Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Die Standort-PosseWerner René Schwab Die Frage wurde auch 2007 nicht gelöst: War das Schauspiel, das unsere Unternehmer jahrelang unter dem Titel »Gefährdeter Standort Deutschland« aufführten und auch heute immer mal wieder ins Programm nehmen, eine Posse oder absurdes Theater? Wenn man wichtigen Stimmen aus dem Ausland vertrauen will, war es beides. Inzwischen geben auch deutsche Unternehmer zu, daß es ihnen eigentlich gut geht, aber zugleich warnen sie unentwegt weiter vor einem Rückschlag für den »Standort«, sofern ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Und die lauten noch immer: unbezahlte zusätzliche Arbeitszeit, Steuersenkungen, späterer Rentenbeginn, weitere Beschneidung der Arbeitnehmerrechte, namentlich des Kündigungsschutzes, mehr Leiharbeiter, die weniger Lohn erhalten als die Stammbelegschaft, Ausweitung und Verlängerung unbezahlter Praktikantenarbeit und so weiter, denn sonst sei die Konkurrenzfähigkeit des (Exportweltmeister-) Staates BRD gefährdet. Bei ihren Forderungen nach Fortsetzung solcher »Reformpolitik« zu Lasten der Beschäftigten, Arbeitlosen, Sozialhilfeempfänger, Rentner werden sie von den Wirtschaftsinstituten – die zumeist von ihnen selber gesponsert sind – und den neoliberalen Ökonomieprofessoren unterstützt, zu denen auch der von der Bundesregierung eingesetzte und hochbezahlte »Rat der Wirtschaftsweisen« gehört. Und wie immer tut die Bundesregierung, was sie kann, um die Wünsche zu erfüllen. Was interessieren sie denn die Untersuchungen ausländischer Institutionen, die genau das Gegenteil sagen. Laut einer kurz vor Jahresende veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind die Arbeitnehmer mit mittlerem und niedrigem Einkommen in Deutschland im Vergleich zu 30 anderen Industriestaaten mit besonders hohen Sozialabgaben belastet. Das liegt an der Beitragsbegrenzungsmesse, die ausgerechnet die Bezieher hoher Einkommen entlastet. Die OECD schlägt auch vor, in Deutschland die niedrigen Steuern auf Vermögen zu erhöhen. Nur in Tschechien, der Slowakei und Mexiko sind Grund-, Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer noch geringer als hier. Eine Erhöhung dieser Steuern würde, so die Fachleute, die Wettbewerbsfähigkeit nicht oder kaum schwächen. Faßt man alles zusammen, sind die deutschen Unternehmen durch Steuern weniger stark belastet als in den anderen 20 OECD-Industriestaaten. Dennoch beschloß noch nach Bekanntwerden dieser Daten das Kabinett, durch Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge den Unternehmern jährlich 2,5 Milliarden Euro zu schenken. Und aus öffentlichen Mitteln werden die Minimallöhne aufgestockt. Man muß sich das vorstellen: Die Unternehmer machen Gewinne, kürzen die Löhne, und die Allgemeinheit gleicht das mit ihren Steuern aus. Dabei ist die Bundesrepublik durchaus attraktiv für die kapitalkräftigen Unternehmen, Banken und Fonds. »Eine Wirtschaft, die so viel Erfolg im Export hat, leidet wohl kaum an einem unflexiblen Arbeitsmarkt und hohen Lohnkosten« (Financial Times). Norbert Quinkert, Vizepräsident der US-Handelskammer in Deutschland, schrieb: »Der Standort ist für US-Firmen sehr attraktiv. Ihr Investitionsvolumen ist in Deutschland so hoch wie in keinem andern Land der Welt.« 800 000 Menschen beschäftigen die Amerikaner in der BRD, mehr als in irgendeinem andern Land dieser Erde. Quinkerts Chef Fred Irwin versicherte: »Wir bleiben auf Expansionskurs. Die Investitionen in Deutschland werden 2008 weiter steigen.« Eine Umfrage der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young bei 1019 weltweit tätigen Unternehmen ergab, daß die BRD der wirtschaftlich attraktivste Standort in Europa ist – unter anderem wegen der stabilen Lohnstückkosten (über die unsere Manager nicht müde werden zu jammern). Auch die Qualität von Forschung und Entwicklung trägt dazu bei, daß man bei Klagen über den Standort D. nur in Gelächter ausbrechen dürfte. Doch solche Untersuchungen – wie gerade in diesen Tagen die neueste des Schweizer Pharma-Konzerns Roche, die Deutschland als Produktionsstandort auf Rang 2 nach den USA setzt – werden von den hiesigen unternehmernahen Instituten mit Stillschweigen übergangen. Denn man wird sich doch nicht der Chance begeben, das Schmierenstück vom »gefährdeten Standort« bei Gelegenheit wieder auf den Spielplan zu setzen.
Erschienen in Ossietzky 25/2007 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |