Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Nelly MannJörg Wollenberg Die Geschichte der aus der holsteinischen Gemeinde Ahrensbök bei Lübeck stammenden Juden birgt einige Überraschungen, die der Aufarbeitung harren. Zunehmendes Interesse gilt der Familie des Viehhändlers Noah Troplowitz, der aus dem schlesischen Gleiwitz nach Ahrensbök gezogen war. Er lebte in den ehemaligen Weberkaten, der heutigen Weberstraße, als fünffacher Familienvater zusammen mit seiner getauften Ehefrau, der Schneiderin Dorothea Stegemann, und der Dienstmagd Bertha Westphal, die dort zur Miete wohnte. Die unverehelichte Dienstmagd gebar in diesem Hause am 15. Februar 1898 ein Kind weiblichen Geschlechts. Diese Emmy Johanna wuchs zusammen mit ihrer älteren Schwester im Haus des Viehhändlers auf, bis sie mit ihrer Mutter zu ihrem Stiefvater, dem Fischer Heinrich Kröger aus Niendorf/Ostsee, zog. In den zwanziger Jahren lebte sie in Berlin, lernte dort Heinrich Mann kennen und lieben und wurde als Nelly Kröger am 9. September 1939 in Nizza dessen zweite Ehefrau. Schon Joachim Seyppel hat 1979 ihren erzwungenen »Abschied von Europa« dargestellt und Nellys Geburt in Ahrensbök beschrieben. 2006 und 2007 sind Manfred Flügge und Willi Jasper in ihren Arbeiten über Heinrich Mann erneut den Spuren von Nelly Kröger nachgegangen, ohne dabei die Recherchen der jüngst erschienenen Biografie von Kirsten Jüngling über Nelly Mann berücksichtigen zu können. Im Gegensatz zu meiner Vermutung gelangt Kirsten Jüngling nach intensiven Forschungen – unter anderem über die langjährigen Freunde von Nelly, die kommunistischen Widerstandskämpfer Rudolf Carius und Rudi Flach aus Berlin – zu dem Ergebnis, nicht der Viehhändler, sondern der (namenlose) Landbriefträger aus Ahrensbök sei der leibliche Vater des späteren »Schmuddelkindes« der Familie Thomas Mann, der »schrecklichen Trulle«. War es wirklich der »Oberbriefträger« Heinrich Dohm vom Mösberg 79 oder doch Noah Troplowitz von der Weberkate, später Plöner Straße 14 in Ahrensböke? Jedenfalls handelt es sich auch bei Jüngling um begründete Vermutungen und Indizien, keineswegs um einen unwiderlegbaren Beweis. Dafür überzeugt die Biografie über Nelly Emmy Johanna Westphal, adoptierte Kröger, verheiratete Mann (1898–1944) durch eine differenzierte Darstellung, die nicht mit Heinrich Breloers Verfilmung der Familie Mann bei der Animierdame in Berliner Bars stehen bleibt, die im Exil dem Drogen- und Alkoholkonsum erlag und über die man im Haus Thomas Mann die Nase rümpfte. Kirsten Jüngling beschreibt eine ganz und gar unkonventionelle Frau, die bei aller Abhängigkeit von Alkohol und Veronal verzweifelt versuchte, ihre Würde zu wahren. Im Exil gewann sie die Achtung vieler politischer Weggefährten von Heinrich Mann, die zu antifaschistischen Kreisen gehörten und im Pariser Lutetia-Kreis für die Gründung der Deutschen Volksfront eintraten. Dazu zählten Ludwig Turek, Georg Bernhard, Wilhelm Herzog und Oscar Levy. Besonders aufschlußreich und beeindruckend ist Nellys Briefwechsel mit dem »roten Millionär« Willi Münzenberg, der schon zu Lebzeiten eine Legende war. Er gehörte mit Heinrich Mann zu den Initiatoren des Lutetia-Kreises. Bis heute wissen wir nicht, ob der Gründer des linken Presse- und Filmimperiums sich selbst erhängte oder ob die Gestapo oder sowjetische Agenten ihn im Herbst 1940 im Wald von Le Caugnet ermordeten. Am 8. März 1938, dem Internationalen Frauentag, teilte der 1939 aus der KPD ausgeschlossene Münzenberg in einem Brief an die »Liebe Frau Mann« seine Eindrücke vom Scheitern der Einheitsbewegungen im Exil mit: »Nie war jedenfalls der Gegensatz zwischen deutschen Kommunisten und Sozialisten so groß wie jetzt. Obendrein schürt man täglich die Gegensätze. Glauben Sie mir, ohne menschliche Treue und ohne Wahrhaftigkeit geht es nicht. Die Deutschen müssen erst lernen, untereinander die Treue zu halten, ehe sie dazu übergehen können, die Massen aufzurufen, ihnen treu zu sein … Ich befürchte, daß auf lange Zeit ernsthafte Einheitsbestrebungen unfruchtbar geworden sind. Ich sprach hier lange Zeit mit Feuchtwanger, der sich reizend benahm und mir jede Hilfe und Unterstützung anbot … Bitte schreiben Sie mir bald, welcher Tag Ihnen und Heinrich am besten paßt«, um das Glück noch einmal in Monte Carlo herauszufordern.
Erschienen in Ossietzky 11/2008 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |