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In Australien dagegen haben die Bergwerksbesitzer gerade einen ebenso großen wie billigen Sieg davongetragen. Ihnen genügten sieben Millionen australische Dollar für eine Kampagne im Fernsehen und in anderen Medien gegen den bisherigen Ministerpräsidenten Kevin Rudd, einen sanften Sozialdemokraten, dem es im vergangenen Jahr gelang, die schlimmsten wirtschaftlichen und sozialen Folgen der internationalen Finanzkrise von diesem Kontinent fernzuhalten: Er ließ jedem Australier 900 Dollar auszahlen. Die Stärkung der Binnenkaufkraft erwies sich sofort als wirksames Mittel gegen die Krise. Dann wollte er die Superprofite der großen Bergbauunternehmen sacht besteuern, damit die ganze Bevölkerung etwas davon hätte. Er meinte, die ausgebuddelten, weggeschifften Erze wie auch die Kohle gehörten doch eigentlich »allen Australiern«. Die Grubenbosse schrieen, das sei »der reine Kommunismus oder mindestens Sozialismus – da machen wir nicht mit!«, und sie legten 100 Millionen Dollar auf den Tisch, um eine Propaganda-Offensive gegen Rudd zu finanzieren. Sie drohten an, daß sie in Australien nichts mehr investieren und Arbeitsplätze abbauen würden. Künftig würden sie »Eisenerz anderswo kaufen, in Kanada oder Brasilien ...« Von den 100 Millionen Dollar brauchten sie aber nur sieben Millionen auszugeben, da geriet die Labor Party schon in Panik. Die Kampagne war äußerst erfolgreich. Der vor kurzem noch populäre Premierminister Rudd stürzte in den Meinungsumfragen steil ab, besonders in den Vororten der großen Städte, wo die Labor-Kandidaten bei der letzten Wahl oft nur mit knappem Vorsprung durchgekommen waren und jetzt um ihre Wiederwahl bangen. Julia Gillard, Rudds Stellvertreterin und, wie man bisher annahm, loyale Unterstützerin, ergriff die Gelegenheit: Ganz plötzlich meldete sie ihre Kandidatur für den Parteivorsitz und damit auch für das Amt des Regierungschefs an. Dem Amtsinhaber wurde nahegelegt, zum Wohle der Partei abzutreten. Er ging – mit Tränen in den Augen. Die Parlamentsfraktion ernannte Gillard zur Parteivorsitzenden und Premierministerin. Sie arrangierte sich sofort mit den drei größten Gruben-Bossen. Der Plan, die Superprofite zu besteuern, wurde ad acta gelegt. Die Regierung verzichtete damit auf sieben Milliarden Dollar, tausend mal mehr, als die Anti-Labor-Kampagne – die sogleich eingestellt wurde – in ihrer Startphase gekostet hatte. Für sieben Millionen Dollar sparten die Grubenbosse sieben Milliarden Dollar Steuern – ein sehr gutes Geschäft. Als neue Regierungschefin beraumte Julia Gillard für 21. August eine vorgezogene Parlamentswahl an. Den Vorhersagen nach wird Labor mit schon arrangierter Unterstützung der Grünen die regierungsbildende Mehrheit im Unterhaus wieder erreichen; den Grünen werden mehr als ihre bisherigen fünf Sitze im Senat vorhergesagt, wo sie das Zünglein an der Waage bleiben würden. Nicht jeder ist von Julia Gillard begeistert, bei den Grünen wie bei den Sozialdemokraten. Mancher fürchtet ihre Bereitschaft, alles und jeden zu opfern, um an die Macht zu kommen. Aber Labors Wahlsieg scheint dadurch nicht bedroht zu sein. Zumindest die Grubenbosse sind befriedigt. Im Lande herrscht Ruhe. Aber im nördlichen Nachbarland PNG läuft es nicht so glatt. Die in fast 700 Sprachgruppen und vielfach verfeindete Stämme zersplitterte Sechs-Millionen-Bevölkerung scheint sich jetzt gegen ihre eigene Regierung und gegen die »Ausbeuter« zu einigen. Der Regierung in Port Moresby wird vorgeworfen, das Land zu verkaufen, das zu 97 Prozent noch nicht privatisiert ist, sondern den Stämmen gehört. Es brodelt, und zwar nicht nur wie früher in einer einzigen, weit abgelegenen Provinz, die Nord-Salomonen hieß, bis sie nach zehn Jahren Kampf als halbautonomes Bougainville anerkannt wurde. Gegenwärtig kommt die Wut vieler Einwohner an vielen Orten gleichzeitig hoch. Die Wut gegen die »Ausbeuter« richtet sich vor allem gegen »die Ausländer«, gegen Australier, Briten, Amerikaner und neuerdings auch gegen die Chinesen, die die riesige Ramu-Grube bauen. Hinzu kommt die Wut gegen die Regierung in Port Moresby, der vielfach nachgesagt wird, sie sei von den Konzernen bestochen. Die australische Highlands Pacific Corporation in Brisbane ist als Minderheitsgesellschafterin (8,56 Prozent) neben der chinesischen CMM (85 Prozent) an dem Ramu-Projekt beteiligt. Heute sagt mir der Firmensprecher: »Der Schlamm, den wir durch ein Rohr in die Basamuk Bay leiten werden, etwa fünf Millionen Tonnen im Jahr, ist reiner Schmutz – genau so harmlos wie der Schlamm, den der Regen in viel größeren Mengen ins Meer spült.« Klar ist, daß die Nickel-und Kobalt-Förderung in Ramu erst beginnen kann, wenn das Abfallproblem gelöst ist. Für den Firmensprecher ist aber ebenso klar, daß es hier »keine andere Lösung geben kann« als die, gegen die sich die Bevölkerung auflehnt, denn jede andere »wäre zu teuer, zu umständlich«. Darum werde jede Regierung in Port Moresby »hier weitermachen«. Es sei durchaus möglich, daß die jetzige Regierung gestürzt werde, aber beide möglichen neuen Regierungschefs wüßten genau: »Ramu wird in Betrieb gehen, weil das im Interesse aller liegt.« Ein Regierungsbeamter in Port Moresby sagt es ähnlich und fügt hinzu: »Falls notwendig, mit Gewalt – manche dieser Bergvölker verstehen nichts anderes.« Tja. Und diese Bergvölker haben heute auf ihrer Konferenz in Port Moresby beschlossen: »Falls die PNG-Regierung – egal, wer das sein wird – das Problem nicht versteht, werden wir es auf unserere Weise lösen.«
Erschienen in Ossietzky 15/2010 |
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