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Hat ein paar Jahre noch gedauert und war 89 auch pleite, war 89 pleite.« Wie gesagt, der Hut ist alt, so alt wie die Verleumdung der DDR, wurde also dem Publikum seit deren Gründung häufig vorgezeigt. Auch Knopp, Leiter der ZDF-Redaktion »Zeitgeschichte«, hat ihn schon immer gern getragen, auch als er im Oktober 2005 dem vom Bundestag herausgegebenen Wochenblatt Das Parlament ein Interview gab, das sinnigerweise die Überschrift »Wir legen viel Wert auf Authentizität« trug. Mit seiner authentischen Behauptung befindet er sich in völliger Übereinstimmung mit dem Hutträger, dem die Hauptverantwortung für die »Aufarbeitung der SED-Diktatur« obliegt: Rainer Eppelmann wiederholt bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit, daß »die DDR am Ende zahlungsunfähig und pleite war«. Noch einmal zum Hut: Er ist nicht nur alt, er ist auch verbeult, voller Löcher, ein echter Lügenhut. Um so verwunderlicher ist es, daß Politiker der Linken in den häufigen Talkshows, die veranstaltet werden, um eine angeblich drohende Verklärung« der DDR zu bekämpfen, dazu schweigen oder höchstens müde reagieren. In der Kritik an der kapitalistischen Bundesrepublik sind sie neuerdings ein wenig schärfer geworden, in der Verteidigung der frühsozialistischen DDR dagegen bleiben sie, von Ausnahmen abgesehen, merkwürdig schwach. Auch der ansonsten schlagfertige Gregor Gysi, mit Knopp Gast bei Maischberger, hat die Lügen des Geschichtsapostels unwidersprochen hingenommen. Schon deshalb ist es angebracht, wieder einmal auf die angebliche Pleite der DDR, worunter gemeinhin ihre Zahlungsunfähigkeit verstanden wird, einzugehen: Die DDR hatte tatsächlich eine beträchtliche Schuldenlast zu tragen. Sie war jedoch an keinem einzigen Tag ihrer Existenz zahlungsunfähig. Die Behauptung, daß der von Franz Josef Strauß 1983 eingefädelte Milliardenkredit (eine Milliarde und nicht »Milliarden«) die DDR vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet habe, ist falsch. Sie verkennt sowohl Strauß’ politische Absichten (ihm ging es um die Ausweitung des Handels zwischen den beiden deutschen Staaten) als auch die Finanzlage der DDR. Die nach damaligem Kurs 350 Millionen Dollar waren weniger als ein Fünftel des Guthabens, über das die DDR zu diesem Zeitpunkt laut der Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich verfügte. Trotzdem war der Kredit, der nicht einmal ausgeschöpft wurde, willkommen, erhöhte er doch den Ruf des Landes als kreditwürdiger Wirtschaftspartner. 1989 erreichte laut der Deutschen Bundesbank die Nettoverschuldung der DDR gegenüber westlichen Valutaländern 19,9 Milliarden Valutamark, was zum damaligen Kurs einer Dollarsumme von zwölf Milliarden entsprach. Nach der gleichen Quelle machte der Schuldendienst 13 Prozent des Exports in das westliche Ausland aus – eine schwere, aber tragbare Bürde. Die im sogenannten Schürer-Papier, einer vom Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission der DDR im Oktober 1989 für das SED-Politbüro angefertigten Analyse, die von den Pleiten-Dichtern mit Vorliebe angeführt wird, angegebene Summe von 49 Milliarden Valutamark ist falsch. Sie kam dadurch zustande, daß die außerordentlich hohen Guthaben und Reserven der von Alexander Schalck-Golodkowski geleiteten Behörde Kommerzielle Koordinierung aus nicht nachvollziehbaren Staatsgeheimnisgründen nicht berücksichtigt wurden. Neben den genannten Schulden hatte die DDR gegenüber ihrem Hauptwirtschaftspartner Sowjetunion und anderen Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) Guthaben von 3,6 Milliarden DM angehäuft, die der bundesdeutsche Finanzminister Theo Waigel nach dem Anschluß großmütig auf seinen Konten verbuchte. Pro Kopf der Bevölkerung betrugen 1989 die Auslandsschulden der DDR 760 Dollar. Selbst wenn die höchst fragwürdigen, von Waigel diktierten Kriterien für die internen Schulden des Staatshaushaltes zur Grundlage genommen werden, betrug die innere und äußere Verschuldung pro DDR-Bürger 5.298 DM gegen-über 16.586 DM pro BRD-Bürger, also nicht einmal ein Drittel. So viel zur finanziellen »Pleite« der DDR. Als Erinnerungsstütze könnten die angeführten Fakten gelegentlich nützlich sein, wenn Illner, Will, Maischberger, Plasberg und andere immer mal wieder zur DDR-Debatte rufen und zufällig auch ein Linker dabei sein darf, dem sie allerdings bekannt sein sollten. Übrigens: Der untergegangene ostdeutsche Staat hatte in den 1980er Jahren schwer an seiner Valutaverschuldung zu tragen, jede Valuta-Mark mußte unter komplizierten Bedingungen über den Export erwirtschaftet werden. Im Unterschied zum damaligen westdeutschen und heutigen gesamtdeutschen Staat verfügte sie über keine flink arbeitende Notenpresse zum Druck schöner konvertibler Geldscheine und Schuldverschreibungen. Um allein den bankrotten Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) zu retten, mußte Finanzminister Peer Steinbrück der Bank bekanntlich mit staatlichen Garantien und Kapitalhilfen von 102 Milliarden Euro zur Seite springen, immerhin das Zehnfache dessen, was der »Pleitenstaat« DDR an Valutakrediten zu tragen hatte und regelmäßig mit Zins und Zinseszins zurückzahlte. Mitte Juni des Jahres näherte sich die Schuldenuhr in Wiesbaden der Summe von 1.600.000.000.000 Euro, umgerechnet 3,13 Billionen DM, weit mehr als das 150fache der Auslandsverschuldung des Staates, der 1989 laut Knopp und seinesgleichen »pleite« war. Nach der Elle, mit der die DDR gemessen wird, ist die Bundesrepublik längst bankrott.
Erschienen in Ossietzky 13/2009 |
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