Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Knoops GeneraleKurt Pätzold Nein, er wird damit nicht zu Ende kommen. Nun also wieder die Wehrmacht und – im vorletzten Beitrag einer Serie – die mühselige Suche nach Widerständlern in der deutschen Generalität. Die Reihe hieß »Die Wehrmacht – Eine Bilanz« und wurde nicht nur mit der üblichen Reklame (neue Schriftdokumente, unerwartete Erkenntnisse, kürzlich aufgefundene Filmdokumente) gestartet. Es sei die Zeit gekommen, ließ ihr Autor verlauten, eine Bilanz zu ziehen. Als läge die nicht seit längerem vor. Oder erinnert sich – es ist zwölf Jahre her – niemand mehr an den Sturm, den die Ausstellung des Hamburger Instituts hervorrief? Die hieß deutlich »Die Verbrechen der Wehrmacht« und verzichtete auf alles Beiwerk, was von ihrer zentralen Aussage auch nur um ein Grad weggeführt hätte. Wäre das ZDF im Jahre 1995 der auch im Bundestag und in Länderparlamente attackierten Ausstellung beigetreten, es hätte sich ein Verdienst erworben; und das wäre ohne inzwischen Neuentdecktes möglich gewesen. Denn schon 1945/46 war gerichtsnotorisch festgestellt, daß die Wehrmacht an den Verbrechen gegen Kriegs- und Menschenrecht beteiligt war. Deswegen waren Generale an den Galgen gekommen, durch Urteilssprüche in Nürnberg und aufgrund von Gerichtsurteilen in Ländern, die von der Wehrmacht besetzt gewesen waren. Die bei Kriegsende vorliegenden Erkenntnisse, damals gegenwärtig durch die leidvollen und entsetzlichen Erfahrungen von Millionen Menschen, sind inzwischen durch Forschungen von drei Generationen Historikern bekräftigt. Es braucht die Verwechslung von Tatsachen und Erkenntnissen und dazu eine besondere Stirn, 2007 von »neuen Erkenntnissen« daherzuschwafeln. Die Suche nach Gegenkräften blieb mal wieder im Umfeld jener Minderheit von Militärpersonen stecken, die schon am gescheiterten Unternehmen des 20. Juli 1944 beteiligt gewesen waren. Nur hier fanden sich ein paar Offiziere mit den roten Generalsbiesen. Die von Stülpnagel, von Tresckow, von Kluge endeten mit weiteren Verschwörern am Galgen oder gaben sich selbst die Kugel. Warum nur diese wenigen? Zwei Gründe wurden herausgestellt: die an Hitler bindende Dankbarkeit dafür, daß er ihnen eine steile Karriere ermöglicht hatte, und der auf den Führer geleistete Eid, der sie an den Verbrecher geradezu gekettet habe. Dazu bis zum Überdruß die Verkürzung: Dieser Oberste Befehlshaber und nur er allein habe in ideologischem Wahn den »Vernichtungskrieg« gewollt und befohlen. So wird an den inzwischen durchweg verblichenen Herren Generalen eine Wäsche besonderer Art vorgenommen. Gut beschreibbar in Abwandlung eines älteren Reklamespruchs für Waschmittel: Zwingt Ideologie raus, zwingt Knoop rein. Waren die Befehlshaber der Heeresgruppen, Armeen, Armeekorps und Divisionen nicht selbst ein wenig Nazis? Waren ihre Vorstellungen, wie Deutschland und die Welt einzurichten seien, nicht mit jenen der faschistischen Ideologen mehr oder weniger verwandt? Dachten sie vom Recht auf Krieg nicht mindestens ähnlich wie dieser ihr oberster Feldherr? Darüber haben Historiker, auch die in dieser Sendung mitwirkenden, längst ergebnisreich geforscht. Sie hätten danach gefragt werden oder sich fragen lassen können. Der so auf die Fährte gebrachte Zuschauer könnte sich dann allerdings fragen: Wie schaut es in den Köpfen der Generale aus, die heute im Irak und in Afghanistan befehligen? Das lassen wir dann doch lieber. Dann kamen Soldaten zu Wort. Den vom Kommentar bekräftigten Beteuerungen der einen, daß man eben nichts habe machen können, standen die Erinnerung und die Bekundung anderer entgegen, die sich an einem Punkt entschlossen hatten, nicht mehr mitzumachen, sondern den Dienst zu verweigern. Einige gaben ernüchtert die Waffe ab, wollten nicht mehr schießen und wurden erschossen. Andere kamen mit dem Leben davon. Ludwig Baumann, der desertierte, zum Tode verurteilt, in ein KZ verschleppt, schließlich via Militärgefängnis Torgau in eine Bewährungseinheit gepreßt wurde, und Kurt Hälker, der zur Résistance stieß, sprachen über Erlebnisse und Motive. Ihre Namen sind denen als Mitstreiter vertraut, die heute imperialistischem Weltordnungswahn entgegentreten. Von ihrem Nachkriegsleben, des einen in der BRD, des anderen in der DDR, und ihrem Tun in der Gegenwart war keine Rede. So weit wird in Mainz das Geschichtsinteresse an diesem Thema nicht getrieben. 1945 wird abgeblendet. Sonst hätte auch vom Nachleben und den verlogenen Memoiren und den Pensionen der Generale gesprochen werden müssen, die Hitler bis in die sprichwörtlichen fünf Minuten nach Zwölf gefolgt waren. Sonst hätte, wie der Titel erwarten ließ, die Bilanz dahin erweitert werden müssen, welches Geschichtsbild in den Köpfen der Deutschen und namentlich der Heranwachsenden zwölf Jahre nach der Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht haust. Da warten wir mal die nächste PISA-Studie ab, die ihr Interesse vielleicht von der Physik und der Mathematik der Geschichte zuwendet. Der Vergleich wird da methodisch schwieriger als im Fall von Pythagoras und Thales, Differential und Integral, jedoch nicht unmöglich. Vorerst aber sei bescheinigt: Knoop ist ein rücksichtsvoller Mann. Er will seine Zuschauer weder geistig überfordern noch ihnen die legendenumrankten Bilder von der Gründungs- und Frühgeschichte der Bundesrepublik rauben.
Erschienen in Ossietzky 25/2007 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |