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Ob und wann diese Ziele erreicht werden – ob in fünf, in zehn oder in zwanzig Jahren oder niemals – steht in den Sternen und folglich nicht in dem Dokument. In der deutschen Bundesrepublik hält die Debatte darüber an, wie das Vaterland am besten am Hindukusch verteidigt werden kann. Bei CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen besteht Einigkeit darüber, daß die eigenen Truppen nicht in den gefährlichen Süden und schon gar nicht nach Westen, in Richtung Heimat, geschickt werden. Als die Fraktion der Linken Ende 2007 im Bundestag beantragte, die Regierung aufzufordern, die deutsche Beteiligung an der Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan sofort zu beenden und die deutschen Streitkräfte zurückzuziehen, wiesen die genannten Parteien dieses Ansinnen bereits in den Ausschüssen zurück. An den gegensätzlichen Positionen hat sich auch nach dem Bukarester Gipfel nichts geändert. Nehmen wir als Beispiele für die unterschiedlichen Meinungen, die in der deutschen Afghanistan-Politik aufeinanderprallen, Äußerungen des Bundestagsabgeordneten Willy Wimmer von der CDU und des Europa-Abgeordneten André Brie von der Linken. Wimmer, seit 1976 im Bundestag, zeitweilig Staatssekretär im Verteidigungsministerium, machte aus seiner Position keinen Hehl, als er im vergangenen Jahr mit Blick auf die Linke gegenüber dem Spiegel unzweideutig erklärte: »Ich sehe aber eine Gefahr: Die Linke darf sich nicht darauf beschränken, einen Abzug zu fordern. Denn der Abzug löst nicht ein einziges Problem in dem geschundenen Land. Wir müssen uns zur internationalen Verantwortung für Afghanistan bekennen, auch zur Mitverantwortung für die Situation dort. Schließlich waren vor den Amerikanern sowjetische Truppen im Land und haben es verwüstet.« Ganz in diesem Sinne unterstützt der CDU-Mann Wimmer in einem achtseitigen Entschließungsantrag für den Auswärtigen Ausschuß des Europaparlaments die Fortführung und den Ausbau der Besatzung des zentralasiatischen Staates durch westliche Armeen. Als Lösung für die zunehmenden Probleme in Afghanistan wird in dem Antrag statt eines Endes der Okkupation gefordert, daß »an die Stelle der bislang im Vordergrund stehenden militärischen Lösung verstärkte Anstrengungen auf dem Gebiet des zivilen Wiederaufbaus treten«. Große Bedeutung wird dabei den militärischen »Provinz-Aufbauteams« (PRT) eingeräumt, die Ende 2002 von den US-Besatzungskräften im Rahmen der völkerrechtswidrigen »Operation Enduring Freedom« ins Leben gerufen worden waren. Kurz: Dieser Position sind Ähnlichkeiten mit dem Bukarester Afghanistan-Konzept der NATO nicht abzustreiten. Wie anders dagegen ist die Haltung des Europa-Abgeordneten der Linken und Afghanistan-Berichterstatters des Europäischen Parlaments, André Brie, der im Dezember das okkupierte Land besuchte und unter anderem mit dem afghanischen Außenminister, dem Präsidenten des Parlaments und dem Chef der Europäischen Polizeimission EUPOL zusammentraf. Unlängst gab er dem Tagesspiegel ein Interview, in dem er unter anderem folgende Positionen einnahm: »Die NATO gehört eigentlich zum TÜV. Das Bündnis hat sich in den letzten 18 Jahren von einem Verteidigungsbündnis zu einem globalen Einsatzkommando entwickelt, ohne daß die Menschen in den NATO-Mitgliedstaaten dabei eine Einwirkungsmöglichkeit gehabt hätten ... Mir wäre es ohnehin am liebsten, die Bundeswehr würde aus Afghanistan nach Hause kommen. Ich habe null Interesse, daß wir uns an einem 30jährigen Krieg beteiligen. Die Briten haben bereits im vergangenen Sommer in Berlin dem Bundesverteidigungsminister Jung deutlich gemacht, daß es in Afghanistan auf einen 30- oder 40jährigen Einsatz ankomme ... Nach einem siebenjährigen Einsatz in Afghanistan muß man sich doch fragen, ob es nicht langsam einmal genug ist.« Stop! Hier ist mir ein bedauerliches Mißgeschick widerfahren. Der Laptop hat mir einen Streich gespielt und die Dateien durcheinandergebracht. Eine dreifache Entschuldigung ist fällig: Gegenüber den Ossietzky-Lesern, die hoffentlich die Verwechslung der Positionen der beiden Politiker längst bemerkt haben werden, und bei Willy Wimmer, der nicht dem Spiegel, sondern dem Tagesspiegel das Interview gegeben hat, in dem er nicht für den Verbleib, sondern für die Rückkehr der Bundeswehr aus Afghanistan eintrat. Last, but not least richtet sich die Entschuldigung an André Brie, der sich gegenüber dem Spiegel für den Verbleib der Besatzungstruppen in Afghanistan aussprach und den darauf zielenden dubiosen Antrag für das Europaparlament gemeinsam mit dem CDU-Politiker Jürgen Schröder ausarbeitete. Ich habe nicht genügend nachgedacht und dem vielgerühmten Vordenker doch tatsächlich unterstellt, daß er die Positionen der zahlreichen Friedensinitiativen, der Teilnehmer an den Ostermärschen, der eigenen Partei und vieler derjenigen unterstützt, die ihn ins Europa-Parlament gewählt haben. Eine törichte Unterstellung.
Erschienen in Ossietzky 8/2008 |
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