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Einen externen Investor hereinholen? »Das steht nicht zur Debatte.« Daß der Rettungsfonds der Bundesregierung wegen der möglichen Pleite der Bank beunruhigt sei? »Wir wissen davon nichts.« Wenn es trotzdem zu Schwierigkeiten komme? »Die Gesellschafter stehen voll hinter der Bank. Das bleibt ja alles in der Familie.« Ein paar Wochen später war alles anders. Die 220 Jahre dauernde Geschichte der Privatbank geht zu Ende. Die etwa 40 Gesellschafter vor allem aus den drei Familienclans derer von Oppenheim, von Ullmann und Pferdmenges helfen »ihrer« Bank nicht mehr. Sie könnten das mit leichter Hand. Das Privatvermögen der kürzlich verstorbenen Clanchefin Karin von Ullmann wurde zuletzt auf drei Milliarden Euro geschätzt. Sie stand in der Liste der reichsten Deutschen auf Platz 25, direkt hinter dem langjährigen Chef des in der Öffentlichkeit bekannteren Clans, Alfred Freiherr von Oppenheim, der ebenfalls auf drei Milliarden geschätzt wurde. Jüngsten Berichten zufolge zahlt die Deutsche Bank für ihren Einstieg zunächst 300 Millionen. Aber wie die feinen Banker, pardon: Bankiers auch sonst gezeigt haben, sorgen sie keineswegs, wie man naiv annehmen könnte, für die Unternehmen, die ihnen gehören. Vielmehr bleiben sie gerade in deren Untergang, den sie selbst mit herbeigeführt haben, beim Prinzip der Selbstbereicherung. Nach uns die Sintflut, ist die Handlungsmaxime dieser Asozialen. Der Gründer Salomon Oppenheim begann als »Hofjude« des Kölner Erzbischofs, der zugleich weltlicher Herrscher war. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts konvertierte man zum Christentum, heiratete deutsch-patriotisch. Mit allen Regimen stellte man sich gut, auch mit den Nazis. Die Verbindungen zur Dresdner Bank waren durch den arischen Gesellschafter Robert Pferdmenges besonders eng. Kredite für Krupp und die Hermann-Göring-Werke, Teilnahme an Arisierungen, Aufsichtsratsposten im Flick-Konzern und anderen Großunternehmen: Die Bank galt Hitler als kriegswichtig. Nach dem 2. Weltkrieg war sie nicht ärmer als vorher. Der Chefarisierer der Dresdner Bank, Harald Kühnen, stieg zum Miteigentümer bei Oppenheim auf und blieb bis zu seinem Tod 2002 Ehrenvorsitzender. Gleichzeitig wickelte die Bank mit dem Image eines verfolgten jüdischen Unternehmens und wegen ihrer engen Beziehungen zu Adenauer einen großen Teil der Wiedergutmachungsgeschäfte mit Israel ab. Bis heute gehören Stiftungen der Bank zu den großen Sponsoren im jüdischen Staat. Die adligen und nichtadligen Banker erwiesen sich im Dienste ihrer Gewinne als gnadenlos opportunistisch. Nach den Nazi-Jahren tendierte man konservativ-christlich. Danach erschloß man sich die Sozialdemokratie. Mit dem ehemaligen Präsidenten der Bundesbank, Karl-Otto Pöhl (SPD), der 1993 Bankchef wurde, begann die neoliberale Neuorientierung. Pöhl hatte internationale Beziehungen, er saß im Aufsichtsrat von General Electric, Royal Dutch, Unilever und Bertelsmann. Die alten Beteiligungen an Versicherungen wie Colonia wurden verkauft, man stieg in die Verwaltung großer Vermögen, in das Investmentbanking, ins Immobiliengeschäft und in den globalen Derivatehandel ein. Während der Regierungszeit Kohls und dann vor allem Schröders sprudelten die Gewinne, und zugleich wurde der Untergang vorbereitet. Die reichen Mittelständler wie die Quelle-Erbin Schickedanz, die Kölner Verlegerfamilie Neven DuMont, die Schuhhändler Deichmann, die Familie Riegel des Süßwarenherstellers Haribo, die Oetkers und Haniels ebenso wie das Erzbistum Köln, dann Erfolgsmanager wie Thomas Middelhoff und Entertainer wie Harald Schmidt drängten sich, um ihre Millionen von den feinen Privatbankiers vermehren zu lassen. Die Bank, in deren Filialen es keine Bankschalter, sondern nur elegante Beratungszimmer gibt, zielte auf die 10.000 reichsten Deutschen, die über 50 Prozent des gesamten Vermögens der deutschen Bevölkerung verfügen. Die 