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Kosovo/Metochia und Serbien gehören zusammen. Daß uns diese Tatsache heute im Protest vereint, hat seinen Grund in der Willkür der Staaten, die zunächst Jugoslawien zerschlagen, dann Serbien bombardiert und jetzt das Kosovo als eigenen Staat anerkannt haben. Zu ihnen zählt die Bundesrepublik Deutschland. Lassen wir uns nicht beeindrucken, wenn uns – ob von Politikern oder Medien – vorgeworfen wird, wir unterstützten den serbischen Nationalismus. Das Gegenteil ist wahr: Wir verteidigen das Völkerrecht und die Beschlüsse der Vereinten Nationen, die von unseren Gegnern mißachtet und zerbombt werden. Es ist notwendig geworden, auf den Unterschied hinzuweisen, ob Völker andere Völker überfallen und unterwerfen oder ob sie ihr Leben und ihre Lebensgrundlagen, ihre Geschichte und Kultur verteidigen. Ende Mai 1999 waren wir mit der gewerkschaftlichen Gruppe »Dialog von unten statt Bomben von oben« für eine Woche in Serbien, um ein Zeichen der Solidarität zu geben und zu zeigen, daß es in der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland Menschen gibt, die der Aggressionspolitik ihrer Regierung nicht zustimmen. Wir haben das Leiden der Bevölkerung, vor allem der Kinder, der Alten und Kranken, durch die direkten und indirekten Auswirkungen des NATO-Bombenkrieges miterlebt – aber zugleich auch ein Zusammenleben der verschiedenen Völker, die in Serbien zu Hause sind, darunter viele Albaner, wie wir es uns hierzulande nur wünschen können. Wer multiethnisches und multikulturelles Zusammenleben kennen lernen will, sollte nach Serbien fahren. Das gilt nach wie vor, auch wenn es gestört und teilweise zerstört worden ist durch die Intervention der NATO unter Führung der US-Regierung. Ostern vergangenen Jahres waren wir zuletzt in Serbien und im Kosovo – »im Elendstrichter Europas« (Peter Handke). Das trifft sowohl auf einen Großteil der kosovo-albanischen Bevölkerung zu als auch auf die Kosovo-Serben, die seit mittlerweile neun Jahren in den Enklaven vegetieren und – oft vergeblich – um Leben und Überleben kämpfen. Die deutsche Außenpolitik seit 1989 hat entscheidenden Anteil an dieser Katastrophe, deren Ende noch nicht absehbar ist. Der Belgrader Autor Vladimir Krsljanin weist darauf hin, »daß alle Konflikte zwischen den Völkern des Balkans in der Geschichte nur als Folge der Einmischung von Großmächten entstanden sind. Auch heute sind es nicht die Albaner, die uns Kosovo und Metochia wegnehmen wollen.« Daß die Verständigung zwischen Serben und Kosovo-Albanern nach wie vor möglich wäre, wissen wir aufgrund unserer Erfahrungen in Kosovska Mitrovica. Gewerkschaftskollegen beider Bevölkerungsgruppen aus den seit dem Krieg stillgelegten Trepca-Werken sind beispielsweise in regelmäßigem Kontakt, um die Wiederaufnahme der Produktion nördlich und südlich des Ibar zu erreichen. Verhindert wurde und wird das friedliche Zusammenleben durch die Interventionsmächte und die UCK. Die UCK wurde zu dem, was sie inzwischen ist, durch die NATO: eine weder völkerrechtlich noch durch die UNO legitimierte Regierung. Die imperialistischen Staaten haben sich der UCK bedient, sie sogar aufgerüstet, um die Besetzung des Kosovo zu erreichen – die UCK hat im Gegenzug die imperialistischen Staaten für ihr Interesse an einem eigenen Staat benutzt. Was tun? Unsere Empörung reicht nicht. Die Kriege seit 1999 weisen mittlerweile deutlich über den Balkan hinaus: Irak, Iran, ganz Mittelost bis nach Afghanistan, um Kontrolle der entscheidenden Ölreserven der Erde, zur Einkreisung Rußlands und Chinas. Sie werden nicht nur gegen andere Völker geführt, sondern auch als Eroberungskriege im Innern: von Hartz IV bis zur Privatisierung von Krankenhäusern, Schulen und Universitäten, Elektrizitätswerken und Bundesbahn. Vor allem hier, innenpolitisch, können wir – so gering unsere Kräfte vorläufig noch sein mögen – ansetzen. Die Gegner der Völker, die unterworfen werden, sind auch unsere Gegner. Konkret: Laßt uns Kontakte herstellen und, wo sie bereits bestehen, bewahren – ob nach Kosovska Mitrovica, Strpce oder in die kleinen Enklaven wie Orahovac und Velika Hodca. Laßt uns die Rückkehr der Flüchtlinge fordern, die Rückgabe des Geraubten, den Wiederaufbau der Häuser, Schulen und Klöster. Laßt uns eintreten für den Erhalt der serbischen Sprache und Kultur in den Enklaven. Und: Die US-Militärbasis Bondsteel im Kosovo muß beseitigt werden! Wir sollten uns durch Übermacht der Gegenseite nicht einschüchtern lassen. Laßt uns die Wahrheit verbreiten, aufklären gegenüber der Meinungsmache von Politik und Medien. »Die Wahrheit wird von Mund zu Mund weitergegeben«, wie Brecht sagt.
Erschienen in Ossietzky 6/2008 |
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