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Der Anlaß für diese ängstlichen Gedanken war die Teilnahme von Moshe (»Bogie«) Ya’alon an einer Versammlung der »Jüdischen Führungsfraktion«, wo er sagte, die Frieden-jetzt-Bewegung sei ein »Virus«, desgleichen »alle Medien«, weil sie den öffentlichen Diskurs »in einer entstellenden Art und Weise, in verlogener Art und Weise« beeinflußten. Er bezog auch »die Elite« im allgemeinen mit ein. Und »den Politikern« warf er vor: »Jedes Mal, wenn die Politiker die Friedenstaube hereinbringen, müssen wir, die Armee, nachher den Dreck wieder wegmachen.« Er faßte zusammen: »Die Juden haben ein Recht, überall in Erez Israel zu siedeln. Und wenn das die Amerikaner aufregt, dann hat Ya’alon eine fertige Antwort: »Ich fürchte die Amerikaner nicht!« All dies sagte Ya’alon, nachdem er ein paar Tage vorher mit viel Publicity einen Besuch in den besetzten Gebieten gemacht hatte, und zwar in Begleitung des Shas-Führers Eli Yishai und mehrerer anderer Minister der extremen Rechten. Die Gruppe besuchte die Siedlungsaußenposten, deren Auflösung die israelische Regierung schon vor langer Zeit den Amerikanern versprochen hatte, und bekundete ihre totale Opposition gegen die Auflösung. Sie beendete ihre Rundfahrt in Homesch, der von Ariel Sharon evakuierten Westbanksiedlung. Ya’alon forderte, daß dieser Ort wieder besiedelt werden sollte. Diese Töne brauen sich zu einer beängstigenden Melodie zusammen, die wir allzu gut kennen. Es ist die Hymne des Faschismus. Die Elite: Im Jargon der israelischen Rechten schließt dieser Terminus jeden ein, den sie hassen: die Intellektuellen, die Universitäten, die liberalen Politiker, den Obersten Gerichtshof, die Medien. Wenn Demagogen sich an orientalische Juden wenden, dann besteht »die Elite« klar aus den Aschkenazim, die das Land regieren. Wenn man sich an die religiöse Gemeinschaft wendet, dann besteht »die Elite« aus den Säkularen, den Atheisten, denen, die sich von der jüdischen Tradition gelöst haben. Wenn man sich an die russischen Immigranten wendet, dann besteht »die Elite« aus den alten, etablierten Israelis, den im Lande Geborenen, die den Weg der neuen Immigranten blockieren. Bündelt man all das, dann taucht ein Bild von »ihnen« und »uns« auf. »Sie« sind die Handvoll arroganter Oldtimers, die die Schlüsselpositionen im Staat besetzen, und »wir« die einfachen Leute, die Patrioten, die an der Tradition festhalten, die Diskriminierten, die Unterdrückten. Jede faschistische Gruppe in der Welt nährt solch eine Vorstellung von »der Elite«. Daß Ya’alon wie die meisten Demagogen selbst zur Elite gehört, macht nichts. Er ist ein im Lande geborener Aschkenazi ukrainischer Herkunft. Sein ursprünglicher Name ist Smilansky. Er ist Mitglied eines Elite-Kibbutz und gehört zum super-privilegierten hohen Offizierkorps. Die Verräter: Sie sind der Feind im Inneren, nicht weniger gefährlich als der äußere Feind, ja viel gefährlicher. Wenn Ya’alon über »Frieden jetzt!« spricht, meint er das ganze Friedenslager, den liberalen und säkularen Teil der Gesellschaft. Es ist die fünfte Kolonne, das trojanische Pferd innerhalb der Mauern. Dieser Feind muß eliminiert werden, bevor man anfängt, gegen die Feinde von außen zu kämpfen. Die Politiker: Die Demagogen sind zwar selbst Politiker, aber hier schließen sie sich aus. Ya’alon malt ein Bild der »Politiker«, die eine widerliche Friedenstaube auf die politische Bühne bringen, deren Exkremente die Armee hinterher entfernen muß. Die schurkischen, gewieften, feigen Politiker auf der einen Seite und die saubere, heroische, loyale Armee auf der anderen – das ist ein wohlbekanntes Bild. Das bekannteste Beispiel dafür gab es in Deutschland nach dem 1.Weltkrieg. Die Legende vom »Dolchstoß in den Rücken« war das Sprungbrett Adolf Hitlers zur Macht: Die deutsche Armee hielt dem Feind stand und hatte den Sieg schon in Reichweite, als »die Politiker«, die Juden, die Sozialisten und die anderen »Novemberverbrecher« den Dolch in den Rücken der heroischen Kämpfer stachen. Die Friedenstaube hinterließ etwas, und die Soldaten waren gezwungen, den Friedensdreck zu entfernen. Alle Medien: Es gehört zu den Erkennungsmerkmalen des Faschismus in Israel und in aller Welt, daß er die Medien immer als »linke«, feindselige Medien wahrnimmt. Die Journalisten und Rundfunkleute sind eine geheime Liga von Israel-Beschimpfern, sie verbreiten Lügen, verzerren die Wirklichkeit, um die nationale Moral zu zersetzen, sie diffamieren die