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Christoph Matschie, auf ein Schröderwunder hoffend. – Aus den thüringischen Landtagswahlen, ein paar Wochen vor denen im Bund, möchten Sie als sozialdemokratischer Ministerpräsident hervorgehen, durchaus mit Hilfe der Linkspartei, und bundesweit setzen Sie auf das »Zugpferd Steinmeier«, dem Gerhard Schröder »Unterstützung« geben soll. Warum gerade der? »Er hat eine gute Politik gemacht, von seinen Reformen profitieren wir, zumal in der Krise.« Da werden Sie sich mächtig ins Zeug legen müssen, um den Wählerinnen und Wählern ein Profitgefühl mit Hilfe des Ex-Kanzlers zu vermitteln, der bekanntlich 2005 der Wahlsieger war, der gefühlte. Harald Schartau, erfolgreich. – Abgerackert haben Sie sich jahrelang genug: Gewerkschaftsführer, Arbeits- und Sozialminister unter Clement im Lande NRW, dort auch SPD-Landesvorsitzender – nun geben Sie zum Jahresende Ihren Landtagssitz auf und machen Schluß mit der Politik. Sie haben es geschafft: Sie werden Personalchef im Vorstand des Stahlkonzerns Georgsmarienhütte. Wie Sie es immer gesagt haben: Jede Arbeit ist ihren Lohn wert. Wirtschaftsrat der CDU, weiterblickend. – Sie haben sich nie gescheut, außer auf die eigene Partei auch auf die SPD Einfluß zu nehmen, zum Beispiel 1996, als Sie Gerhard Schröder zum Kanzlerkandidaten der SPD aufbauten. Nachdem Schröder in siebenjähriger Kanzlerschaft Ihre Erwartungen erfüllt und übererfüllt und die SPD ruiniert hat, machen Sie sich neue Sorgen: In Ihrem Organ trend lesen wir, daß Schröders »Agenda-Pillen der Sozialdemokratie in der Luftröhre stecken«. Und weiter: »Seine von jeder Parteitradition und jedem Parteiinteresse befreite Ich-AG im Kanzleramt hat die SPD ins programmatische Nichts katapultiert. Wohlgemerkt eine Partei, mit der man einst so etwas verbinden konnte wie ›Gewissen gegen Hitler‹, soziale Gerechtigkeit und Ostpolitik. Eine Partei, die von Adenauer bekämpft und respektiert wurde. Eine Partei, die für Stabilität in Deutschland stand und deren Berechenbarkeit ein Garant für Sicherheit war. Eine Partei, die trotz aller adenauerischen Ängste nicht nur der Gesellschaft insgesamt, sondern selbst der Wirtschaft Stabilität zu geben verstand.« Sie erinnern daran, daß die SPD einst eine »Inhaltspartei mit einem beachtlichen Anspruch zur Zukunftsgestaltung« gewesen sei, und sagen damit deutlich, was der Partei verloren gegangen ist, schon bevor die Mitglieder- und Wählerbasis schrumpfte. Nun sind Ihre Sorgen zwar nicht unsere Sorgen, aber wir müssen Ihnen recht geben, wenn Sie befürchten: »so einfach zu ersetzen ist eine SPD nun wahrlich nicht«. Von heute auf morgen werden Sie das nicht schaffen. Aber wir wissen, daß Sie viele Möglichkeiten haben. Deutsche Polizei.– Was kümmert es Sie, daß vor dem Landgericht Dessau offenkundig wurde, wie Sie mit Lügengeschichten eine rechtsstaatliche Wahrheitsfindung verhindert haben? Hauptsache, nicht wahr, die beiden angeklagten Beamten wurden freigesprochen – als hätten sie mit dem qualvollen Feuertod des in einer polizeilichen Haftzelle an Händen und Füßen gefesselten Afrikaners Oury Jalloh gar nichts zu tun gehabt, wie der Hauptangeklagte zuvor schon mit dem Tod eines Obdachlosen in derselben Zelle nichts zu tun gehabt haben will. Der Korpsgeist hat mal wieder gesiegt, und die Freigesprochenen können nun befördert werden wie einst Karl-Heinz Kurras in Berlin, der Benno Ohnesorg von hinten erschossen hatte, wie der hannoversche Polizeischütze, der den minderjährigen Kurden Halim Dener ebenfalls mit einem Schuß in den Rücken getötet hatte, oder wie der frühere Frankfurter Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner, der einen Verdächtigen mit der Folter bedroht hatte. Und Ihre politischen Auftraggeber werden keine Bedenken haben, Sie mit immer neuen Vollmachten auszustatten (s. BKA-Gesetz). Aber wer soll Ihnen noch glauben, Sie seien dazu da, Leib und Leben zu schützen? Oder gibt es bei Ihnen kritische, wahrhaftige, mutige Beamte? Bitte melden! (Ein ausführlicher Prozeßbericht des Ossietzky-Mitherausgebers Rolf Gössner ist im Internet bei Pro Asyl abrufbar.) Daniel Anrig, Kriminalbeamter im Schweizer Kanton Glarus. – Man erinnert sich: Im Juli 2003 wurden Sie über die Schweiz hinaus bekannt, nachdem Sie mit einer Spezialeinheit in Asylbewerberheime eingedrungen waren, die Menschen dort entkleidet, gefesselt und ihnen einen Stoffsack über den Kopf gestülpt, kurz, Freiheitsberaubung betrieben hatten, wie Ihnen ein Richter später attestierte. Trotz dieser Aktion, in deren Verlauf sich ein Jugendlicher aus dem Fenster stürzte und bleibende Rückenverletzungen erlitt, war es für Sie keine »Überraschung, sondern vielmehr eine große Ehre«, daß Papst Benedikt XVI. Sie jetzt zum Kommandanten der Schweizer Garde, seiner Leibwache, berufen hat. Es ist auch für uns keine Überraschung. Die Kurie hat in ihrer langen Geschichte schon oft solche Menschen wie Sie in ihren Dienst gestellt. Peter Maiwald, (8.11.1946–1.12.2008). – Wir behalten Sie als einen empfindsamen und klugen Autor in Erinnerung, der in seinen unter dem Titel »Waterloo« in Ossietzky veröffentlichten Epigrammen Freude an der Dialektik vermittelte, auch wenn ihm weh ums Herz war: »Das Unrechtsbewußtsein, das jeder hat: Die anderen sind schuld.« – »Wenn Gutsein Gewinn brächte, bestünde die Welt aus Mitleidsbanken, Caritaskonzernen und Mitmenschlichkeitstrusts.« – »Die Freiheit endet, wo der Markt sie nicht mehr hergibt.« – »Die das Rennen machen, rennen nicht selbst.« – »Eine Gesellschaft, in der Hilfeschreie für ein Happening, Notrufe für einen Event und Elend für einen Trick der versteckten Kamera gehalten werden.« – »Was, wenn die Fernsehzuschauer künstlich wären und das Fernsehen echt?« – »Ich liebe den St. Nimmerleinstag! An dem wird alles anders.« Katrin Lange, beehrt mit dem Deutschen Kindertheaterpreis 2008. – Wir gratulieren unserer Autorin. Jo Schwarz, china-observer.de. – Als verantwortlicher Redakteur haben Sie klargestellt, daß Ihre Internetseite nicht, wie in Ossietzky zu lesen war, von der Sekte Falun gong gesponsert wird, sondern für jedermann offen ist und Wert auf Neutralität legt. Wir korrigieren uns.
Erschienen in Ossietzky 25/2008 |
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