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Die übrigen »Moderatoren«, die dafür zu sorgen haben, daß die Gespräche moderat, das heißt seicht und unergiebig bleiben: Reinhold Beckmann, Frank Plasberg und Sandra Maischberger. Seit September 2007 beeinträchtigt Anne Will die TV-Sonntagabende. Vorher machte das Sabine Christiansen. Beide Frauen hatten als Redakteurinnen im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Christiansen im NDR, Will im SFB, später WDR) begonnen und schließlich die Weihen zur teleprompter-gestützten Moderation der ARD-»Tagesthemen« erhalten. Das allabendliche Vorlesen machte sie unabwendbar einem Millionenpublikum bekannt. Alsbald zu ARD-Talkshow-Masterinnen ernannt, mutierten sie zu Firmenchefs, ließen ihre Sendungen vom eigenen Unternehmen produzieren (TV21 GmbH bzw. Will Media GmbH), kassierten ein Vielfaches ihrer früheren Gehälter als Gewinn – und wurden Millionärinnen. Der Vollständigkeit halber seien hier die übrigen Firmen genannt, deren Bosse im Öffentlich-rechtlichen Fernsehen mittels Talkrunden fette Beute machen: Beckground TV+Film Produktion GmbH (Beckmann, montags), Vincent Television GmbH (Maischberger, dienstags), Ansager und Schnipselmann GmbH & Co KG (Plasberg, mittwochs). Bald darf Günther Jauch sonntags mit seiner Information & Unterhaltung TV GmbH am meisten absahnen. Die konkrete Summe verschweigt der federführende NDR verständlicherweise: Laut Wikipedia sind es unverschämte 10,5 Millionen Euro für jeweils 39 Sendungen. Demnach wird Jauch brutto 4487 Euro pro Sende-Minute kassieren. Zwar brauchte er das »Erste« nicht, um reich zu werden, er ist schon vielfacher Millionär. Wohl aber fragt man sich, ob seine NDR-Vertragspartner den Straftatbestand der Untreue erfüllen. Den Vorwurf maßloser Unanständigkeit verdienen sie allemal. Jauch startete einst beim BR in München. Seine Entwicklung hin zum TV-Reklame-Onkel verlief nicht geradlinig. Man warf ihm vor, er habe in seinen Magazinsendungen erfundene Storys publizieren lassen. Doch gilt er längst als quotensicherer »Infotainer«. Zum seriösen politischen Journalisten qualifiziert ihn nichts. Aber die ARD will mit seinem sonntäglichen Talk-Spektakel ja nicht ihren Informationsauftrag erfüllen, sondern Unterhaltungsinteressen bedienen, zwecks hoher Einschaltquoten. Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk ist staatsfern zu organisieren und von gesellschaftlich relevanten Gruppen zu kontrollieren. Deren Vertreter – Kirchenleute, Arbeitgebervertreter, Gewerkschafter, diverse Verbandsfunktionäre, Wissenschaftler und vor allem die Aufpasser der Staatskanzleien sowie die Platzhirsche der bürgerlichen Parteien – sollen in den Rundfunkgremien für Unabhängigkeit und Programmqualität sorgen. In welchem Ausmaß ihnen das mißlingt, kann der Zuschauer tagtäglich feststellen. Dem WDR-Rundfunkrat fiel immerhin auf, daß die ARD-Intendantinnen und -Intendanten mit ihrem Aufgebot ewig gleicher Gesichter – der Moderatoren wie auch der Talk-Gäste – Gefahr laufen, ihr Publikum zu vergraulen, zumindest das junge (obwohl zu dem Zweck bereits der »Musikantenstadl« ausgestrahlt wird). Die WDR-Räte monierten, daß die »vorhandene Zeit nicht genutzt wurde, grundsätzlich und ergebnisoffen über die Programmstruktur im Ersten zu diskutieren und auch darüber nachzudenken, wie die Qualitäten der genannten Moderatorinnen und Moderatoren anders und möglicherweise besser eingesetzt werden können, ohne den Zuschauerinnen und Zuschauern an fünf Tagen in der Woche Talk, wenn auch in unterschiedlicher Form anzubieten. (...) Insofern wurde mit den aus unserer Sicht vorschnellen Entscheidungen zur zukünftigen Programmstruktur im Ersten eine Chance vertan.« Und wie steht es mit den Talk-Teilnehmern? »Beim Deutschen Fernsehen gibt es einen extrem kleinen Adreß-Zettelkasten. Die 25 Talkshow-Redaktionen ziehen daraus ihre 6 aus 49 Kandidaten. Mehr als 49 Gästenamen passen leider nicht in das Kästchen. Deshalb dominieren Heiner Geißler und Heinz Olaf Henkel noch immer die Hitlisten der Talkshow-Gäste,« spottete Wolfgang Micha im Internet-Portal Carta unter dem Titel »ARD & Co.: Die vorhersehbare Talkshow«. Angesichts ihres nach dem Peter-Prinzip gestalteten Innenlebens (jeder Beschäftigte neigt dazu, in einer komplexen Hierarchie bis zu einer Stufe aufzusteigen, für die er ungeeignet ist) verwundert es allerdings, daß die ARD nicht statt Jauch die »Tagesthemen«-Moderatorin Carmen Miosga kürte. Längst ist sie prädestiniert, kann sie doch Wörter quirlen wie keine Zweite und grandios schwachsinnig formulieren: »Guten Abend, meine Damen und Herren. Daß die Wahrheit im Krieg zuerst stirbt, ist eine Binse, die aber auch wieder mal bestens beschreibt, was in Ghaddafis Wüstenstaat seit Wochen vor sich geht.« Oder: »Daß man als Beginn des Karnevals den Elften Elften gewählt hat, geht auf die Theorie zurück, nach der dafür die Anfangsbuchstaben des Mottos der Französischen Revolution herhalten mußten: Égalité, légalité, fraternité – zusammen: Elf.« Ich hatte dieser ARD-Begnadeten vor Jahren ein kleines Denkmal gesetzt (in: »Die Falschmünzer-Republik«, Scheunen-Verlag, ISBN 978-3-938398-90-6). Es blieb so folgenlos wie die Maulschelle des WDR-Rundfunkrates für die ARD-Intendanten. Die haben das Ding weggesteckt. Statt Aufklärung, Reflektion und anspruchsvollen Diskurs zu ermöglichen, lassen sie vom Herbst an noch einen lausigen TV-Schwadroneur das Publikum sedieren. Der höhere Zweck: Döst das Volk vor der Glotze, wird es die Besitzenden und Mächtigen nicht beim Geldzählen stören.
Erschienen in Ossietzky 6/2011 |
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