Armee, besudeln unsere nationalen Werte und dienen dem Feind. Die Wirklichkeit sieht ganz, ganz anders aus. Die israelischen Medien dienen sklavisch der offiziellen Propaganda, wann immer es um nationale Angelegenheiten und um die Sicherheit geht. Sie sind unverbesserlich konformistisch. Keine einzige Zeitung im Land ist links. Die meisten politischen Korrespondenten wiederholen wie Papageien die Statements aus »offiziellen Quellen«. Fast alle Korrespondenten für arabische Angelegenheiten sind frühere Nachrichtendienstoffiziere, und fast alle Militärkorrespondenten dienen als inoffizielle Armeesprecher. Die Nachrichtenseiten und -sendungen sind dominiert von der Terminologie des rechten Flügels. Aber weil bei weniger wichtigen Angelegenheiten die Medien die Regierung kritisieren – wozu sie in einer demokratischen Gesellschaft verpflichtet sein sollten –, kann man sie umstandslos als links und subversiv deklarieren. Und das gilt auch für die akademische Welt. Der Virus: Daß die extremen Rechten politische Gegner als infizierte Agenten oder als ekelige Würmer beschreiben, ist eines ihrer typischsten Merkmale. Es genügt, an den Film »Der ewige Jude« zu erinnern, den Josef Goebbels produzieren ließ: Die Juden werden darin als Ratten gezeigt, die Krankheiten verbreiten. Wenn all diese Merkmale zusammentreffen – der Haß gegen »die Elite«, die Glorifizierung der Armee, die Verachtung »der Politiker«, die Dämonisierung des Friedenslagers, die Hetze gegen die Medien –, dann gibt sich der Faschismus zu erkennen. Hier in Israel und überall auf der Welt. Nicht weniger bedeutsam ist, wo Ya’alon sprach. Er sprach bei einer Versammlung der »Jüdischen Führungsfraktion«. Dies ist eine Gruppe von Ultra-Ultrarechten, die sich dem Likud mit dem erklärten Ziel anschlossen haben, ihn von innen zu erobern. (…) Man sollte auch Ya’alons Erklärung beachten: »Ich fürchte die Amerikaner nicht.« Die Amerikaner verlangen einen Stop des Siedlungsbaus? Zur Hölle mit ihnen! Was denken sie eigentlich, wer sie sind? Was, diese Goyim wollen uns herumkommandieren? Barak Obama will uns sagen, wo wir siedeln dürfen und wo nicht? Dies ist ein anderes Merkmal des israelischen Faschismus, wie er jetzt in Erscheinung tritt: die Bereitschaft, in offene Konfrontation mit den USA zu treten, besonders mit Obama. Schon ist eine israelische Kampagne gegen »Barack Saddam Hussein«, den neuen Hitler, in vollem Gange. Die amerikanische Rechte und die israelische Rechte finden leicht eine gemeinsame Sprache. Eine Israelin führt in den USA eine Öffentlichkeitskampagne an, die beweisen will, Präsident Obama sei gar nicht in den USA geboren, sein Vater nie US-Bürger gewesen, und er solle deshalb aus dem Weißen Haus vertrieben werden. Die ganze Sache grenzt an Wahnsinn. Israel ist auf vielen Gebieten von den USA abhängig: Wirtschaft, Rüstung, Zusammenarbeit der Geheimdienste, Diplomatie (man denke an das Vetorecht der USA im UN-Sicherheitsrat). Netanyahu versucht, eine Konfrontation zu vermeiden, indem er jeden Trick anwendet, um zu täuschen und abzulenken. Und jetzt kommen Ya’alon & Co und rufen zu einer offenen Revolte gegen die USA auf. Und dieser Wahnsinn hat Methode. (…) »Bogies« Horrorshow ruft das Bild einer verrückten Gruppe von Extremisten hervor, die den vergleichsweise moderaten Netanyahu, der die Verantwortung trägt, herausfordern. Dieser signalisiert Obama und seinen Leuten: Hilfe! Wenn ihr mich weiter unter Druck setzt mit der Forderung, den Siedlungsbau einzufrieren und Außenposten aufzulösen, wird es mein Ende sein. Ich werde stürzen, und ihr werdet mit den Verrückten verhandeln müssen! Das wäre überzeugend, wenn Netanyahu trotz der damit verbundenen politischen Risiken von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch gemacht und Ya’alon aus der Regierung entlassen hätte. Stattdessen zitierte »Bibi« »Bogie« zu sich wie ein Schulmeister einen Schüler, den er hundertmal schreiben läßt: »Ich werde ein guter Junge sein.« Ya’alon bleibt also Vizeministerpräsident, Minister für strategische Angelegenheiten und einer der regierenden sechs Minister (die anderen fünf sind Avigdor Lieberman, Benny Begin, Eli Yishai, Dan Meridor und Netanyahu selbst). Da dies so ist, muß Netanyahu für alles, was Ya’alon tut und sagt, die Verantwortung übernehmen. Aus dem Englischen übersetzt von Ellen Rohlfs und Christoph Glanz, vom Verfasser autorisiert, von der Redaktion leicht gekürzt
Erschienen in Ossietzky 18/2009 |
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