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Der Linkspolitiker Willi van Ooyen muss erklären, die Bundeswehr im »Auslandseinsatz« schieße nur unlustig und friedlich mit Marzipankugeln, die Linkspartei-Abgeordnete Wissler darf nicht mehr zitieren, was Sebastian Haffner im stern und in seinen Büchern über die Schuldigen an den Morden an Liebknecht und Luxemburg publizierte – wahrscheinlich war die Stasi der Mörder. Der Linkenhaß breitete sich als Einheitsfolge bis in die zurückgewonnenen Gebiete aus. Fragt sich nur, für wie dumm diese Polit-Häuptlinge ihre Wähler halten. Sollten sie damit recht haben, wird es bald zappenduster im Lande der Banalien. So beabsichtigt der sächsische CDU-Chef Steffen Flath, die »Linkspartei genauso zu behandeln wie die rechtsextreme NPD.« Dieser übersinnliche Extremismus ist nicht nur sächsischer Provinzmief. Die bajuvarische Variante begleitete den dortigen Landtagswahlkampf, die hessische Variante schwelt im Konflikt Koch-Ypsilanti, denn die Neandertaler der deutschen Rechten greifen teils aus Unwissenheit, teils aus agitatorischer Verlogenheit auf die Sumpfblüten ihrer schwarzbraunen Vergangenheit zurück. Der gemeinsame Urgrund ist mit dem 3. Februar 1933 in General von Hammersteins Berliner Dienstwohnung gegeben, wo Hitler vier Tage nach seinem Machtantritt den versammelten Reichswehrgenerälen seine Kriegspläne erläuterte. Zuerst die »Ausrottung von Pazifismus, Marxismus und Demokratie«, dann der Krieg. Das gelang ihnen bis 1945. Heute möchten sie erneut den um Pazifisten und Marxisten amputierten Staat haben. Sie trennen die linken Glieder ab, leiden an Phantomschmerz und argwöhnen linkes Nachwachsen. In Hessen personifizierte Alfred Dregger den deutschen Nationalkonflikt in seiner vielbejubelten Bundestagsrede zum Volkstrauertag 1986, als er beziehungsvoll über das Kriegsende schwadronierte: »Wer sich in dieser ausweglosen Situation dafür entschieden hat … dem Kriegsgegner bis zuletzt zu widerstehen, der hat für seine Person eine ehrenhafte Wahl getroffen.« Welche sonderbare Bedeutung der Widerstand erhält, nimmt der stolze Wehrmachtshauptmann dieses Wort in den Mund, das er bezogen auf den antinazistischen Widerstand scheute wie der Teufel das Weihwasser. Nein, der Dr. Dregger war kein Teufel, auch wenn er in seiner Volkstrauerrede fortfuhr: »Das gilt insbesondere für die Soldaten des deutschen Ostheeres …« Im letzten Kriegsjahr, ab etwa dem 20. Juli 1944 verloren mehr Menschen ihr Leben als im gesamten Krieg vorher. Dregger aber wies denen Ehre zu, die »dem Kriegsgegner bis zuletzt« widerstanden. Ich widersprach ihm schon damals öffentlich und wiederhole das jetzt, weil seine erklärten Nachfolger von Roland Koch bis Erika Steinbach die kriegerische Obstruktions- und Konfrontations-Politik des Stahlhelms im 21. Jahrhundert fortsetzen wollen. Man täusche sich nicht. In Kürze wird es wieder um Irak, Afghanistan, Iran, Georgien und den Kaukasus gehen. Wer es mit den alten kalten Kriegern hält, wird sich bald heiße Kriege einhandeln. Soviel zu den nachwirkenden deutschen Geschichtsverbrechen. Nun zu Heiner Geißler, der in der FAZ vom 1. November seine achtbaren Argumente zum Umgang mit der Linken vorträgt. Bis die Frage lautet: »Wie kann man der Linkspartei dann beikommen?« Seine nicht erstaunliche Antwort : » … Die Linken sind ein außenpolitisches Risiko …« Kurzum, die Linkspartei würde auf Bundesebene koalitionsfähig, wenn sie sich so kriegswillig zeigte wie die SPD seit 1914. So wünschen sich deutsche Politiker ihre Linke und selbst der liberale Christenprediger Geißler artikuliert sich da wie seine Herren, indem er seinen Herrn verleugnet. Statt Schwerter zu Pflugscharen sollen Pflugscharen zu Panzern und Raketen werden. »Krieg gegen Russland?« fragt der zuständige Stratege Nikolas Busse am 3. November in der FAZ. Um Zweifel an der deutschen Kriegsbereitschaft zu zerstreuen, wird darauf verwiesen, daß vier »Phantom«-Flugzeuge der Bundeswehr »an der Überwachung des Luftraums über dem Baltikum beteiligt« seien. Und: »Das soll als politisches Signal verstanden werden, daß Deutschland den östlichen Verbündeten beistünde, käme es gegen Moskau zum Äußersten.« Man mache sich nichts vor, Oberklasse wie Militärkaste sind bereit, zum dritten Mal in denselben Fluß zu springen. Der gesteuerte Zerfall der SPD mit ihrer jüngsten hessischen Episode ist im Szenario der Vorbereitungen aufs »Äußerste« enthalten. Arnulf Baring war schon 1991 bereit. Statt um Georgien ging es um »die Stationierung von Truppen in Polen«. Zwar werde »Moskaus Reaktion unfreundlich« sein. Doch: »Das müßten wir in der Stunde der Gefahr in Kauf nehmen, wenn uns die Polen lieb sind.« Die US-Wahlen hoben Obama ins Weiße Haus. Was daraus wird, werden wir sehen. Die hessische SPD erwies sich gerade als unfähig, die Ära Koch zu beenden. Landtagsabgeordnete, die ihrer Partei in den Rücken fielen, sind keine Viererbande, sondern Querschläger einer seit 1914 von sich selbst entfremdeten Partei. Der FAZ-Artikel »Krieg gegen Rußland« verkündet das Wunschprogramm der Stahlhelmfraktionen, das in der Konsequenz lautet: Vom Dritten Reich in den Dritten Weltkrieg.
Erschienen in Ossietzky 23/2008 |
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