Zur normalen Fassung

1968 und die Arbeiter - das zweite Gesicht der Revolte

Rezension

von Stefan Janson

Die soziale Bewegung, die metaphorisch auf das Jahr „1968“ verengt wird, wird in der jüngeren Vergangenheit auf eine Rebellion der Töchter und Söhne aus mehr oder minder gut betuchten, durch ihr Engagement für den Nazismus diskreditierten Elternhäusern verkürzt. Nicht nur, dass dabei vergessen zu werden pflegt, dass diese Bewegung um den ganzen Erdball lief und dabei die Grenzen zwischen westlichem Privatkapitalismus und östlichem Staatskapitalismus überschritt, vergessen wird auch gerne, dass die Arbeiterschaft mehr oder minder massiv in diesen Prozess involviert war.

Zwei Bücher geben Zeugnis von diesen eher unterbelichteten Aspekten einer revolutionären Bewegung, der die heutige Linke einen guten Teil ihrer Lebendigkeit verdankt und die wichtige Fragen thematisiert hat, die heute nach wie vorher objektiv einer Lösung harren. Wir leben immer noch in einer Warengesellschaft, unsere Subjektwerdung vollzieht sich unter den Bedingungen der Entfremdung, Geschlechterdemokratie ist immer noch eine Tagesaufgabe, ökologisch verträgliches Wirtschaften und international solidarisches Handeln stehen auf der Agenda, Frieden und Gewaltfreiheit sind weit entfernt davon, realisiert zu sein.

I. 1968 und dann? – Erfahrungen, Lernprozesse und Utopien von Bewegten der 68er-Revolte

„1968“ ist nicht nur eine Metapher für eine Studenten- und Befreiungsbewegung. Teil einer internationalen und blockübergreifenden Bewegung für diese Ziele war in vielen Ländern auch eine Basisbewegung von Arbeitern und Gewerkschaftern, die in die traditionelle, organisierte Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung hinein wirkten. Damit und insbesondere mit den bleibenden Spuren der Revolte in den einzelnen Lebensläufen und Organisationsgeschichten beschäftigt sich das Buch von Gester/Hajek.

Es geht Gester/Hajek darum zu zeigen, „dass die sozialen außerparlamentarischen Bewegungen der letzten Jahrzehnte trotz aller Verzerrungen und Verirrungen durch Bedürfnisse nach persönlicher und sozialer Emanzipation gespeist wurden, die sich ständig an Grenzen rieben, die der Kapitalismus und eine entwürdigende parlamentarische Repräsentationskultur diesem Interesse gesetzt hat und setzt.“ (Gester/Hajek, S. 16). Dass diese Bewegung tatsächlich ihre Fortsetzung gefunden hat, spricht Archibald Kuhnke in seinem Beitrag an: „Zapatisten, buntes Antiglobalisierungsvolk, kämpferische Gewerkschafter, Bauern, die die Chemisierung verweigern, religiöse Egalitäre, Anti-Modernisierer, Gegner der Privatisierung allen Biologischen – oh, ja, wir Veteranos fühlen uns bei ihnen gut aufgehoben in Hegels dreifachem Sinne.“ (S. 29) Eine Neue Linke wird es sich nicht leisten dürfen, hinter diese Erfahrungen aus der 68er-Bewegung zurückzufallen.

Durch die Ausführungen der zumeist aus der Betriebs- und Gewerkschaftslinken stammenden Autoren im Band von Gester/Hajek zieht sich die Skepsis, ob oppositionelle Betriebs-, Betriebsräte- und Gewerkschaftsarbeit eine tragfähige Basis für sozial emanzipatorische Bewegungen sein kann. Dort, wo sich die Linke in Betriebsräten und Gewerkschaften auf eine Rolle als Co-Management einläßt, spaltet sie die Belegschaften wegen ihrer Orientierung auf Standortkonkurrenz und Ausgrenzung sozial benachteiligter Belegschaftsteile. Die Entlassung von Zeitarbeitern bei BMW z. B. regt zur Zeit weder die „linke“ IG Metall noch die Betriebsräte dort besonders auf, dabei trifft es dort die schwächsten Teile der Arbeiterschaft.

