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Weil Ihnen Unrecht geschehen ist, das wiedergutgemacht werden muß, haben Sie im Bundestag gegen die Anerkennung der heutigen polnischen Westgrenze gestimmt. Was rechtens ist und was nicht, liegt eben immer daran, wer vertreibt und wer vertrieben wird. Wenn Sie zum Beispiel immer wieder der deutschen Teile-und-herrsche-Politik auf dem Balkan zustimmen, die schon Millionen Menschen zu Vertriebenen gemacht hat, kann diese Politik nur rechtens sein, schon weil sie deutsch ist, und diese Vertriebenen dürfen nicht Vertriebene genannt werden, nicht wahr? Und wenn in Berlin, wie Sie es gefordert haben, ein »Sichtbares Zeichen« gegen Vertreibung errichtet wird, dann jedenfalls nicht aus Mitleid mit den aus Kroatien und Kosovo vertriebenen Serben, die schon im ersten und zweiten Weltkrieg auf der Gegenseite gestanden hatten. In Ihrem konsequenten Kampf um Gerechtigkeit zwischen den Völkern werden Sie als deutscher Herrenmensch sich von niemandem beirren lassen, schon gar nicht von den Polen. Elmar Brok, Europa-Parlamentarier (CDU), jetzt auch Historiker. – Ausgerechnet in Ihrer Heimat regt sich Protest gegen militärische Ambitionen: Die Briten wollen den Truppenübungsplatz Senne ausbauen und dort »Kampfdörfer« errichten, damit die Soldaten lernen, wie man mit unterentwickelten Gegnern umgeht – am Hindukusch und sonstwo. Den Anrainern des Geländes ist dabei nicht wohl. Nun haben Sie über das Westfalen-Blatt beruhigend erklärt, »die militärische Nutzung der Senne seit Kaisers Zeiten und seit dem Zweiten Weltkrieg unter Federführung der Briten« habe »vielen Menschen Arbeit und Wohlstand gebracht«. Wir wollen Ihre Geschichtslektion etwas veranschaulichen: In der Senne wurden Soldaten für den Ersten und den Zweiten Weltkrieg trainiert, Kanonen und Panzer ausprobiert, und seit einigen Jahrzehnten wird dort für NATO-Einsätze geübt. Arbeit hat das allemal gebracht, allerdings hat so mancher der einst dort Ausgebildeten nicht lange überlebt. Auch Wohlstand war und ist dabei herausgekommen, wenngleich nur selektiv: bei höheren militärischen Chargen und bei Rüstungsindustriellen. Aber so weit in die Einzelheiten, werden Sie gedacht haben, muß man bei historischen Belehrungen nicht gehen. Philipp Mißfelder, oberster Jungunionist. – Mit ihrer Äußerung, die Erhöhung des Hartz-IV-Geldes bedeute »einen Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie«, haben Sie Empörung geweckt, auch in Ihren eigenen politischen Reihen: So dürfe man doch nicht über »sozial Schwache« reden. Aber auch Anerkennung für Ihr »polemisches Talent« haben Sie gefunden: »Aus der fahlen Schar von Männern, die um das Frauentriumvirat aus Merkel, von der Leyen und Schavan herumgruppiert wurde, sticht Mißfelder weitgehend mühelos heraus«, hieß es in der Welt am Sonntag. Wir nehmen an, daß Sie als Mitglied des Deutschen Bundestags neben der Staatskasse auch die Volksgesundheit im Auge hatten, als Sie Neigungen von Arbeitslosen zu Nikotin und Alkohol anprangerten. Allerdings müßten Sie Ihr Anliegen verallgemeinern; zum Beispiel wäre eine Kürzung der Abgeordneten-Diäten fällig, denn auch im Parlament gibt es RaucherInnen und, wie man hört, Alkoholkonsumenten, sogar solche, die für kostspielige Angebote dieser Branche anfällig sind. Schluß mit der Verschwendung öffentlicher Mittel durch Alimentierung gesundheitsgefährdender Gewohnheiten unter VolksvertreterInnen – diese Idee stellen wir Ihnen gern zur Verfügung. Detlef Wetzel, vergeßlich. – Als Vize-Vorsitzender der IG Metall haben Sie – Ankündigungen von Thyssen-Krupp-Stahl aufgreifend – von Insolvenz nicht bedrohte Großunternehmen davor gewarnt, Stellenabbau zu betreiben: »Es kann nicht sein, daß mit dem Streichen von Arbeitsplätzen das Gewinnziel erreicht werden soll.« Wenn so etwas vorkomme, würde die Republik »soziale Unruhen erleben«. Kann es sein, daß Sie nicht mehr in Erinnerung haben, worüber doch schon in Grundkursen Ihrer Gewerkschaft für ehrenamtliche Funktionäre informiert wird: Eine Methode von Unternehmen (nicht die einzige), Profitmargen zu halten oder zu steigern, besteht darin, die Arbeit zu verdichten oder die Arbeitszeit auszudehnen (ohne Lohnausgleich), um Arbeitsplätze abzubauen und so die Lohnkosten zu senken. Nicht Sadismus ist es, der da wirksam wird, sondern ganz normales kapitalistisches Gewinnstreben. Inwieweit dieses sich im Einzelfall durchsetzen kann, hängt auch davon ab, ob Gewerkschaften soziale Ruhe zur Arbeitnehmerpflicht erklären oder sich vielleicht statt dessen mal mit den Unternehmern auseinandersetzen.
Erschienen in Ossietzky 5/2009 |
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