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Kiefer erklärt: »Viele Salben oder Verbandsstoffe müssen inzwischen von den Patienten selbst gezahlt werden.« Für das geringe Budget der Rentner sei das eine immense Belastung. 12. Januar: Das Job-Center Braunschweig hat einer 22jährigen schwangeren Arbeitslosen die »Hartz IV«-Leistungen für drei Monate restlos gestrichen, berichtet das Erwerbslosenforum Deutschland. Die junge Frau hatte einen Ein-Euro-Job abgelehnt, der ihr wegen der Schwangerschaft und ihres gesundheitlichen Zustands nicht zumutbar erschien. Daraufhin strich ihr das Jobcenter die Leistungen sowie den ihr zustehenden Zuschlag für den Mehrbedarf bei Schwangerschaft ab 1. Januar. Der jungen Frau wurden vom Jobcenter Lebensmittelgutscheine zugebilligt, die sie wöchentlich abholen sollte. Schon beim ersten Termin lehnte die Behörde die Übernahme von Fahrtkosten ab. Es sei der Frau zumutbar, die Strecke (zehn Kilometer) zu Fuß zurückzulegen. Ebenso wurden ihr das Geld für die Arztpraxisgebühr und die Zuzahlung für dringend benötigte Medikamente verweigert. Zwei Tage später muß die Behörde auf Anordnung des zuständigen Sozialgerichtes die Sanktionen zurücknehmen. Das Erwerbslosenforum berichtet von weiteren Fällen, in denen Behörden schwangeren Arbeitslosen die »Hartz IV«-Leistungen gestrichen haben. So seien in Passau einer 21jährigen Frau sämtliche Regelleistungen inklusive der Kosten für die Unterkunft entzogen worden, nachdem sie sich wenige Wochen vor der Geburt geweigert hatte, einen Ein-Euro-Job in einer Großküche anzutreten. Nach den gesetzlichen Mutterschutzrichtlinien gilt für Schwangere aus Gesundheitsgründen ein generelles Beschäftigungsverbot in Großküchen. Zu diesen und ähnlichen Fällen erklärt das Bundesarbeitsministerium auf Nachfrage aus der Linksfraktion im Bundestag, daß »eine Schwangerschaft an sich« noch kein Grund sei, einen Ein-Euro-Job als unzumutbar abzulehnen. Nach Paragraph 10 Sozialgesetzbuch II sei den Beziehern von »Hartz IV«-Leistungen »grundsätzlich jede Arbeit oder Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung zumutbar«. Schwangerschaften zählten nicht zu den grundsätzlichen Ausnahmen. 13. Januar: Laut einer Umfrage der Bundesstiftung »Mutter-Kind« in Nordrhein-Westfalen beraten Jobcenter arbeitslose Schwangere oft schlecht. Allein in den ersten drei Monaten 2010 hätten Schwangerenberatungsstellen in dem Bundesland rund 5.500 mal klärend eingreifen müssen, damit die Frauen die ihnen zustehenden »Hartz IV«- oder Grundsicherungs-Hilfen überhaupt erhielten. Die Schwangeren beklagten vor allem fehlende Beratung und falsche Aussagen der Job-Center-Mitarbeiter. Zum Teil würden Anträge gar nicht erst angenommen und der ihnen gesetzlich zustehende Mehrbedarf nicht anerkannt. Vielen Mitarbeitern fehle es an Wissen über die Förderungsmöglichkeiten für Schwangere. 16. Januar: Deutscher Gewerkschaftsbund und Mieterbund warnen, infolge der geplanten »Hartz IV«-Reform drohe eine Leistungskürzung, »die jede geringe Erhöhung der Regelsätze ins Gegenteil verkehrt«. Mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Ermächtigung für Kommunen, die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten per Satzung festzulegen und dabei Pauschalen für Miet- und Heizkosten zu bestimmen, könne sich die finanzielle Lage der Betroffenen dermaßen verschlechtern, daß »sogar das Existenzminimum unterschritten werden« könnte. 18. Januar: Die 20 Millionen Rentner in Deutschland werden wegen der Geldentwertung ärmer, stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fest. Für 2011 sei ein Rentenanstieg um ein Prozent geplant, für 2012 um 0,4 Prozent. Demgegenüber sei 2011 eine Inflationsrate von 1,6 und im folgenden Jahr von 1,7 Prozent zu erwarten, erläuterte der leitende Konjunktursachverständige des DIW, Ferdinand Fichtner, in der Frankfurter Rundschau. Für die Rentner ergäben sich daraus für 2011 leichte und für 2012 schmerzliche Kaufkraftverluste. 23. Januar: Ein 59-jähriger Diplom-Ingenieur aus Hannover wartet laut einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen seit mehr als zwei Jahren auf das ihm zustehende Arbeitslosengeld II. Das zuständige Jobcenter der Region habe es bislang nicht geschafft, den genauen Leistungsanspruch für den Bedürftigen zu berechnen. 25. Januar: Der Lottogewinn eines »Hartz IV«-Empfängers gilt als Einkommen und wird von den staatlichen Leistungen abgezogen. Diese Entscheidung des nordrhein-westfälischen Landessozialgerichts in Essen erging gegen einen Hilfsbedürftigen aus Bielefeld, der in der Lotterie »Aktion Mensch« 500 Euro gewonnen hatte. Umgekehrt wird nicht angerechnet, wieviel Geld er jahrelang für Nieten ausgegeben hat, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. 26. Januar: Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, spricht sich in der Thüringer Allgemeinen gegen einen höheren »Hartz IV«-Regelsatz aus und macht klar, worum es dabei eigentlich geht: »Je mehr der Regelsatz erhöht wird, desto geringer wird der Lohnabstand zu geringfügig Beschäftigten. Dieser Abstand muß aber so groß sein, daß sich Arbeit lohnt, selbst für einen geringen Lohn.« Hauptsorge der kommunalen Arbeitgeber ist demnach, daß die Löhne niedrig bleiben. 29. Januar: Nicht alle werden ärmer. Europas größter Verlagskonzern, die Springer AG, und Europas größtes Fernseh-Unternehmen, die zum Bertelsmann-Konzern gehörende RTL Group, schlossen laut Branchendienst Meedia das Börsenjahr 2010 gleichermaßen mit einem Kursanstieg um 62 Prozent ab.
Erschienen in Ossietzky 3/2011 |
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