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Moraltheologie
Werner René Schwab
Der katholische Militärbischof Walter Mixa hat die Bischöfe aufgerufen, mehr Geistliche für die Seelsorge in der Bundeswehr abzuordnen. Zur Zeit fehlten mindestens 18 allein für den Auslandseinsatz. Mehr noch würden wohl nötig, wenn die Bundeswehr weitere Soldaten nach Afghanistan und in den Kosovo schickt. Der katholische Moraltheologie-Professor Eberhard Schockenhoff unterstützte ihn und erklärte: »Nicht mehr die Landesverteidigung steht im Mittelpunkt. Wichtiger sind die Verhinderungen von Menschenrechtsverletzungen fernab des eigenen Landes.«
Fernab des eigenen Landes mit Bomben und Raketen »Menschenrechtsverletzungen verhindern« – das ist schönste Moraltheologie, schöner noch als die »militärische Nothilfe«, von der die deutschen Bischöfe sprachen, als deutsche Bomber im Verbund mit ihren NATO-Alliierten Jugoslawien überfielen; zu den Bombenopfern dort gehörten auch Priester. Moraltheologisch läßt sich jeder Angriffskrieg zur gottgewollten humanitären Mission umdeuten, zumal Papst Benedikt XVI. im Mai vor der UNO die Berechtigung zum militärischen Eingreifen in anderen Ländern bejaht hat.
Die beiden großen deutschen Kirchen haben nicht nur ihren Militärseelsorgevertrag mit der Bundesregierung geschlossen; sie haben auch als Mitglieder des »Beirats für Fragen der Inneren Führung« Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung zugestimmt, als er kürzlich beim 50jährigen Geburtstag dieses Beirats verkündete: »Der Wertepluralismus der Gesellschaft muß womöglich mit dem eigenen Leben am Hindukusch verteidigt werden.«
Wertepluralismus ist ein besonders schönes Produkt moraltheologischer Wortschöpfung, es klingt so fromm, so jenseitig, daß man gar nicht auf den Gedanken kommt, damit könnten die Börsenwerte der Rüstungs- oder der Ölindustrie gemeint sein. Aber im Krieg ging es den Aggressoren schon immer um höher gehandelte Werte als das bißchen Leben anderer und eigener Untertanen.
Neulich beklagten Vertreter beider Konfessionen auf einer gemeinsamen Konferenz, daß die BRD zu den führenden Waffenlieferanten gehört und allein 20 Prozent ihrer Rüstungsexporte an Entwicklungsländer verkauft. Anscheinend hatten die Veranstalter versäumt. Moraltheologen einzuladen, die beispielsweise die Notwendigkeit hätten erklären können, Georgien mit deutschen Waffen von der Firma Heckler&Koch aufzurüsten, bevor es losschlug.
Moraltheologie ist das Hauptrüstzeug der Militärgeistlichen, die jetzt in größerer Zahl gesucht werden. Vor allem müssen sie gelernt haben, daß solche Gebote wie »Du sollst nicht töten« genau gegenteilig auszulegen sind. Dafür beziehen sie dann ihr Einkommen wie die Offiziere vom Staat.
Der unangenehmere, schwierigere Teil ihrer Aufgaben besteht darin, den einzelnen Soldaten beizustehen, die vom Krieg traumatisiert, demoralisiert, mangels Kriegsmoral nicht mehr kriegsverwendungsfähig sind. Das sind viele. Nicht jeder Militärgeistliche hält das lange aus. Nicht ohne Moraltheologie.
Erschienen in Ossietzky 17/2008
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