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Aus Deutschland werden nach Veranstalterberichten unter anderen der Herausgeber der rechtsextremen Theoriezeitschrift Nation&Europa, Harald Neubauer, und der nach Rechtspopulismus-Vorwürfen aus der CDU ausgetretene sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche sowie Vertreter von Pro Köln als Redner aufteten. Der Kongreß mit dem Untertitel »Nein zu Moscheebau, Nein zu Minaretten, Nein zu Muezzinruf« ist ein neuer Höhepunkt einer spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 losgebrochenen Hetze gegen Menschen muslimischen Glaubens und gegen Zuwanderer besonders aus der Türkei und dem Nahen Osten. Die immer rabiatere Islamhetze gehört zur psychologischen Aufrüstung des Westens für seine imperialen Kreuzzüge gegen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens – von Afghanistan über Palästina und den Irak bis womöglich bald zum Iran. Sie dient zugleich auch zur Begründung immer neuer »Sicherheitsgesetze«, mit denen in Deutschland und anderen westlichen Staaten demokratische Grundrechte abgebaut werden. Flüchtlinge und Migranten insbesondere aus islamischen Ländern sind generell verdächtig, terroristische Absichten mit sich zu führen, und je angepaßter und integrierter einer ist, desto gefährlicher erscheint er. Es könnte sich ja um »Schläfer« handeln. »Der Antiislamismus ist auf dem besten Wege – um ein geflügeltes Wort Thomas Manns über den Antikommunismus im 20. Jahrhundert zu benutzen –, zur Grundtorheit unseres Jahrhunderts zu werden«, so der Berliner Rechtsanwalt Eberhard Schulz (womit allerdings nicht gesagt ist, daß der Antikommunismus schon überwunden wäre). Islamophobie aus der Mitte der Gesellschaft In den Medien findet man den Islam häufig als eine gewalttätige und archaische »Ausländerreligion« dargestellt. Barbarische Verhaltensweisen wie Ehrenmorde, die ihre Ursachen in überlebten Feudalstrukturen haben, werden dem Islam oder »den Türken« insgesamt zugeschrieben. Jugendgewalt ist angeblich aus kulturell-religiösen Hintergründen zu erklären; damit erspart man es sich, die soziale Situation der Täter zu analysieren. Die Gleichung Migranten = Moslems = Extremisten durchzieht die gesamte Zuwanderungsdiskussion. Konservative Politiker scheinen sich plötzlich um unterdrückte muslimische Frauen zu sorgen – und zögern dennoch nicht, diese zusammen mit ihren Männern aus Deutschland abzuschieben. Zeitungen wie Die Welt und die Frankfurter Allgemeine geben ausgewiesenen Feministinnen Platz für Kommentare – solange diese nur prügelnde türkische oder arabische Ehemänner attackieren. Doch auch einstmals fortschrittliche Bewegungen sind vor dem Gift des Islam-Hasses nicht gefeit. Vielmehr ist Islam-Bashing heute zum politisch korrekten Rassismus selbst in Teilen der antifaschistischen, der Frauen- und Schwulenbewegung geworden. Ein Berliner Schwulenmagazin titelte provokant: »Türken raus!« Eine notwendige ernsthafte Behandlung der Thematik homophober Gewalt durch Jugendliche mit Migrationshintergrund wurde so bereitwillig Stammtischparolen geopfert. Ein weiteres Beispiel ist ein angeblich satirischer Artikel »11 Söhne« aus der sich selbst als antifaschistisch und links gebenden antideutschen Wochenzeitung Jungle World, der schlimmste sexistische und rassistische Vorurteile über Türken bedient. Da heißt es: »Zweite Sohn Orhan. Wenn er 17, ich sage: Oglum, milli olmanýn zamaný geldi; Meine Sohn, mussu nasyonal werde. Wir gehe Puff. Dort Schwuchtel in Angebot! Ich sage: Schwuchtel ficke nix schwul, aber wenn Schwuchtel dich ficke, ich deine Mutter ficke. Danach ich stolz. Gehe mit Orhan in Teehaus, rufe: Meine Sohn jetz nasyonal! Ich zahle und wir singe und tanse die ganse Nacht mit alle Mann.« Ein Ausrutscher ist das nicht. Vorausgegangen war eine ähnliche »Satire« in dem Blatt, die ebenfalls alle deutschen Stammtischklischees gegen Türken fütterte: »Alle sagen: ›Kreuzberg sehr türkisch‹, ›Kreuzberg nix Deutsch‹, ›Klein-Istanbul‹. Auch ich geglaubt das. Kollege in Türkiye, Kollege von Import-Export-Firma, hat er zu mir gesagt: ›Kreuzberg ist wie anatolisch Dorf, nur deutsche Staat zahle Kindergeld. Ich mach dich Kreuzberg!‹ Ich sofort zu Ayse und Zeynep und Safiye und Hafize gerufe: ›Alle Kinder einpacke, nix vergesse, in Kreuzberg wir braucht alle! Nur Fatma sofort verkaufe, brauche Geld für Otobüs!