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Die vom gehobenen kölschen Stadtklüngel immer noch als Vertragspartner geschätzten Pleiters werden samt etwa 6.000 vermögenden Kunden und deren Geldanlagen, die vor zwei Jahren noch 120 Milliarden Euro wert waren, von der Deutschen Bank aufgekauft. Die vier zuletzt persönlich haftenden Gesellschafter Matthias Graf von Krockow, Christopher Freiherr von Oppenheim, Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt werden gefeuert. »Das Ende der feinen Oppenheims« ist der Artikel überschrieben, den die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einer der von ihr jahrzehntelang hochgerühmten Banken widmete. »Im Zentrum der Dekadenz stehen ein Gemisch aus Größenwahn, Gutgläubigkeit, Habgier und Dilettantismus und das jämmerliche Beteuern, man habe nichts als Gutes im Sinne geführt. Bis zuletzt haben die persönlich haftenden Gesellschafter die Wirklichkeit geleugnet. Man werde durch die schwere Zeit aus eigner Kraft steuern, hieß es noch im Sommer, eine Behauptung, die wenige Wochen später nur noch eine Lüge war.« (Daß die Zeitung auch über sich selbst urteilte, merkt sie offensichtlich nicht.) Eine Behauptung, die nur noch eine Lüge war, zum Beispiel auch diese: Man sei seriös aus Tradition und ein treuer Verwalter von Kundeninteressen. Das Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen (Bafin) urteilte, die vier Leitenden seien zur Führung einer Bank »nicht geeignet«, und stützte sich dabei vor allem auf die Tatsache der hemmungslosen Selbstbedienung. Der adlige Teil der genannten vier Chefs – hinzu kam noch der Aufsichtsratsvorsitzende Baron Georg von Ullmann – hatten sich samt Ehefrauen von ihrer Bank insgesamt etwa 800 Millionen Euro Privatkredite für eigene Geschäfte gegönnt, zu Vorzugszinsen von 1,5 Prozent und großenteils ohne bankübliche Sicherheiten. »Gigantische Selbstbedienung«, kommentiert das manager magazin, dem einige Unterlagen vorliegen. Demnach beteiligte man sich mit dem geliehen Geld an Fonds der Oppenheim-Esch-Holding, zum Beispiel an dem Projekt KölnArena/Rathaus und an den Kölner Messehallen, man kaufte Flugzeuge für die eigene Challenge Air GmbH, Ullmann und Krockow legten sich, um das Klischee zu bestätigen, noch eine Motoryacht zu, und Namenserbe Christopher von Oppenheim tätigte allerlei »private Investitionen«, die noch nicht bekannt sind. Eine Behauptung, die nur noch eine Lüge war – davon hatten die Bankiers so manches auf Lager, wenn es die Situation erforderte. Als mal wieder die Liechtensteiner Steuerhinterziehung deutscher Großverdiener aufflog und der ehemalige Postchef Zumwinkel vor Gericht stand, richteten sich Fragen auch an die Oppenheims, die große Privatvermögen verwalteten. Christopher von Oppenheim behauptete im Großinterview der Süddeutschen Zeitung: »Mit Steueroasen haben wir nichts zu tun.« Jeder Interessierte konnte jedoch in Geschäftsberichten und Handelsregistern ohne Aufwand lesen, daß die Bank Oppenheim mit Liechtenstein, Cayman Islands, Tortola, St. Hélier/Guernsey, Delaware, Zypern, Mauritius, Panama und so weiter wohl vertraut war (und wohl auch nach dem Untergang in die Deutsche Bank vertraut bleiben wird). Eine Behauptung, die nur noch eine Lüge war, und mindestens zehn weitere, die nur noch eine Lüge sind: Namens der vier persönlich haftenden Gesellschafter gab Sprecher Matthias Graf von Krockow am 23. Mai 2006 eine Eidesstattliche Erklärung ab. Darin versicherte er, daß 22 Passagen in meinem Buch »Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred Freiherr von Oppenheim« falsch seien. Das Berliner Landgericht erließ daraufhin eine Einstweilige Verfügung gegen das Buch, die 22 Stellen mußten geschwärzt werden. Das Gericht und das übergeordnete Kammergericht hoben bisher zehn der Schwärzungen auf. Zum Beispiel hatte Krockow behauptet, einen Beschluß des Kölner Stadtrates gebe es nicht, wonach der Investor Oppenheim-Esch die Kosten der Altlastenentsorgung auf dem Gelände der neuen Kölner Messehallen zu tragen habe. Den Beschluß gibt es aber. Der Investor leugnete ihn offensichtlich deshalb, weil im Vertrag mit der Stadt Köln das Gegenteil dessen vereinbart wurde, was der Stadtrat beschlossen hatte. Ich erstattete Strafanzeige wegen falscher eidesstattlicher Versicherung. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte jedoch die Ermittlungen ein, »wegen geringer Schuld«, weil die Behauptungen ja schon einige Jahre zurücklägen und weil es kein öffentliches Interesse gebe. Die Deutsche Bank hat nichts gegen Finanzoasen, und sie bestraft keine Lügner, sondern freut sich, daß durch bekannt werdende Lügen und Imageverluste der Preis des Schnäppchens Sal. Oppenheim sinkt: von anderthalb auf eine Milliarde Euro. Die Deutsche Bank setzt zur Beruhigung der vermögenden Kunden auch ein paar neue Adlige hin, aber andere. Auf die Bankiers der alten Art folgen Banker, die mehr, noch mehr Einfluß auf den Staat haben und von ihm aus der Pleite gerettet werden. Oppenheim aber ließ man fallen. Bundeskanzlerin Merkel konnte es sich im Wahlkampf nicht leisten, die »Bank der Superreichen« – zugleich traditioneller CDU-Großspender – mit Staatsgeld zu retten. Und was macht die Stadt Köln mit ihrem lügnerischen Geschäftspartner, von dem sie sich bei den drei Großprojekten KölnArena/Rathaus, Bezirksrathaus Nippes und Messehallen dermaßen über den Tisch ziehen ließ, daß sogar der Europäische Gerichtshof auf Nichtigkeit des Messehallenvertrags urteilte? Nichts machen die »Verantwortlichen« der Stadt Köln. Und was macht die Justiz mit Banker-Behauptungen, die heute nur noch eine Lüge sind? »Keine Festnahmen, keine Schuldsprüche, kein Schadenersatz«, kommentiert Heribert Prantl im politischen Teil der Süddeutschen Zeitung den justiziellen Umgang mit den Pleite-Bankern von HRE, BayernLB und so weiter. »Verhöhnung des Rechts! Das Recht wird verschluckt!« Ja, Banker übernehmen keine Verantwortung und bleiben ewig unschuldig. Das gilt allemal für die große, immer größere Deutsche Bank. Sie ist führend dabei, wenn, wie Prantl konstatiert, Banken und Justiz den Rechtsstaat und das Rechtsempfinden zerstören. Seltsam nur, daß er gerade sie ungenannt läßt.
Erschienen in Ossietzky 2/2010 |
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