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Wolfgang Thierse, parlamentarisch nicht ausgelastet. – Für Ihre Partei sind Sie nun auch kulturell tätig geworden: Das neue SPD-Programm soll, auf zwei Compactdisks gepreßt, als Hörwerk unter die Leute gebracht werden, und Sie haben sich als Vorleser dafür zur Verfügung gestellt. Das ist der Bewunderung wert – zweieinhalb Stunden einen solchen Text vorzutragen, das verlangt Engelsgeduld. Aber werden Sie denn in hinreichender Zahl ähnlich geduldige Hörerinnen und Hörer finden? Als spezielles Zielpublikum hat der Generalsekretär Ihrer Partei die Autofahrerschaft genannt. Das macht uns Sorge. Wer soll denn die Verantwortung übernehmen, wenn parteipolitisches Informationsbedürfnis zum Schlaf am Steuer bei rollendem Verkehr führt?

»Die Linke-SDS« und »linksjugend’solid«, kampfesfreudig. – Für Anfang Mai nächsten Jahres laden Sie zu einem Kongreß »40 Jahre 1968« ein und kündigen an: »Die letzte Schlacht gewinnen wir.« Dieser Satz aus dem alten Arbeiterlied »Brüder zur Sonne, zur Freiheit« wird immer wieder gern zitiert. Wir wollen ihn nicht madig machen; aber ein bißchen zersungen ist sie schon, die »heilige« letzte Schlacht. Auch weiß man nicht so recht, wann und wie sie stattfinden könnte. Um beim kriegerischen Vokabular zu bleiben: Es dürfte ratsam sein, daß Sie ihre Energien erst einmal dem nächsten Gefecht zuwenden.

Ricardo Blazquez, spanischer Bischof. – Was ist in Sie gefahren? Da hat Ende Oktober Benedikt XVI., der deutsche Papst, fast 500 katholische Geistliche seliggesprochen, die während des Spanischen Bürgerkriegs als Unterstützer des Putschgenerals Franco den Tod gefunden hatten, und jetzt entschuldigen Sie sich während der Vollversammlung der spanischen Bischofskonferenz öffentlich für die damalige Rolle der katholischen Kirche und bitten die Bevölkerung um Vergebung (was seit jenem Krieg noch nicht geschehen war). So werden Sie es nie zum Kardinal bringen.

Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh. – Welch ein Weihnachtsgeschenk: Am 18. Dezember präsentieren Sie in Berlin, Unter den Linden 1, Ihren »Religionsmonitor, mit dem sich jeder Einzelne sein individuelles Religiositätsprofil erstellen lassen kann«. Danke, lieber Bertelsmann!

Erschienen in Ossietzky 25/2007