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Die »Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur« hat sie in die rechten Worte gekleidet: »2009 können die Menschen in Deutschland und Europa auf das Freiheitsjahr 1989 als zentralen, gemeinsamen Bezugspunkt in der jüngeren Vergangenheit zurückblicken. Die friedliche Revolution vollendete in Deutschland das Vermächtnis der französischen Revolution von 1789, des demokratischen Frühlings von 1848 und der deutschen Revolution von 1918/19... Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur nimmt die 20. Jahrestage der friedlichen Revolutionen und der deutschen Einheit zum Anlaß, die epochale Bedeutung dieser herausragenden Ereignisse in der deutschen und europäischen Freiheits- und Demokratiegeschichte hervorzuheben ...« Angesichts dieser welthistorischen Bedeutung nimmt es nicht Wunder, daß die Eppelmann-Stiftung unermüdlich arbeitet und ihren Veranstaltungskalender ständig erweitert. Schon 2007 hatte sie sich in einem Rundschreiben an 2380 Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie an 1831 Kommunen gewandt und dafür geworben, anläßlich der 20. Jahrestage von friedlicher Revolution und deutscher Einheit Projekte und Initiativen zu pflanzen, die 2009/2010 Früchte tragen sollen. Nunmehr zeichnet sich eine reiche Ernte ab: vielfältige Gedenkveranstaltungen, geförderte Studienprogramme, Wanderausstellungen, Umbenennung von Straßen und Plätzen sowie die Errichtung von Gedenktafeln und -steinen. Selbst ohnehin geplante öffentlichkeitswirksame Aktionen wie zum Beispiel die Bundesgartenschau 2009, die Jubiläen »175 Jahre Erste deutsche Eisenbahn« und auch die »2000. Wiederkehr der Schlacht im Teutoburger Wald« werden von einigen Ländern und Kommunen zur Revolutionswürdigung genutzt werden. Höhepunkte sollen die Geschichtsmesse »20 Jahre friedliche Revolution und deutsche Einheit« im März im thüringischen Suhl und vor allem das »Berliner Geschichtsforum 2009« bilden, das gemeinsam mit der Kulturstiftung des Bundes und anderen Aufklärungsinstutionen vorbereitet wird. Das Forum soll eine bisher »einmalige Mischung aus Fachkongreß und öffentlichem Geschichts- und Kulturfest zum 20jährigen Jubiläum der ›Friedlichen Revolution‹« sein und »an den Erfolg und die große Resonanz« des ersten Berliner Geschichtsforums von 1999 anknüpfen, auf dem so herausragende Revolutionsförderer wie Helmut Kohl, George Bush und Michail Gorbatschow zu den Ehrengästen gehörten. Natürlich werden Stasi und MfS im Gedenkmarathon einen gebührenden Platz einnehmen. Eine kleine Veranstaltungssuchmaschine der Eppelmann-Stiftung im Internet verrät unter anderem, daß im niedersächsischen Braunschweig »Der lange Arm der Stasi« diskutiert werden soll und in Sachsen »Das Stasigefängnis Bautzen II« zu besichtigen ist. Nur bei einem Suchwort ist das Ergebnis kläglich. Es lautet wörtlich: »Veranstaltungskalender – Trefferliste: Sie haben nach Suchwort Treuhandanstalt ... gesucht. Kein Eintrag erfüllt die Auswahlbedingung.« Alles was recht ist, das hat die Treuhandanstalt nicht verdient. Ausgerechnet die Institution, mit der es gelang, die Revolution siegreich zu vollenden, das verfluchte Volks- in das gelobte Privateigentum und die kommunistische Mißwirtschaft in die aufblühende kapitalistische Marktwirtschaft zu verwandeln, wird nicht gewürdigt, sondern mißachtet. Ja, kennen Eppelmann und die anderen Jubiläumsvorbereiter nicht deren Schlüsselrolle? Haben sie vergessen, was der Hauptsprecher der CDU, Dieter Schulte, in der abschließenden Diskussion zum Bericht des Treuhand-Untersuchungsausschusses im Bundestag feststellte? »Die Tätigkeit der Treuhandanstalt wird zukünftig von Ökonomen als gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Überführung einer sozialistischen Planwirtschaft in die Soziale Marktwirtschaft gewürdigt werden und als eine einmalige Leistung in die Wirtschaftsgeschichte eingehen ... In den neuen Ländern sind moderne Unternehmen und Industrieanlagen mit zukunfts- und wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen entstanden, und sie entstehen weiterhin. Sie sind deshalb in kürzester Zeit zum größten Wachstumsgebiet mit der höchsten Erneuerungsdynamik in Europa geworden.« Nun gut, den Abgeordneten Schulte aus Schwäbisch Gmünd muß man nicht unbedingt kennen. Aber was eine solche Koryphäe wie Kurt Biedenkopf argumentations- und wortgewaltig in der Parlamentsdebatte zum segensreichen Wirken der Treuhand unter anhaltendem Beifall der CDU/CSU und der FDP feststellte, das muß sich doch für alle Zeiten eingeprägt haben: »Ich bin überzeugt davon, daß das, was in den ersten vier Jahren zum Aufbau Ost, zur Privatisierung etc. geleistet worden ist, einmal als eine sehr bedeutende politische Leistung gewürdigt werden wird.« Wo bleibt sie nur, die Würdigung? Deshalb wird es höchste Zeit, den Veranstaltungsplan zum Revolutionsjubiläum mit einem Geschichtsforum »Das Wirken der Treuhandanstalt – eine einmalige Leistung in der Wirtschaftsgeschichte« zu ergänzen. Als Themen für Podiumsdiskussionen und Seminare drängen sich auf: »Die Treuhandanstalt – ›eine politische Veranstaltung‹ (Horst Köhler)«, »Wie es der Treuhand gelang, in nur vier Jahren 3.495 Betriebe mit einem minimalen Kostenaufwand von 25 Milliarden DM zu liquidieren und 2,6 Millionen Arbeitsplätze zu beseitigen«, »Die Reduzierung der Industrieproduktion eines Landes innerhalb von zwei Jahren auf ein Drittel – eine in der Welt einmalige Leistung«, »Wie Bürger von der Last ihres Prokopfanteils am Volksvermögen von 40.000 DM befreit und entschädigungslos enteignet werden können« und »Eine einzigartige wirtschaftliche Großtat – die Verwandlung eines Wirtschaftsvermögens von 600 Milliarden in einen Schuldenberg von 256 Milliarden DM«. Da die Mißachtung der verdienstvollen Treuhandanstalt bei den Feierlichkeiten zum Revolutionsjubiläum schwerlich auf Vergeßlichkeit seiner Organisatoren zurückzuführen ist, sollte endlich nach dem Vorbild der »Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur« eine »Stiftung zur Aufarbeitung der Leistungen der Treuhand« errichtet werden. Herr Eppelmann ist gewiß gern bereit, sich daran mit Mitteln aus seinem Millionenetat zu beteiligen.
Erschienen in Ossietzky 12/2008 |
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