Söhren Je eine OrangeFrühjahr 1989, irgendwo im Süden des Irak. Unmittelbar nach seiner Abiturprüfung wird Mahdi zusammen mit mehreren Freunden von der Polizei des Saddam-Hussein-Regimes verhaftet. Der Gefängnisaufenthalt wird zum Albtraum: Hunger, bedrückende Enge, Wanzen, Schlaflosigkeit, zermürbende Verhöre, Folter. Schließlich gestehen die Freunde ihre politischen Aktivitäten ein, beteuern aber standhaft, Mahdi sei unbeteiligt und nur durch Zufall bei dem Treffen anwesend gewesen. Die Folter hört auf – doch von Freilassung kann keine Rede sein. Schließlich hat Mahdi im Gefängnis zu viel gesehen und gehört, was er weiterverbreiten könnte. Das Buch gibt ein farbenreiches Bild der irakischen Gesellschaft vor dem Sturz der Saddam-Herrschaft. Die hoffnungsvoll begonnene demokratische Entwicklung ist seit dem Putsch der Baath-Partei im Jahre 1963 abgewürgt, die kommunistische und die religiöse Opposition agieren im Untergrund. Der Krieg, den der Diktator im Auftrage der USA gegen das Nachbarland Iran führte, hat das Land ausbluten lassen, die Menschen sind erbittert. Nicht umsonst wählt der Autor Taubenflügel als Symbol für Hoffnung. Auf Versuche der Menschen, sich politisch zu organisieren, reagiert das Regime mit brutaler Repression. Khider schildert, wie religiöse Fundamentalisten, kurdische Unabhängigkeitskämpfer, Kommunisten, bürgerliche Demokraten zusammengepfercht sind – alle gezwungen, auf engsten Raum miteinander auszukommen, was oft zu absurden Szenen führt. Gewalt und gegenseitige Denunziation wechseln sich ab mit brüderlicher Solidarität, Hoffnungslosigkeit mit wütender Auflehnung. Als ekelhafter Zellendiktator erweist sich ein Rechtsanwalt, beschuldigt des Versuchs, im Auftrage des britischen Geheimdienstes eine demokratische Opposition im Lande aufzubauen. Als am Geburtstag Saddams anstelle der erhofften Amnestie jeder Gefangene als Geschenk nur eine Orange erhält, entlädt sich die Verzweiflung in offenem Aufruhr, den die Wächter zusammenknüppeln. Den Sturz der Diktatur kann das nicht aufhalten. Im Frühjahr 1991 bricht das Saddam-Regime im Süden des Irak wie ein Kartenhaus zusammen – aufständische Schiiten befreien die Gefangenen. Der Traum von Demokratie und Selbstbestimmung währt nur kurz. Am Eingang eines Flüchtlingslagers an der kuwaitischen Grenze nimmt der Ich-Erzähler am Ende von einem US-Soldaten ein Willkommenspäckchen entgegen: Er findet darin eine Orange. Der Autor Abbas Khider floh 1996 aus dem Irak und lebt seit elf Jahren in Deutschland. Sein mehrfach preisgekrönter Debütroman »Der falsche Inder« (s. Ossietzky 5/09) thematisiert seine Flüchtlingsodyssee in den Jahren von 1996 bis 1999. Gerd Bedszent Abbas Khider: »Die Orangen des Präsidenten«, Edition Nautilus, 156 Seiten, 16 €Wirtschaftspolitische VernunftSahra Wagenknecht ist die klare Stimme der wirtschaftspolitischen Vernunft im Lande. Man vergleiche nur mal, was der bislang für Wirtschaft zuständige Bundesminister Rainer Brüderle daherredet. Der Mann hat keine Ahnung, und die hat er mit vielzitierten Politikern anderer, größerer Parteien gemeinsam. Wenn man dagegen Wagenknechts neues Buch liest, erhält man ordentlich belegte Informationen, erkennt die immensen Widersprüche zwischen marktwirtschaftlicher Ideologie und monopolkapitalistischer Realität und folgt gern den politischen Vorschlägen der Autorin. Hier steht das, worauf man bei ruhiger Überlegung längst selber gekommen sein müßte. Und dann wünscht man sich, das Gelesene werde zum Allgemeingut der Partei, deren stellvertretende Vorsitzende die Autorin ist. Ich wünsche mir darüber hinaus, daß Wagenknecht ihr Konzept an zwei Punkten zuspitzt: Vollbeschäftigung durch radikale Arbeitszeitverkürzung, Demokratisierung der Medien – die in ihrer jetzigen Verfaßtheit unfähig sind, wirtschaftspolitische Vernunft zu vermitteln. Eckart Spoo Sahra Wagenknecht: »Freiheit statt Kapitalismus«, Eichborn, 365 S., 19,95 € Die SelbstbeschäftigungsparteiDer Partei DIE LINKE, da helfen auch acht Großbuchstaben nicht, entschwindet derzeit der wahlpolitische Erfolg. Entstanden aus dem »Zerfallsprozeß zweier ehemals großer Parteien: der SED und der SPD« (Georg Fülberth), zeigt sie nun eigene deutliche Zerfallserscheinungen. Die jüngsten Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erbrachten staatstragende Stagnation im Osten und herbe oppositionelle Verluste im Westen. Würde in Nordrhein-Westfalen neu gewählt, wäre der Wiedereinzug in den Landtag äußerst fraglich. Umfragen für die Bundesebene lassen nichts Gutes erahnen. Ist daran, wie die meisten Kommentatoren meinen, ein glückloses Führungsduo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst schuld? Wer das glaubt, huldigt einem Verständnis von Politik als Marketingveranstaltung der »großen Köpfe«. Die Probleme der Linkspartei liegen ganz woanders, eines davon ist eine ausgeprägte Spaltungsfreude, gespeist aus intensiven Selbstbeschäftigungsdiskursen. In Stadt- und Gemeinderäten trifft man auf vielfältige Abspaltungsformationen, die jeweils peinlich genau darauf achten, welcher innerparteilichen »Strömung« inklusive gültiger Sprachregelung man sich im Augenblick zurechnet: eher dem »Netzwerk Reformlinke«, dem »Forum demokratischer Sozialismus«, der »Sozialistischen Linken«, der »Antikapitalistischen Linken«, der »Emanzipatorischen Linken« oder keiner von allen. Alle möglichen Mischformen, weitere »Plattformen« und dementsprechende Hahnenkämpfe im eigenen Stall der PDL könnte man als freie Meinungsäußerungen, offene Diskussion, lebhafte Willensbildung begrüßen – wenn der Bezug zur gesellschaftlichen Realität nicht verloren ginge. Die soziale Frage in Zeiten forcierter neoliberaler Spaltung der Gesellschaft könnte ein weites Betätigungsfeld für die Linkspartei hergeben, nicht das einzige. Die Auflösung in Zirkel, die hauptsächlich gegeneinander eifern und niemanden sonst interessieren, weil sie sich gegenüber Themen wie Massenarbeitslosigkeit, Verblödung durch Massenmedien, Umweltvergiftung und Krieg vornehm zurückhalten, führt ins splitterparteiliche Nirwana. Carsten Schmitt Welcher Tucholsky?Auf der Tagung der Kurt Tucholsky Gesellschaft 2005 fragte Peter Ensikat: »Von welchem Tucholsky reden wir?« Der Historiker Kurt Pätzold hat darauf jetzt mit einem kleinen Buch geantwortet, das in die Hände jedes Tucholsky-Kenners und -Verehrers gehört. Tucholsky war ein politisch engagierter, kämpferischer Schriftsteller. Aber dank seiner enormen Vielseitigkeit kann man aus ihm machen, was man gerade für nötig hält. »Aus dem Erbe wird absichtlich aussortiert«, schreibt Pätzold, was den Apologeten der bürgerlichen Gesellschaft ungelegen kommt. Ungelegen kommt ihnen zweifellos folgende Feststellung Pätzolds: »Tucholsky hat Imperialisten noch Imperialisten genannt, Monopolkapital noch Monopolkapital geheißen. Zu den Begriffen, mit denen er die Gesellschaft seiner Zeit charakterisierte gehörten: Proletariat, Klasse, Klassenbewußtsein, Klassenkampf, Klassenkrieg, Ausbeuter und Ausgebeutete. Er unterschied genau zwischen Freund und Feind.« Pätzold befaßt sich auch mit der Rolle, die bei Tucholsky das Volk, die Massen – und nicht nur die Deutschen – spielen. Eine Antwort aus dem Jahre 1921 lautet: »Aber wenn wir nicht mehr wollen: dann gibt es keinen Krieg!« Tucholsky hat »Massen« in folgenreichen geschichtlichen Situationen erlebt: im August 1914, November 1918, den Sieg des Faschismus 1933. Das Jahr 1919 sah er als Jahr der Niederlage der Massen an. Er wußte, daß das Individuum sich in der Masse verändert, und er erkannte wie Thälmann, daß Hitler Krieg bedeutete. In dem Gedicht »Deutschland erwache!« heißt es am Ende: »daß der Nazi dir einen Totenkranz flicht –, Deutschland, siehst du das nicht –?« Am 7.April 1933 bilanzierte er: »Die Arbeiterbewegung hat die entscheidende Niederlage erlitten«, vier Tage später: »Unsere Sache ist verloren.« Wichtig erscheint mir, was Pätzold aus Tucholskys Texten über das Verhältnis anderer europäischer Staaten zu Hitlerdeutschland herausarbeitet: Es wäre ein Leichtes gewesen, durch Boykottmaßnahmen ihre Gegnerschaft zu zeigen. Doch so etwas unterblieb, und Tucholsky schrieb: »Die deutsche Hybris kennt keine Grenzen.« Brigitte Rothert-Tucholsky Kurt Pätzold: »Das Volk versteht das meiste falsch ...«, Spotless Verlag, 96 Seiten, 5,95 € Press-KohlUnsere Leserin Johanna M. hat aus der Berliner Morgenpost erfahren, daß »Maria Kissimov Haare glänzen läßt«, denn diese Dame »ist eine Spezialistin für Hochzeits- und Eventfrisuren. Doch auch klassische Naßrasuren mit Messer für den Herren gehören bei der Wahlberlinerin zum Angebot. Besonders glänzen die Haare der Kunden nach einer asiatischen Bürstenhaarwäsche im Massagestuhl.« Falls Ihre Haare eine asiatische Bürstenwäsche im Massagestuhl benötigen, so wenden Sie sich umgehend an die »Barbiererie Kissimov«. Falls Sie wünschen, in der Barbiererie über den Löffel balbiert zu werden, bitte 1 Löffel mitbringen. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 10/2011 |
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