‹« Da werden Türken pauschal als arbeitsscheue Sozialschmarotzer diffamiert, wie wir es sonst nur aus der Presse der neofaschistischen Deutschen Volks-Union (DVU) gewohnt sind. Nur unwesentlich zivilisierter gibt sich der Spiegel-Journalist Henryk M. Broder als einer der führenden moslemfeindlichen Polemiker im Land. In seinem auch von der Bundeszentrale für politische Bildung vertriebenen Buch »Hurra, wir kapitulieren!« läßt Broder kaum ein antimuslimisches Klischee aus. Broder warnt vor der »Islamisierung« Europas und vor den »1,5 Milliarden Moslems in aller Welt, die chronisch zum Beleidigtsein und unvorhersehbaren Reaktionen neigen«. Diese pauschale Verunglimpfung einer ganzen Religionsgruppe hinderte den Innenausschuß des Bundestages nicht daran, Broder auf Initiative der »Extremismus-Expertin« der CDU/CSU-Fraktion, Kristina Köhler, als Sachverständigen zur Anhörung über das Thema »Antisemitismus in Deutschland« einzuladen. Die Abgeordnete Köhler hatte zuvor bereits den CDU-Arbeitskreis »Extremismus und Islamismus« konstituiert. Zu Recht schreibt der Journalist Knut Mellenthin: Broders »Teilnahme an dieser Anhörung setzt, vielleicht unbeabsichtigt, ein fatales Signal: daß der deutsche Bundestag die Verunglimpfung von Menschen, Gruppen, Staaten und Religionsgemeinschaften nicht grundsätzlich und gleichermaßen ablehnt, sondern sie sehr unterschiedlich beurteilt – je nachdem, gegen wen sie sich richtet. Das ist geeignet, insbesondere bei jungen Moslems das Mißverständnis zu fördern, die Bekämpfung des Antisemitismus gehe auf ihre Kosten, und Widerwillen dagegen zu produzieren.« Anti-Islam-Parteien Vorreiter der Anti-Islam-Parteien ist die 1996 von ehemaligen Mitgliedern der rechtsextremen Liga für Volk und Heimat, der NPD und der Republikaner gegründete Bürgerbewegung Pro Köln mit ihrer Kampagne gegen einen Moscheebau in Köln-Ehrenfeld. Ausgehend vom Kölner Vorbild gründete sich die Partei Pro NRW mit Ablegern in rund einem Dutzend nordrhein-westfälischen Kommunen. Als Anti-Islam-Partei hofft Pro NRW bei der Kommunalwahl 2009 die Rathäuser zu erobern. Ebenfalls ausgehend von Pro Köln besteht seit 2005 eine Bürgerbewegung Pro Deutschland als bundesweiter Dachverband der Pro-Gruppierungen unter dem Vorsitz des Kölner Ratsherren Manfred Rouhs. Pro München zum Beispiel machte im bayerischen Kommunalwahlkampf im Winter 2008 Stimmung gegen den Neubau einer Moschee im Stadtteil Sendling, und in Berlin verteilten Pro-Deutschland-Anhänger Flugblätter gegen den Bau einer Moschee in Charlottenburg. Wo keine neuen Moscheen geplant seien, werde gegen die bestehenden gekämpft, erklärte Pro-NRW-Funktionär Markus Beisicht. Der im März 2008 zu Pro Köln übergelaufene langjährige CDU-Ortsvorsitzende und frühere Vize-Bezirksbürgermeister in Köln-Ehrenfeld, Jörg Uckermann, sieht ein »sofort abrufbares Potential von bis zu 25 Prozent der Wähler für einen rechtspopulistischen Politikansatz«. Wichtig sei es, dafür mit den Medien zu spielen, man müsse »Stimmungen aufgreifen und kanalisieren«, schreibt er im rechten Strategieorgan Nation&Europa. Durch die Anti-Islam-Kampagne »greifen wir Sorgen und politische Forderungen auf, die in der einheimischen Bevölkerung absolut mehrheitsfähig sind, wie auch alle Meinungsumfragen bestätigen«. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hält einen Erfolg der antiislamischen Kampagne von Pro NRW und ähnlichen Gruppierungen für durchaus möglich; diese könnten im Westen der Bundesrepublik die NPD bei Wahlen überflügeln. Auch die rechtsextremen Republikaner, die nach dem Aufstieg der NPD im rechtsextremen Lager bereits in der Bedeutungslosigkeit verschwunden zu sein schienen, sind auf den anti-islamischen Zug aufgesprungen. Ebenso wie ProKöln beteiligen sie sich an einem im Januar 2008 in Antwerpen zusammen mit Vertretern des Vlaams Belang, der FPÖ, des Front National und Alsace d`abord gegründeten »Städte-Bündnis gegen Islamisierung«, dem laut Vlaams Belang-Chef Dewinter rechte Kommunalpolitiker aus Antwerpen, Berlin, Bologna, Brüssel, Gent, Graz, Köln, Mechelen, München, Rotterdam, Utrecht, Rom, Venedig, Lille, Straßburg, Paris, Marseille und Wien angehören. Anti-Islam-Hetze und Antisemitismus Der Hetze gegen Türken, Araber, Muslime gilt es ebenso entschieden entgegenzutreten wie dem Antisemitismus und jedem anderen Rassismus.
Erschienen in Ossietzky 15/2008 |
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