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Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe versprach bei der Vorstellung des Projektes, daß die baulichen Eingriffe »sehr zurückhaltend« vorgenommen würden, um die »historische Aura« nicht zu gefährden. So sollen zum Beispiel »historische Zonen« wie der Befehlsbereich der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit künftig über einen Steg erschlossen werden, um die authentischen Fußbodenbeläge zu schützen. Die sind sogar wirklich echt – im Gegensatz zu den angeblichen ehemaligen Wasserfolterzellen. Wertvolles Kulturgut muß geschützt werden, koste es, was es wolle! Anderswo sieht es dagegen trübe aus. Bei Kultur- und Bildungseinrichtungen, Jugendclubs und Bibliotheken wird auf Teufel komm raus gespart. Sogar im Berliner Bezirk Mitte, dem Regierungsbezirk, nur einige Kilometer vom musealen Kleinod in Hohenschönhausen entfernt, wird angesichts eines Haushaltslochs von 23,8 Millionen Euro der Rotstift zum wichtigsten Arbeitsgerät. Zahlreiche Jugendfreizeitstätten sollen geschlossen werden. Selbst in sozialen Brennpunkten werden Therapeuten für sogenannte Risikokinder entlassen, Erziehungs- und Familienberatung wird an einen privaten Träger übergeben. In drei Betreuungszentren für Senioren geht das Licht aus. Bildungs- und Kultureinrichtungen werden weggespart, selbst die Bertolt-Brecht-Bibliothek im Rathaus Mitte schließt. In anderen Berliner Bezirken sieht es nicht besser aus. Ulrike Baumgartner, Gewerkschaftsbeauftragte für Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen, sieht die gesamte Jugendarbeit der Hauptstadt gefährdet. Sie befürchtet, daß Jugendliche aufgrund mangelnder Betreuung »auf die schiefe Bahn« geraten, und Krischan Friesecke, Sprecher eines Aktionsbündnisses für Kinder und Jugendliche, macht darauf aufmerksam, daß eigentlich genug Geld vorhanden ist, Jugendclubs zu erhalten, aber verbraucht werde es an anderer Stelle. Darunter eben auch für Knabes Gruselkabinett, das Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz als einen der wichtigsten DDR-Erinnerungsorte bezeichnet. Dafür wird Geld locker gemacht. Der Bundesregierung und dem Berliner rosa-roten Senat sei Dank! Sie finanzieren das Bauvorhaben in Hohenschönhausen, laut Schmitz ein »Signal zur intensiveren Auseinandersetzung mit den Formen und Folgen politischer Verfolgung und Unterdrückung in der DDR«, mit jeweils 8,1 Millionen Euro. Und da er es dick hat, plant der Senat bereits weitere 8,75 Millionen Euro für spätere Bauabschnitte ein. So herrscht denn in Berlin eitel Freude, vor allem bei dem nimmermüden Streiter für Freiheit und Menschenrechte, dem Bundesverdienstordensträger Hubertus Knabe. Wie hat er sich doch abgerackert, und das aus gutem Grund. Bereits 2006 hatte er erkannt: »Mit dem wachsenden zeitlichen Abstand zur Friedlichen Revolution im Herbst 1989 hat sich das Bild der SED-Diktatur zunehmend verklärt (...) Daß die Vereine, Gedenkorte und Institutionen der nostalgischen Verklärung der DDR nicht ausreichend entgegenwirken können, findet seine Ursache vor allem in deren unzureichender finanzieller Unterstützung.« Nun erhält er die geforderte Nothilfe, und da es in der Kasse klingelt, müßte er eigentlich in seiner Erinnerungsstätte auch noch andere Verschönerungen vornehmen. So könnte an der Eingangspforte eine bronzene Tafel mit den Worten angebracht werden, die er im Ausschuß für Kultur und Medien des Bundestages über die »beiden Diktaturen« in Deutschland prägte: »Man kann die Opfer nicht gegeneinander aufrechnen, sondern man muß sie selbstverständlich addieren. Daraus ergibt sich das ganze Grauen dieser Zeit.« So würde jeder Besucher in Hohenschönhausen sogleich wissen, welche Stätte des Grauens er betritt und wes Geistes Kind ihr Leiter ist. Auch könnte dieser die Rampe, die nach der »friedlichen Revolution« installierte kurze Schiene mit einem Eisenbahnwaggon zum Transport von Häftlingen, der zu DDR-Zeiten nie in der Haftanstalt ankam, an das Netz der Deutschen Bundesbahn anschließen lassen. Dann könnte uns die gewollte Assoziation – Auschwitz als Symbol der faschistischen, Hohenschönhausen als das der »zweiten deutschen Diktatur« – noch stärker beeindrucken. Und noch eine bescheidene Anregung: Da Knabe beim Berliner Senat offensichtlich hohes Ansehen genießt, müßte es ihm doch jetzt gelingen, seine wiederholte Forderung durchzusetzen, gegenüber den immer noch mehr als 600 Ernst-Thälmann-Straßen im Osten Deutschlands endlich eine Straße nach dem Ereignis zu benennen, das ihn von Unna nach Berlin und letztlich in das Amt des Leiters »eines der wichtigsten DDR-Erinnerungsorte« gebracht hat. Wäre es nicht wunderbar, wenn dessen Adresse »Straße der Friedlichen Revolution« wäre? Die Hausnummer 66 könnte bleiben, irgendwo muß ja gespart werden.
Erschienen in Ossietzky 18/2010 |
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