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Die Rede enthielt keinen Hinweis darauf, was ihnen konkret zur Last gelegt wurde. Wir sind dieser Frage nachgegangen und dabei auf Veröffentlichungen gestoßen, die wir zu bedenken geben wollen (nicht etwa um die Hinrichtungen zu rechtfertigen, wir sind gegen die Todesstrafe). Einer Pressemeldung der Agentur Agence France (AFP) vom 9. Mai ist zu entnehmen, was iranische Nachrichtenagenturen berichtet haben: Die fünf Hingerichteten seien wegen terroristischer Anschläge in mehreren iranischen Städten – darunter auf eine Moschee in Shiraz im April 2008 – verurteilt worden. Vier von ihnen seien Mitglieder der kurdischen Rebellengruppe PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan) gewesen. Die Polizei habe Sprengstoff, Geschosse und Granaten mit Raketenantrieb sichergestellt. Der zuständige Teheraner Staatsanwalt sprach von 17 Kilogramm Sprengstoff, Bomben-Equipment und Panzerabwehr-Geschossen. In einem Interview teilte er mit, das Verfahren habe vier Jahre gedauert. Die Hinrichtung sei genau 18 Monate nach dem letzten Urteil erfolgt. Die Verurteilten hätten genügend Zeit gehabt, ihr Urteil anzufechten, und sie hätten Artikel 18 der Verfassung in Anspruch nehmen können. Danach könnten zum Tode Verurteilte, die um Entschuldigung bitten, für eine unbegrenzte Zahl von Jahren in Haft gehalten werden. Verschiedene Veröffentlichungen (darunter Die Welt, taz, Monitor, german-foreign-policy und die Wiener Tageszeitung Die Presse) besagen, der US-Geheimdienst CIA und die Special Operation Forces des US-Militärs hätten Kommandounternehmen zur Destabilisierung des Iran verstärkt. Auch die deutsche Regierung unterstütze iranische Terroristen. Unter den Augen deutscher Nachrichtendienste werbe die PJAK für ihren Krieg gegen den Iran, den sie vom Nordirak aus führe. Nach Erkenntnissen des US-Journalisten Seymour M. Hersh bediene sich die US-Regierung der PJAK-Guerillatruppe als Instrument der Destabilisierung des Iran. Michael Wolfssohn von der Bundeswehr-Universität in München sehe in der geheimdienstlich verdeckten Unterstützung solcher Bewegungen einen geeigneten »Destabilisierungshebel«. Ähnlich hätten sich deutsche Militärkreise für »die Unterstützung zentrifugaler Kräfte im Iran« ausgesprochen. In den Berichten werden mehrere Attentate im Westiran erwähnt und auch ein Bombenanschlag im Ostiran, dem über 40 Menschen zum Opfer fielen. Der in Köln residierende Chef der PJAK, Rahman Haj-Ahmadi, findet sich mit der Äußerung zitiert, seine Organisation könne im Iran »überall zuschlagen«. Wir stoßen auch auf die Information, daß die Friedrich-Naumann-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) derartigen Bestrebungen im Iran eine Konferenz gewidmet habe. Nehmen wir an, diese Informationen treffen zumindest teilweise zu. Ist es dann gerechtfertigt, die »Freilassung aller Festgenommenen« zu fordern? Haben Staaten das Recht, sich gegen Destabilisierungsoperationen zu schützen? Auch der Iran? Oder ist er per se ein Unrechtsstaat, von dem zu fordern ist, daß er sich gegen Destabilisierungsoperationen nicht zur Wehr setzt? Sind deshalb solche Operationen – besonders von Linken – solidarisch zu unterstützen, auch wenn dabei die sogenannte Zivilgesellschaft Opfer terroristischer Anschläge wird? Ist das internationale Solidarität? Oder gehören diejenigen, die in einer Moschee ums Leben kommen, nicht zur Zivilgesellschaft? Wenn wir Staaten das Recht auf Schutz vor Destabilisierung einräumen, auch dem Iran, ist der Schluß konsequent, daß er Menschen, die sich an destabilisierenden, terroristischen Operationen beteiligen, verhaften und verurteilen darf. Dann bleibt lediglich die Frage, ob als Strafe die Todesstrafe gerechtfertigt ist. Diese Frage richtet sich aber nicht allein an den Iran. Sie muß genauso für die USA und alle anderen Staaten gelten, in denen die Todesstrafe noch angewendet wird. Es kann nicht sein, daß moralische Wertvorstellungen nur dann gelten, wenn damit eine bestimmte Interessenlage gestützt wird. Die Autoren haben sich mit diesem Thema ausführlich auf ihrer Website www.arbeiterfotografie.com beschäftigt.
Erschienen in Ossietzky 15/2010 |
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