Wo sie den eigenen Anspruch auf oppositionelle Arbeit ernster nehmen, beschreiben die Betriebslinken ihre Situation fast durchweg als Stellvertreter für eine im Großen und Ganzen passive oder auf eine Zuschauerrolle fixierte Arbeitnehmerschaft und klagen, zudem personell und strukturell überlastet zu sein. Georg Wolter spricht in diesem Zusammenhang von „würdelosen Lohnarbeiterrealitäten“ (S. 65): „Ein Verharren in der Negation, in der ausschließlichen Zuspitzung von Konflikten im Betrieb schafft keinen Aufbruch. Trotzdem ist beides notwendig: in aller Eindeutigkeit die Konfliktlinien beschreiben, gleichzeitig aber auch der Frage nachgehen, was menschliches Leben ausmacht und wo Veränderungen vorweggenommen werden können“ (S.73). Insoweit kann eine Verkürzung politischer Arbeit auf das Vertreten ökonomisch berechtigter Forderungen der Arbeiter- und Unterklassen nicht zu einer Bewegung sozialer Emanzipation führen. Sehr viele der Berichte münden denn auch in der Suche nach befriedigenderen politischen Arbeitsfeldern außerhalb der Betriebe.

Eine andere Erfahrung, die alle Autoren teilen, ist die mit dem Mummenschanz der ML-Bewegung. Es ist bis heute erstaunlich, wie sich die Antiautoritären der Jahre um „68“ in Windeseile zu disziplinierten Kadern für eine proletarische Revolution in den Gewändern der 20er und 30er Jahre verwandelten und sich in aktivistischen Sekten Schlachten um die Hegemonie über eine eher ablehnende bis amüsierte Arbeiterschaft schlugen. Robert Schlosser schreibt zu diesem Transformationswunder unter der Überschrift „Im Irrgarten des Marxismus-Leninismus“: „Es begann also der bereits angesprochene historische Mummenschanz, bei dem sich besonders die neuen Parteien der Arbeiterklasse hervortaten. Heute meine ich, dass dieser Übergang nur möglich wurde durch die Projektion des eigenen Anti-Autoritarismus auf die chinesische Kulturrevolution. Die Kulturrevolution wurde das Bindeglied für den Übergang zum Marxismus-Leninismus. In ihr schien sozusagen der eigene Anti-Autoritarismus unter richtigen Vorzeichen (‚Führung durch das Proletariat‘) aufgehoben.“ (S. 130) Diese Transformation war schon Niederlage von „1968“, denn an die Stelle der Entwicklung genuin eigenständiger Organisationsformen, die das Erbe von „1968“ aufgehoben hätten, trat überwiegend die farcenhafte Wiederholung der Niederlagenkonzepte der traditionellen kommunistischen Linken. Die Verheerungen, die diese Wiedergänger des Stalinismus bei den beteiligten Individuen angerichtet haben, werden gut sichtbar. Häufig genug blieb den einem rigiden Organisationsalltag Unterworfenen nur die Entpolitisierung als letzter Ausweg aus diesen Sektenzusammenhängen.

In 17, meist lebendig und authentisch geschriebenen Beiträgen gelingt es, dass Anliegen darzustellen, das Hajek in seinem Nachwort „Das Erbe von ‚1968‘ in der aktuellen Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung“ so formuliert: „Sie (die jungen Militanten der französischen SUD – d. A.) kommen nicht aufgrund der ideologischen Anziehungskraft, sondern gerade wegen der überzeugenden praktischen und phantasievollen Aktivitäten der Gewerkschaftsaktiven in den Streikbewegungen, und vor allem auch wegen ihrer Alltagspraxis. Sie erleben die GewerkschafterInnen nicht mehr als Parolen ausgebende Agitatoren, als Träger der Wahrheit, sondern als ideen- und einfallsreiche Individuen. Durch die Vorstellung unserer Buchautoren wollen wir dokumentieren, dass es auch hier in Deutschland solche ansteckenden Sozialcharaktere gibt, die zusammen mit anderen Träger sozialemanzipatorischer Bewegungen sind und an ihrer Vernetzung arbeiten.“ (S.154f).