40 Gesellschafter der Bank konnten sich jährliche Dividenden zwischen 12 und 15 Prozent ausschütten. In der Ära des jetzigen Bankchefs Graf von Krockow wurden in den wichtigen Finanzoasen zwischen Genf, Wien und Lugano Filialen gegründet, dann auch in Prag und Budapest, und die Zentrale wurde nach Luxemburg verlegt. Mit dem Kauf der BHF-Bank katapultierte der gierige Graf seine Bank zur größten Privatbank Europas. Immobilienprojekte wurden hochgezogen, brachten aber nur eine kurzzeitige Blüte. Die Bank gründete mit Argantis und Triton zwei deutsche »Private Equity«-Gesellschaften und kaufte gutgehende mittelständische Firmen auf. Nach »Heuschrecken«-Art sollten sie »restrukturiert« und nach wenigen Jahren weiterverkauft oder an die Börse gebracht werden. Arbeitsplätze wurden abgebaut, den gekauften Firmen hohe Schulden aufgebürdet. Inzwischen ging der größte deutsche Hersteller von Fertighäusern, Kampa, in die Insolvenz. Beim Fensterhersteller Weru sollen jetzt 150 Beschäftigte entlassen werden. Für die eigenen Manager wird freilich gut gesorgt. Als die Kaufhauskette Karstadt mit dem Hauptaktionär Oppenheim in die Pleite ging, durfte sich Vorstandschef Middelhoff vorzeitig davonstehlen und wurde mit einem »Sonderbonus« von 2,3 Millionen Euro belohnt. Anderen. die für Oppenheim nicht so wichtig sind, geht es weniger gut. In der High Society des Rheinlands hatte es lange geheißen: »Wer dazugehören will, muß sich von Oppenheim bescheißen lassen.« Zuletzt aber liefen immer mehr Vermögende davon, so Heinz-Horst Deichmann. Machtsicherung und Nähe zur Politik waren bei Oppenheim immer ein wesentlicher Teil der Geschäftstätigkeit. In der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik waren die Oppenheims genau so aktiv wie in der »Atlantikbrücke«. Pferdmenges als Berater des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer hatte zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie für die heimliche Bespendung der Regierungsparteien CDU, CSU und FDP gesorgt. Kohl bekam unter der Hand 1,3 Millionen DM. Auch der rechte Rand gehört traditionell zur Familie. So wirbt jetzt die Junge Freiheit um Spenden für die »Förderstiftung konservative Bildung und Forschung« des 2009 verstorbenen Caspar von Schrenck-Notzing (Criticon), das Stiftungskonto wird bei der Bank geführt. Die größte Einzelspende für Angela Merkels Wahlkampf 2005 kam von Oppenheim. Als sich die Bankenretter der Bundesregierung Anfang Juli nach kurzer Prüfung »entsetzt« über den finanziellen Zustand der Bank zeigten und von einer »staatlichen Rettungsaktion in den nächsten Tagen« sprachen, läuteten bei den Wächtern des Privateigentums die Alarmglocken. Im Bundeskanzleramt war klar: Oppenheim darf nicht untergehen. Aber wie sollte die bespendete Kanzlerin Angela Merkel den Wahlschäfchen erklären, daß die Bank der Superreichen mit Steuergeld gerettet wird? Wie könnte die staatlich geschützte Hängematte für Oppenheim aussehen? Die Deutsche Bank, ohnehin Hauptprofiteur der staatlichen Bankenrettung, ergriff die Gelegenheit. Heute überleben und gewinnen nur noch Banken, die mit dem Staat auf du und du sind. Daß die Praktiken der Privatbanken dabei vollständig untergehen, ist allerdings nicht zu befürchten, sie finden nur ein neues Dach. Für kurzzeitige Irritation sorgte in diesen Tagen die Meldung, daß in der Tochterbank BHF iranische Staatsgelder in Milliardenhöhe liegen. Die Deutsche Bank hatte auf US-Druck hin ihre Irangeschäfte radikal reduziert. Wird der große Bruder etwa deswegen die Rettung der mit Israel so eng liierten Bank behindern wollen? Warum sollte nicht umgekehrt die Deutsche Bank interessiert sein, auch und gerade diese Verbindungen fortzusetzen? Von Werner Rügemer erschien im Nomen Verlag in zweiter geschwärzter Ausgabe »Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred Freiherr von Oppenheim«.
Erschienen in Ossietzky 17/2009 |
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