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Um diese zum Erfolg zu führen, sollen die Besatzungsmächte einerseits eine gewisse »Sensibilität für kulturelle Faktoren« an den Tag legen und andererseits die rigide »Durchsetzung eines Gewaltmonopols« gewährleisten – auch unter Inkaufnahme ziviler Opfer. Auf deutscher Seite bestehe in diesem Zusammenhang allerdings ein gewisser »Nachholbedarf an Wissen, das die ehemaligen Kolonialmächte noch gespeichert haben«. Die Oldenburger »Arbeitsstelle Interventionskultur« beschäftigt sich nach eigener Aussage mit den »sozialen Auswirkungen von militärisch gestützten humanitären Interventionen«. Ihre »regionalen Schwerpunkte« liegen in Afghanistan, in der serbischen Provinz Kosovo und in Liberia, wie ihrer Webseite www.interventionskultur.uni-oldenburg.de zu entnehmen ist. Der Leiter der Arbeitsstelle, Professor Michael Daxner, war bereits selbst für die westlichen Besatzungsmächte in Afghanistan tätig: Unter seiner Ägide entstanden 2004 sowohl die Statuten für die Konferenz der afghanischen Hochschulrektoren als auch die »Grundordnungen« für die dortigen Universitäten. Über das maßgeblich von ihr initiierte »Netzwerk Interventionskultur« ist die Oldenburger Arbeitsstelle mit zahlreichen anderen akademischen Institutionen verbunden, die im Dienst westlicher Besatzungsstrategen stehen. Zu ihren Kooperationspartnern zählen die Deutsche Stiftung Friedensforschung, das Zentrum für Konfliktforschung der Universität Marburg, der Sonderforschungsbereich 700 der Freien Universität Berlin und der maßgeblich von der Bundeswehr gestaltete Studiengang »Military Studies« an der Universität Potsdam. In der Ansicht, daß das Prinzip der völkerrechtlich garantierten Staatensouveränität überholt sei, stimmt die Oldenburger Arbeitsstelle mit den genannten Einrichtungen überein. Westliche Militärinterventionen wie in Afghanistan werden von den in der Oldenburger Arbeitsstelle beschäftigten Soziologen als groß angelegte »Sozialreformprojekte« verstanden. Ziel sei eine durchgreifende »Modernisierung« der betroffenen Gesellschaften nach westlichem Vorbild. Die französische Kolonialpolitik in Algerien dient den Forschern dabei als Lehrbeispiel: Zwar fehle bei aktuellen westlichen Besatzungsregimes das »Moment der offenen Kolonisation«, dennoch liefere der »algerische Fall« zahlreiche »wichtige Informationen«, heißt es. So seien etwa die französischen »Reformen« und »Modernisierungsversuche« daran gescheitert, daß sie »mit dem Habitus der Adressaten der Reform zu sehr im Konflikt standen«. Gefordert wird deshalb eine umfassende »Sensibilität für kulturelle Faktoren« auf Seiten der Besatzungstruppen. Gerade in Deutschland bestehe ein erheblicher »Nachholbedarf an Wissen, das die ehemaligen Kolonialmächte noch gespeichert haben«, erklärt der Leiter der Arbeitsstelle. Das für Afghanistan anstehende Modernisierungsprojekt beschreiben die Forscher als »Staatsgründung nach westeuropäischem Muster« – inklusive eines »Krieg(es) um die Herstellung eines Gewaltmonopols«. Man dürfe nicht vergessen, heißt es, dass »auch im Westen« die »internen Staatsgründungskonflikte« nicht nur »viel Zeit«, sondern auch »viele Opfer« gekostet hätten – in Afghanistan werde dies »nicht anders« sein. »Für einen starken westlichen Staat muss man bei Frieden und Sicherheit Abstriche machen – wenigstens während der ›heißen‹ Staatsgründungsphase. Aber die kann sehr lang dauern.« Bei der »Staatsgründung« zu berücksichtigen sei außerdem, daß die vom Westen propagierte »Demokratisierung« der gesellschaftlichen Verhältnisse »nie bereits die Konfliktlösung« sei, »sondern im Gegenteil ein weiterer Katalysator für Unruhe und Gewalt«. Der von den westlichen Besatzungsmächten in Afghanistan mit äußerster Grausamkeit geführte »Krieg gegen die Insurgenten« wird von der Arbeitsstelle folgerichtig als notwendig und unausweichlich eingestuft. Die »eingesetzten Mittel« müssten allerdings »hinterfragt werden«, heißt es. Man dürfe »nicht denselben Fehler machen« wie die sowjetischen Invasoren und nur auf die eigene »Luftüberlegenheit« setzen, erklären die Sozialforscher: Die »als wahllos wahrgenommenen Bombardements haben den afghanischen Widerstand angefacht und am Leben gehalten – trotz der militärischen Erfolge.« Die Universität Oldenburg, an der die »Arbeitsstelle Interventionskultur« beheimatet ist, trägt den Namen des antimilitaristischen Publizisten Carl von Ossietzky, der in den letzten Jahren der Weimarer Republik die Weltbühne geleitet hat. Nach dem Reichstagsbrand wurde er inhaftiert und dann drei Jahre in Konzentrationslagern gequält. 1936 erhielt er den Friedensnobelpreis – die erste schwere Niederlage des Nazi-Regimes, das mit großem Aufwand versucht hatte, diese Ehrung ihres tapferen Gegners zu verhindern. Ossietzky, immer von der Gestapo bewacht, starb anderthalb Jahre später an den Folgen der während der Lagerhaft erlittenen Misshandlungen. Die Oldenburger Hochschullehrer und Studenten, die sich in langen Auseinandersetzungen mit der niedersächsischen Landesregierung letztlich erfolgreich für die Benennung der Universität nach Carl von Ossietzky einsetzten, verbanden damit die Selbstverpflichtung, dass Forschung und Lehre dem Frieden dienen sollen. Ossietzkys einzige Tochter Rosalinde, die damals noch lebte , vertraute daher dieser Hochschule den Ossietzky-Nachlaß an. Daxner war mehrere Jahre lang der Präsident der Carl-von-Ossietzky-Universität. Neue Aufgaben fand er, der Außenpolitik Joseph Fischers eng verbunden, zunächst auf dem Balkan (bei der Abtrennung des Kosovo von Serbien), dann in Afghanistan, und nun wertet er seine Erfahrungen im Dienste einer weltweiten »Interventionskultur« aus. – In der Autorengruppe »German Foreign Policy« arbeiten Wissenschaftler und Publizisten zusammen, die sich kritisch mit der deutschen Außenpolitik beschäftigen. Im Internet sind sie unter info@german-foreign-policy.com zu erreichen. Red.
Erschienen in Ossietzky 11/2010 |
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