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Jetzt erweist sich US-Präsident Obama als grausamer Warlord wie sein Amtsvorgänger Bush, und das war leicht vorauszusehen. Schon am 1. August 2007 demonstrierte Obama im Washingtoner Woodrow-Wilson-Center sein rechtsstaatsfernes Verständnis vom wünschenswerten Umgang mit »Terroristen«: »Wenn wir brauchbare Erkenntnisse haben, daß es dort (gemeint: Pakistan) hochrangige Terrorismusziele gibt und (der damalige, inzwischen gestürzte) Präsident Musharraf will nichts unternehmen, dann handeln wir selbst« (»If we have actionable intelligence about high-valued terrorist targets and President Musharraf will not act, we will« (Washington Post, 2.8.07, S. 1). Obama weiter: Die USA würden unter seiner Präsidentschaft »getarnt, beweglich und lebensgefährlich in ihrer Fähigkeit sein, Terroristen zu fangen oder zu töten« (»stealth, agile, and lethal in its ability to capture or kill terrorists«). Er werde nicht zögern, zu militärischer Gewalt zu greifen. Der weltweit (außer in Deutschland) vielbeachtete brasilianische Publizist Pepe Escobar, der jahrelang aus Asien für namhafte internationale Blätter berichtet hat, verwendet bei der Beschreibung der US-Terrorpolitik aussagestarke Begriffe wie »Pipelinistan« und spricht ironisch von »Talibanistan« (jüngste Buchveröffentlichung »Obama does Globalistan«, Nimble Books, 2009). Er nennt die kriegsvorbereitende US-Kampagne gegen Pakistan (»... kein zuverlässiger Partner im Kampf gegen den Taliban-Terror«) eine wohlbedachte, Hysterie schürende Lügenaffäre, vergleichbar mit der »Emser Depesche«, dem »Überfall auf den Sender Gleiwitz«, dem »Zwischenfall im Golf von Tonkin«, dem »serbischen Genozid an den Albanern« oder den »Massenvernichtungswaffen Iraks«. Verbrecherische Angriffskriege würden stets so gerechtfertigt. Er widerlegt die US-Propaganda mit Fakten: Mindestens 90 der 170 Millionen Pakistaner seien Punjabis, 50 Millionen Sindhi. Beide Bevölkerungsgruppen, Rückgrat der Mittelklasse in den urbanen Zentren, seien zumeist Anhänger der säkularen Pakistanischen Volkspartei des Präsidenten Zardari. Absolut nichts hätten sie mit den Taliban zu tun. Die pakistanischen Taliban, ethnisch meist Paschtunen, nennt Escobar eine einflußlose Minderheit in einem kleinen nordwestlichen Grenzgebiet zu Afghanistan. Die Gegend sei Teil des Siedlungsraums der zumeist im benachbarten Afghanistan lebenden Paschtunen. Die »Af-Paks« (US- und NATO-Jargon) zählten kaum 10.000 Bewaffnete, die wenigsten davon Taliban-Anhänger. Sie verfügten weder über Flugzeuge, Panzer, Artillerie, motorisierte Transportmittel noch anderes schweres Militärgerät. Zu behaupten, etliche dieser unorganisierten Leichtgewichte hätten Pakistan destabilisieren und der hochgerüsteten, gegen Indien kriegserprobten pakistanischen 550.000-Mann-Armee entgegentreten können oder wollen, der sechstgrößten Militärmacht weltweit – sei lächerlich. Soweit Escobar, nach dessen Ansicht nichts darauf hindeutet, daß die pakistanischen Taliban Mittel, Fähigkeiten und Absichten hätten, irgend ein Ziel außerhalb Afghanistans oder Pakistans anzugreifen und überhaupt irgendwie zum »internationalen Terrorismus« beizutragen. Escobar: »Ein Mythos.« Die Unterstellung, die Taliban könnten die Geheimcodes zu Pakistans Atomwaffenarsenal knacken (am 6. Mai wieder von Klaus Kleber im heute journal des ZDF angedeutet) - alles Quatsch. Selbst Obama hat bestätigt, die Atomwaffen Pakistans seien vorm Taliban-Zugriff sicher. In dem Gebiet, das nun auch Pakistans Armee auf US-Druck hin bombardiert, in Malakand an der Grenze zur afghanischen Provinz Kunar, stehen laut Asia Times weniger als 500 kampfwillige Mitglieder der Tehrik-e Taliban-e Pakistan (TTP). Ihr Aktionsraum liegt in Reichweite der NATO, speziell der Bundeswehr. Die pakistanische Regierung hat jene nordwestlichste Provinz, dieses »Talibanistan«, als den auf pakistanisches Staatsgebiet herüberreichenden Zipfel des vielfach größeren afghanischen Paschtunen-Stammlands vormals bedachtsam zurückhaltend verwaltet und damit Respekt und Einfluss im Nachbarstaat erworben. Vorbei. Heute töten aufgrund US-amerikanischer Pression pakistanische Soldaten die eigenen Landsleute. Die Opfer sind meist paschtunische Zivilisten, nur selten Taliban. Eine Massenflucht hat begonnen. Die Folge der Katastrophe: Islamabad verliert nicht nur den Rückhalt in der Paschtunen-Minderheit, nicht nur wertvollen Einfluß auf Afghanistan. Die Regierung bringt die Mehrheit aller Pakistaner gegen sich auf. Die systematische Destabilisierung ist Teil des geostrategischen Konzepts der USA: Das islamische Pakistan mit seiner atomar abgesicherten Rest-Souveränität ist nicht mehr als Verbündeter genehm. Die US-Regierung will in Pakistan nach Belieben schalten und walten. Obamas Wegbereiter ist schon in Islamabad: Richard Holbrooke. Ein alter Bekannter. Er gehört zur ersten Garnitur von unter Clinton und Bush herangezüchteten diplomatischen Ganoven. War für die Zerschlagung Jugoslawiens zuständig, zog die Strippen für den Georgien-Krieg, organisierte vor Jahren die Vertreibung des demokratisch gewählten Präsidenten Aristide aus Haiti und trainierte erst jüngst einen seiner Kumpane, Botschafter Goldberg für dessen Subversion in Bolivien (s. Wolf Gauer: »Brandstifter verjagt, Brand glimmt«, Ossietzky 19/08). Der Schluß ist erlaubt, daß Holbrooke die ethnischen Unterschiede in Pakistan genauso nutzt, wie er das schon in Jugoslawien machte: Menschen gegeneinander aufstacheln bis zum Bürgerkrieg. Teile und herrsche. Von Pakistan aus kann man die Nachbarn im Norden, China und Rußland, noch enger einkreisen und zugleich ganz Südostasien wirksamer kontrollieren – immer in dem Bewußtsein, daß in Asien die reichsten Öl-, Erz- und Wasservorkommen der Erde lagern und die meisten Menschen leben. Hier entwickeln sich die »Märkte« der Zukunft. Heiße Themen, aber die deutschen Massenmedien vermeiden es größtenteils, über die Kriegspolitik der USA, Deutschlands und ihrer Verbündeten zu berichten. Stattdessen belästigen sie uns mit Dauergewäsch über Wiederaufbauhilfe der Bundeswehr in Afghanistan.
Erschienen in Ossietzky 10/2009 |
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