Es wird viel daran liegen, das kritische Potenzial, das in diesem bereits 2002 erschienenen Buch gegenüber den herkömmlichen Organisations- und Aktionsformen der linken und Gewerkschaftsbewegung ausgebreitet ist, aufzubewahren als Einspruch gegen autoritäre Formierungsversuche – von welcher Fraktion auch immer.

II. 1968 und die Arbeiter; Studien zum ‚proletarischen Mai‘ in Europa

In dem Band von Gehrke/Horn geht es nicht um die doch eher punktuellen, persönlichen Sichtweisen von Akteuren der Sozialrevolte sondern um einen historischen und internationalen Überblick. Gemeinsam ist beiden Aufsatzsammlungen unterschiedlicher Autorinnen und Autoren der „arbeiterliche Blick“. Dazu schreiben Gehrke/Horn in ihrer Einleitung: „(Die) These ist, dass die Arbeiterschaft eine Rolle in den sozialen Kämpfen dieser Jahre in fast allen Ländern Europas ausübte“, doch „stehen Wissenschaftler (aber auch Aktivisten), die sich für die Beteiligung von Arbeitern an diesen Auseinandersetzungen interessieren, bisher immer noch vor fast leeren Bücherregalen zu diesem Komplex“. (S.13) Als Anliegen formulieren sie:

„Denn in einer Zeit, wo arbeiterlicher Widerstand meist mit Rückzugsmanövern in Verbindung steht, ist es dringend nötig, die kollektive Erinnerung an eine Zeit wieder ins Bewusstsein zu rücken, in der zahllose Arbeiter mit starkem Selbstbewusstsein Kapital und Staat gegenübertraten, weil sie einer Zukunft entgegen sahen, die nicht nur von erbitterten Kämpfen gezeichnet schien.“ (S.24)

Das Selbstbewusstsein dieser Arbeiterbewegungen gründete sich vor allem auf den Glauben an ihre eigene Kraft und schloss für große Minderheiten auch Vorstellungen von Arbeiterkontrolle und Arbeiterselbstverwaltung ein. Weshalb in einer Zeit, in der die Lohnabhängigen ihre Fähigkeiten in einer Kompetenzrevolution bislang unbekannten Ausmaßes ausgeweitet haben, sich in und von ihren Organisationen selbst im Konkursfall auf Co-Management und symbolischen Widerstand abdrängen lassen, dass wäre angesichts der Forderungen von „1968“ eine Untersuchung wert. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss die Frage erlaubt sein, ob die sozialen Bewegungen damals nicht sehr viel weiter waren als heute: „In den meisten westeuropäischen Ländern, aber auch in Nordamerika, waren die Zielpunkte sozialer Kritik die zunehmende Tendenz zur Hierarchisierung dieser Gesellschaften sowie die Vormachtstellung von als überflüssig und kontraproduktiv angesehenen Obrigkeiten, Amtsinhabern und Autoritären schlechthin“ (S.33).

Peter Birkes Studie über den „Eigen-Sinn der Arbeitskämpfe“ in der Bundesrepublik um 1969 arbeitet 3 Aspekte heraus, die die Auseinandersetzungen kennzeichnen: erstens wurde der alte Anspruch an eine Demokratisierung der Arbeitsbeziehungen reformuliert, zweitens gelang es nicht, in den Belegschaften einer demokratischen gegenüber einer ausgrenzenden, rassistischen Tendenz zum Durchbruch zu verhelfen, die sich gegen die militant kämpfenden Migranten richtete und drittens blieben die Kämpfe oft lokal und sozial beschränkt und konnten so domestiziert werden. Dennoch, so macht Karl Lauschke in seinem Beitrag anheischig, signalisiert das Ende der 1960er Jahre eine Zäsur in den industriellen Beziehungen der Bundesrepublik. Interessanterweise arbeitet Lauschke diesen Wandel als „moralischen“ heraus: „ [...] bei den Protagonisten hätten die Werte Gleichheit, Gleichwertigkeit, Gerechtigkeit und Recht [...] und nicht primär materiell-ökonomische-utilitaristische Ziele’ im Vordergrund gestanden.“ (S.79). In diesem Aufschwung der moralischen Ökonomie der Arbeiterbewegung wurden die Betriebs- und Personalräte quantitativ gestärkt und mauserten sich immer mehr zu „demokratisch legitimierten, selbstbewussten und eigenständig handlungsfähigen Organen der Belegschaften, die auf eine stärkere Mitwirkung der gewerkschaftlichen Basis drängten und Konflikte keineswegs scheuten, um die Interessen der Arbeitnehmer durchzusetzen“. (S.79)

