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In diesem Manifest heißt es: »Mit großer Sorge registrieren die Unterzeichner, wie sich die Führung der CDU … offenbar endgültig von ihren Wurzeln und langjährigen Stammwählern verabschieden und die ›Öffnung nach links‹ unumkehrbar weiter vorantreiben will.« Die CDU verliere immer mehr Mitglieder und Wähler, weil diese den »Linkstrend« der Parteiführung nicht mehr hinnehmen wollten. Der zeige sich unter anderem in zunehmender Belastung der Mittelschicht durch Steuern und Abgaben wie auch in der »Gängelung« von Unternehmen durch ein Antidiskriminierungsgesetz, in der Aufgabe des »bewährten, differenziert gegliederten« Schulwesens und im »mangelhaften Einsatz für eine überfällige würdige Erinnerung an die deutschen Opfer der Vertreibung«. Zudem wettert das Manifest gegen »hunderttausendfache ›straffreie‹ Kindstötung durch Abtreibung« und fehlende Bereitschaft, »der Gefahr der Islamisierung entgegenzutreten, das christliche Erbe zu verteidigen und dem EU-Beitritt der Türkei eine klare Absage zu erteilen«. Initiator ist der mittlerweile 89jährige Jurist Friedrich-Wilhelm Siebeke, der sich 2004 dadurch hervortat, daß er sich als langjähriger stellvertretender Vorsitzender des Bundesparteigerichtes der CDU in einem Sondervotum gegen den Parteiausschluß von Martin Hohmann aussprach. Hohmann, der als Bundestagsabgeordneter am 3. Oktober 2003 eine antisemitische Rede gehalten hatte und deswegen sein Parteibuch abgeben mußte, wird als Teilnehmer am »Ersten Großen Konservativen Kongreß« groß angekündigt. Zu den 18 Erstunterzeichnern des Manifests gehören Hubert Gindert, Vorsitzender des Forums Deutscher Katholiken (einer rechten Gegenveranstaltung zum Zentralrat der deutschen Katholiken), Klaus Hornung, Ex-Präsident des neurechten Studienzentrums Weikersheim und Kolumnist der Jungen Freiheit, Martin Lohmann, Sprecher des Arbeitskreises Engagierter Katholiken (AEK) in der CDU und Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht, sowie Ferdinand Fürst von Bismarck. Im Interview mit der Jungen Freiheit hatte der Chef des Hauses Bismarck schon 2008 sein Verhältnis zu Angela Merkel in folgender Weise dargestellt: »Ich gehöre der CDU seit über dreißig Jahren an und glaube, es gehört zu meinem Selbstverständnis, nicht einfach von der Fahne zu gehen, wenn die Lage schwierig wird. So mancher Junker ist in der preußischen Geschichte schon an der Politik des Königs verzweifelt, aber er hat sich dennoch stets in der Verantwortung gegenüber seinem Vaterland gefühlt.« Nicht als Erstunterzeichnerin des Manifests wird Erika Steinbach genannt. Jedoch hat man bei ihr angefragt, ob sie nicht den Kongreß als Referentin bereichern will. Die Hoffnung der Initiatoren auf eine positive Antwort erscheint berechtigt. Schon am 12. März auf der Abschlußkundgebung einer von der Initiative »Linkstrend stoppen« mitveranstalteten islamfeindlichen »Großdemonstration gegen Christenverfolgung, für Menschenrechte in Ägypten, Türkei, Iran, Irak ...« in Frankfurt am Main wurde eine Grußbotschaft von Steinbach verlesen. Außerdem liegt die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) selbst in offener Fehde mit der CDU-Führung; sie will den Kurs der Partei weiter nach rechts lenken. Anfang September 2010 war es bei einer Vorstandssitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Eklat gekommen: Steinbach verteidigte Hartmut Saenger und Arnold Tölg, die beiden vom BdV entsandten Stellvertretenden Mitglieder des Stiftungsrats des geplanten Vertreibungsmuseums, die wegen geschichtsrevisionistischer Positionen in die öffentliche Kritik geraten waren, und machte sich deren Positionen zu eigen. Die Sudetendeutsche Zeitung (SdZ) schilderte die Vorgänge aus der Sicht Steinbachs: »Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der dem Stiftungsrat ›Flucht, Vertreibung, Versöhnung‹ vorsitzt, und Fraktionschef Volker Kauder hätten, so Steinbach, die Argumente von SPD, Grünen und Linkspartei ›ungefiltert übernommen‹. Sie bemängelte dies, aber die Parteivorsitzende Angela Merkel unterstützte die Steinbach-Widersacher immer wieder durch Beifall.