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In mehreren Gefechten und in der Schlacht bei Rastatt stand Engels immer in vorderster Linie, auch als Befehlshaber von Abteilungen. In ihren »Memoiren einer Frau aus dem Badisch-Pfälzischen Kriegszug« (Newark 1853, Neuauflage unter dem Titel »Mutterland«, München 1982) schrieb die Revolutionsteilnehmerin Franziska Anneke, Engels habe in einem Gefecht bei Rinntal als Kommandeur eines Seitendetachements mehrere Stunden zeitweise im dichtesten Feuer gestanden. »Sein Eifer und sein Mut wurden von seinen Kampfgenossen ungemein lobend hervorgehoben.« Im Frühjahr 1849 hatte die deutsche Revolution noch einmal eine Chance. Während Aufstände in Dresden, Breslau und im Rheinland niedergeschlagen wurden, war die Erhebung im Mai in Baden und der Pfalz zunächst erfolgreich. Fast die gesamte badische Armee und die pfälzischen Soldaten schlossen sich den Aufständischen an. Da die Volksmassen noch auf die Seite der Revolution neigten, bestand die Möglichkeit, den Erfolg über die Landesgrenzen zu tragen. Der radikaldemokratische Flügel mit Volks- und Arbeitervereinen an der Spitze forderte, die von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Marx und Engels appellierten an die demokratischen Abgeordneten, daß es für das Parlament nur einen Weg zur Verteidigung der Revolution und der eigenen Existenz geben konnte: die Revolutionsarmee nach Frankfurt zu rufen und an die Spitze des Aufstandes zu treten. Sie fanden kein Gehör. Die gleichen Forderungen vertraten sie in Mannheim, Karlsruhe und Ludwigshafen vor den Vertretern der kleinbürgerlichen Demokraten. Auch hier ergebnislos, denn diese befanden sich bereits im Schlepptau der liberalen Bourgeoisie, die eine Übereinkunft mit der Konterrevolution suchte. Während Marx nach Paris reiste, um dort die Situation zu analysieren, begab sich Engels zur Revolutionsarmee und trat in Willichs Korps ein. Die militärischen Kenntnisse, die er sich als Einjährig-Freiwilliger in der preußischen Garnison in Berlin angeeignet hatte, kamen nun der revolutionären Sache zugute. Neben den Kontakten mit dem Oberkommando, der Planung der Kampfhandlungen und der Beschaffung von Nachschub und Munition kümmerte sich Engels sofort um die Gefechtsausbildung. In Karlsruhe führte er eine Sturmübung durch, mit der er auch den konterrevolutionären Ambitionen der schwankenden Kleinbürger einen Dämpfer versetzte. Zusammen mit Engels kämpfte in der Revolutionsarmee weitere Mitglieder des Bundes der Kommunisten, unter ihnen Wilhelm Liebknecht, der Chef der badischen Volkswehr, Johann Philipp Becker, Joseph Moll, der als Kanonier der Besanconer Arbeiterkompanie in der Schlacht an der Murg fiel, Fritz Anneke, Franziska Annekes Mann, der als Oberst die pfälzische Artillerie kommandierte, sowie die Setzer und Arbeiter der verbotenen Neuen Rheinischen Zeitung. »Die entschiedensten Kommunisten waren die couragiertesten Soldaten«, hielt Engels fest. In mutigen Gefechten traten die Revolutionstruppen der preußischen Interventionsarmee entgegen, die 60.000 Mann stark in Baden einfiel. Vor der Übermacht zogen sie sich an die Murg unterhalb der Festung Rastatt zurück. Als militärischer Führer bewies Engels hier auch die Fähigkeit, in schwierigen Situationen nicht die Übersicht zu verlieren, von Panik ergriffene Soldaten aufzuhalten, zu ordnen und wieder ins Gefecht zu führen. An der Murg stellten sich am 28. und 29. Juni dann noch 13.000 Mann 40.000 Preußen zur letzten erbitterten Schlacht, die sie, gestützt auf die weitreichende Festungsartillerie, trotz der zahlenmäßigen Unterlegenheit lange Zeit für sich entscheiden konnten. Als das erste preußische Armeekorps bei Bischweier vorstieß, begab sich Engels dort in die vorderste Linie. In seiner »Reichsverfassungskampagne« schilderte er später, wie die nur mit Musketen bewaffneten Arbeiter durch ihr entschlossenes Vorgehen die mit Spitzkugelbüchsen (Vorderladern) ausgerüsteten Preußen zurückwarfen. Obwohl an Mannschaftsstärke und Bewaffnung weit überlegen, wagten die Preußen keinen ernstlichen Frontalangriff. Es gelang ihnen nur durch ein Umgehungsmanöver über das neutrale Württemberg, in den Rücken der Revolutionsarmee zu gelangen und so den rechten Flügel General Mieroslawskis zu zerschlagen. Während sich ein Teil der Truppen nach der Niederlage in die Festung Rastatt begab, zogen sich etwa 7000 Mann nach Süden zurück. Mit einer Nachhut des Freikorps Willich deckte Engels den Rückzug, der am 12. Juli bei Lottstetten mit dem Übertritt in die Schweiz endete. Um die Zivilbevölkerung vor dem Artillerie-Beschuß zu bewahren, kapitulierte Rastatt am 23. Juli. Der preußische Befehlshaber, General Graf von der Groeben, ließ sofort den Festungskommandanten Oberst Tiedemann und 27 seiner Offiziere standrechtlich erschießen. Hunderte starben in den Kasematten der Festung ohne medizinische Hilfe an Typhus, unzählige wurden heimlich ermordet. Tausende fielen im ganzen Land dem Terror der Feudalreaktion zum Opfer, Zehntausende wurde gerichtlich verfolgt, insgesamt 700.000 Teilnehmer an den Erhebungen von 1848/49 in die Emigration getrieben. »Das deutsche Volk«, so hoffte Engels in seiner Arbeit »Die deutsche Reichsverfassungskampagne«, »wird die Füsiladen und die Kasematten von Rastatt nicht vergessen; es wird die großen Herren nicht vergessen, die diese Infamien befohlen haben, aber auch nicht die Verräter, die sie durch Feigheit verschuldeten.« Nach 1848/49 bildeten militärwissenschaftliche Studien einen festen Bestandteil der Forschungen von Friedrich Engels. Unter Freunden wurde er in London »General« genannt. »Und wenn es bei seinen Lebzeiten noch einmal zu einer Revolution im alten romantischen Stil gekommen wäre, hätten wir in Engels unseren Carnot und Moltke gehabt – den Organisator der Armeen und Siege und den Schlachtenlenker«, schrieb Wilhelm Liebknecht und fuhrt fort: »Er hat ja später auch verschiedene sehr tüchtige Militärschriften verfaßt und sich – allerdings inkognito – die Anerkennung von Fachmilitärs ersten Ranges erworben, die keine Ahnung davon hatten, daß der namenlose Broschürenschreiber einen der anrüchigsten Rebellennamen trug und ein plebejischer Fabrikantensohn aus Barmen war.« So wurden zum Beispiel die Analysen, die Engels in der Neuen Rheinischen Zeitung über den revolutionären Krieg in Ungarn veröffentlichte und die sich als richtig erwiesen, einem hohen Militär in der ungarischen Armee zugeschrieben. Übrigens: Der spätere Engels war nicht kriegsbegeistert – schon gar nicht angesichts der Kolonialkriege. In einem Brief an Karl Marx‘ Schwiegersohn Paul Lafargue setzte er 1892 sein Vertrauen darauf, daß die Menschen wissen wollen, warum sie sich der Gefahr aussetzen, in Stücke gerissen zu werden. Er meinte, das werde helfen, den Frieden zu erhalten und auch »die sogenannten revolutionären Anwandlungen im Zaum zu halten, auf deren Explodieren unsere Regierenden nur warten«. Denn: »Die Ära der Barrikaden und Straßenschlachten ist für immer vorüber; wenn sich die Truppe schlägt, wird der Widerstand Wahnsinn. Also ist man verpflichtet, eine neue revolutionäre Taktik zu finden. Ich habe seit einiger Zeit darüber nachgedacht, bin aber noch zu keinem Ergebnis gekommen.« Red.
Erschienen in Ossietzky 25/2010 |
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