Diesem Aufschwung an politischem und gewerkschaftlichem Bewusstsein stellt Hofmann in seinem Beitrag „Solidarität mit Prag – Arbeiterproteste 1968 in der DDR“ das letzte Aufflackern eines autonomen Arbeiterprotestes in der DDR gegenüber (S.92). So war mit dem Aufkommen und dem Durchsetzen eines traditionslosen Arbeitermilieus später keine proletarische Basis mehr vorhanden, um den alternativen Sozialismusvorstellungen von einer „anderen“ DDR im Herbst 1989 nennenswerten Anhang zu verleihen: „Junge Arbeiter setzen auf Auswandern statt Demonstrieren. Zwar nehmen im Herbst 1989 viele Facharbeiter an den Demonstrationen teil, aber sie verursachen sie nicht. Die Arbeiter tauchen massenhaft auf, als es die DDR abzuschaffen gilt.“ (S.98) Gehrke bringt es auf den Punkt: „Die 1968 erfolgte Unterdrückung der nach dem Mauerbau noch erhaltenen Reste kollektiven Konflikthandelns in den Arbeiterbelegschaften war somit der letzte Markierungspunkt für deren endgültige gesellschaftspolitische Atomisierung.“ („1968 – das unscheinbare Schlüsseljahr der DDR“, S. 113). Die parteikommunistische Diktatur als Liquidatorin kollektiven Selbstbewusstseins der Arbeiterschaft – wie schon ab 1920 in Russland, Ungarn, Polen, Tschechoslowakei und jetzt China fortfolgende, möchte man hinzufügen –, dies sollte in der Erinnerung der sozialen Emanzipationsbewegungen haften bleiben.

Sehr interessant und spannend sind die Beiträge über die Arbeiter- und Rätebewegung in Mittel- und Osteuropa, insbesondere der Beitrag von Peter Heumos bietet einen sehr guten Überblick über die Stärke und politischen Intentionen der tschechoslowakischen Betriebsräte und Gewerkschaften, die ihren Anspruch auf Gestaltung der industriellen Beziehungen auch durch die Zeiten bis 1968 hindurch immer wieder zur Geltung bringen konnten (S.131ff). Noch nach der Besetzung der CSSR durch die Truppen des Warschauer Paktes im August 1968 formierten sich selbstständige Betriebsräte, die erst in einem mehrjährigen Prozess der stalinistischen Entmachtung und Illegalisierung zum Schweigen gebracht werden konnten. Andrea Genest analysiert in „Zwischen Anteilnahme und Ablehnung – die Rollen der Arbeiter in den Märzereignissen in Polen“ (S.185ff) den Paradigmenwechsel, den die Opposition in Polen 1968 vollzog: „Ein Ergebnis dieser Überlegungen (zur Reformfähigkeit des kommunistischen Systems – d. A.) lässt sich in dem Ansatz der ‚gesellschaftlichen Selbstorganisation‘ finden, mit dem die demokratische Opposition seit Mitte der 1970er Jahre begann, nicht mehr den Staat als ersten Adressaten anzusprechen, sondern die Gesellschaft selbst“ (S. 185). Als Ansatz für eine alternative politische Agenda wären analoge Überlegungen für eine wirklich neue Linke wohl auch in Deutschland angebracht, gerade vor dem Hintergrund der hierzulande etatistisch ausgerichteten und geformten politischen und gewerkschaftlichen Bewegung.