« Steinbach führte sich, wie der stern berichtete, so auf, daß einer der Sitzungsteilnehmer sogar ihren Parteiausschluß gefordert habe. Eine versteckte Kritik an Steinbach war aus dem Kommentar der Sudetendeutschen Zeitung herauszulesen, wonach es ein »Irrtum« gewesen sei, »sich lange und immer wieder der Unterstützung der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin sicher zu wähnen, die die konservativen, liberalen und christlich-sozialen Wurzeln ihrer Partei betont, dabei aber die rheinisch-patriotischen Konrad Adenauers und Helmut Kohls unterschlägt«. Die zentrale Veranstaltung des BdV zum »Tag der Heimat 2010« am 11. September beschrieb die SdZ als »überschattet von der erschreckenden Linksentwicklung der CDU, die neuerdings Einheitsmeinungen durchzusetzen versucht«. Steinbach propagierte ihre Idee, den 5. August zum »nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung« zu machen. Der Bundesrat hatte sich schon 2003 in einer Entschließung dafür ausgesprochen, mit einem solchen Gedenktag jährlich die Verabschiedung der »Charta der deutschen Heimatvertriebenen« im Jahre 1950 zu feiern und – darauf würde es unweigerlich hinauslaufen – das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 anzuprangern. Unter der damaligen rot-grünen Regierung führte der Vorstoß des Bundesrats nicht zum Erfolg, und auch die jetzige Bundesregierung kann sich mit dieser Idee nicht recht anfreunden. Angela Merkel hatte das bereits bei der Festveranstaltung des BdV zum 60. Jahrestag der Charta am 5. August 2010 in Stuttgart ausdrücklich von ihrem damaligen Innenminister Thomas de Maizière mitteilen lassen. Steinbach war sich also der Konfrontation voll bewußt, als sie beim »Tag der Heimat« ihre Absicht ankündigte, mit diesem Thema der Kanzlerin einzuheizen und sie vorzuführen: »Der Bundesratsbeschluß erfolgte mit schwarz-gelber Ländermehrheit – und jetzt können wir einmal den Test machen. Jetzt haben wir seit einem Jahr eine passende Bundesregierung. Nun kann sich Glaubwürdigkeit von Politik wirklich erweisen. Wie steht es mit dem, was man verspricht und was man am Ende zu halten bereit ist? Also die politische Willenserklärung von damals heute durch Handeln umzusetzen.« Im Dezember brachten CDU/CSU und FDP einen entsprechenden Antrag in den Bundestag ein, der am 10. Februar gegen die Stimmen der übrigen Parteien verabschiedet wurde. Um keine Niederlage zu riskieren, war der Text so formuliert, daß ihm auch Gegner des Gedenktages in den Regierungsfraktionen zustimmen konnten. Die Bundesregierung wurde lediglich aufgefordert, »zu prüfen, wie dem Anliegen der Initiative des Bundesrates … Rechnung getragen werden kann, den 5. August zum bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Vertreibung zu erheben«. Aber schlimm genug ist es schon, daß der Bundestag mit diesem Beschluß die Charta zum »Gründungsdokument« der BRD erklärte. Was den Gedenktag betrifft, liegt der schwarze Peter nun bei der Kanzlerin. Wie immer sie sich verhält: Ihre Bemühungen um Unterstützung durch die Gesamtpartei und ihre Chancen, erneut als Kanzlerkandidatin aufgestellt zu werden, werden damit von rechts torpediert. Steinbach, die sich in der SdZ als »prominentes Opfer jener Linksentwicklung« in der CDU stilisieren läßt, wird sich keine Gelegenheit entgehen lassen, gemeinsam mit ihren Gesinnungsgenossen innerhalb und außerhalb der CDU/CSU den ihrer Meinung nach mangelhaften Einsatz für die (angeblichen) Vertriebeneninteressen als Teil einer »erschreckenden Linksentwicklung der CDU« zu geißeln. Ein durchsichtiger Versuch, das Leid von Flüchtlingen, Vertriebenen und Umgesiedelten für eine Kampagne der rechtesten Teile der CDU/CSU zu instrumentalisieren. Doch der Rückhalt, den die einst so siegessichere BdV-Vorsitzende in der Gesellschaft findet, schmilzt. Weit über 200 Wissenschaftler, darunter zahlreiche Historiker, haben in einer öffentlichen Erklärung die Entschließung des Bundestages als »falsches geschichtspolitisches Signal« kritisiert und klargestellt, daß sich die Charta als wegweisendes Dokument in keiner Weise eignet.
Erschienen in Ossietzky 7/2011 |
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