In der französischen Arbeiterbewegung Frankreichs wurde als ein Ergebnis der 68er-Bewegung die Forderung nach einem „selbstverwalteten Sozialismus“ (frz.: autogestion) zur programmatischen Forderung linker Organisationen wie der Partei Socialiste Unifié und der Gewerkschaft CFDT. Innerhalb von nicht 20 Jahren verschwanden diese Forderungen wieder, wie Frank Georgi in seinem Artikel „Selbstverwaltung: Aufstieg und Niedergang einer politischen Utopie in Frankreich von 1968er bis zu den 80er Jahren“ darstellt (S. 252). Selbstverwaltung, das war „die Wieder-Inbesitznahme von Arbeit und Leben durch die Arbeiterschaft“ als eine Leitformel für einen Weg gegen zunehmende Entfremdung. Daraus resultierte in vielen betrieblichen Konflikten das Streben nach selbstverwalteten Organisations- und Handlungsmustern (S. 263). Allerdings werden auch die Grenzen für diese Orientierung deutlich gemacht: „Die Idee der Selbstverwaltung scheint also eine nicht unerhebliche Minderheit der Arbeiterschaft in ihren Bann geschlagen zu haben, aber eine gewisse Zurückhaltung war weiterhin dominierend. In der Sphäre der Arbeitswelt war man offenbar nicht bereit, sich auf ungewisse Abenteuer einzulassen, in deren Verlauf man eventuell mehr zu verlieren als zu gewinnen hatte.“ (S. 265) Dagegen half im Endeffekt auch nicht, dass die CFDT konkrete Umsetzungsschritte vorschlug, in denen die Dezentralisierung von Entscheidungen, die Sozialisierung statt Verstaatlichung von Privateigentum an Produktionsmitteln sowie die Wählbarkeit und Kontrolle der Entscheidungsträger auf allen Ebenen Gestalt annehmen sollten: „Unsere Tageskämpfe sind ein Vorgeschmack auf das morgige Leben.“ (S. 265).

Ein wichtiger Einschnitt scheint der um 1974 vollzogene Eintritt von Aktivisten und Theoretikern der Selbstverwaltung in die Sozialistische Partei gewesen zu sein, deren Führung keinerlei Interesse hatte, ihr Bündnis mit den Traditionalisten der PCF durch derlei Unkontrollierbarkeiten zu gefährden. Hinzu trat die Beschränkung der gewerkschaftlichen Handlungsfähigkeit im Gefolge der Wirtschaftskrise ab 1978, so dass die Postulate der Selbstverwaltung programmatisch und noch viel mehr praktisch angesichts der Defensive der französischen Arbeiterschaft zunehmend „in der Luft hingen.“ 1986 gab die CFDT die Forderung nach Arbeiterselbstverwaltung offen auf und die Zeitschrift „Autogestions“ stellte ihr Erscheinen ein. Entrismus scheint emanzipatorischen Plattformen nicht immer gut zu bekommen und Krisenzeiten sind in der kapitalistischen Ökonomie nicht unbedingt Zeiten eines vorwärtsweisenden politischen Aufbruchs.

Beide Bücher dürften ein gutes Alternativprogramm zu den sich jetzt häufenden Abrechnungs- und Reminiszenzbüchern über eine Revolte mit sozialrevolutionären Zügen und Tiefenwirkung bilden: „1968“ war weit mehr als eine Studentenbewegung und ihr Programm ging über „die Abrechnung mit der Elterngeneration“ weit hinaus – hier wurde von einer relevanten Minderheit der Lohnabhängigen in Ost und West nicht weniger als der Anspruch der allgemeinen sozialen Emanzipation erhoben.

Jochen Gester/Willi Hajek (Hrsg.); 1968 und dann? Erfahrungen, Lernprozesse und Utopien von Bewegten der 68er-Revolte; Atlantik Verlage Bremen 2002, 217 Seiten

Bernd Gehrke/Gerd-Rainer Horn (Hrsg.), 1968 und die Arbeiter; Studien zum ‚proletarischen Mai‘ in Europa, VSA-Verlag Hamburg 2007, 334 Seiten

Zur normalen Fassung


https://sopos.org/aufsaetze/48529348ad5b2/1.phtml

sopos 6/2008