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Angesichts des allgemeinen Tenors waren viele überrascht, als die GDL-Führung am 26. November um 16 Uhr bekannt gab: »Wir verhandeln!« Und die Streikpause um eine Woche verlängerte. Dabei stellt das Angebot des Bahnvorstands und die Art, wie es an die Öffentlichkeit gelangte, eine dreifache Provokation dar. Zunächst hielt sich der Bahnchef nicht an das zwischen GDL und Bahnvorstand fest vereinbarte Stillschweigen. Zwei Tage vor Ende der Schweigepflicht, am Samstag, dem 24. November, präsentierte Mehdorn einseitig das »neue Angebot« der Öffentlichkeit. Er wollte die Schlagzeilen der Sonntagszeitungen besetzen – immer bestrebt, die GDL in der Öffentlichkeit zu isolieren. Er riskierte schon damit bewußt, daß die Gewerkschaft »Nein« zur Aufnahme von Verhandlungen sagt. Sodann bringt das Angebot materiell im Vergleich zu vorausgegangenen Angeboten kaum Neues: Es bleibt beim Sockel von 4,5 Prozent mehr Einkommen, wie er bereits im Tarifvertrag mit Transnet vereinbart wurde. Die zweite Komponente besteht aus verbesserten Schichtzulagen, die 3,5 Prozent ausmachen. Damit liegt das addierte Angebot mit acht Prozent deutlich unterhalb der zweistelligen Erhöhung, die die GDL als Voraussetzung für substantielle Verhandlungen nannte, wofür sie einen guten Grund hatte: Die Triebfahrzeugführer bei der Bahn haben in den letzten sieben Jahren gut zehn Prozent Reallohn verloren. Das dritte Element im »neuen Angebot« der Bahn, ein weiteres Plus von fünf Prozentpunkten, ist gekoppelt an zwei Stunden wöchentlicher Mehrarbeit. Die GDL forderte dagegen bisher eine Verkürzungder wöchentlichen Arbeitszeit, die in den vergangenen Jahren bereits deutlich erhöht worden war. Mehdorn, Suckale & Co. bieten nun zwei Stunden Mehrarbeit an, großzügigerweise bezahlte Mehrarbeit, und verkaufen diese Arbeitszeitverlängerung, mit der die Lokführer im übrigen ihre Position schwächen, provokatorisch als Bestandteil eines »neuen Angebots«. Vor allem aber bewegte sich die Bahn bei der Hauptforderung der GDL nach einem eigenständigen Tarifvertrag keinen Millimeter auf die GDL zu. Der nun von der Bahn angebotene Vertrag soll nur dem Titel nach ein eigenständiger sein. Mehdorns Aussage »Die Tarifeinheit der DB AG steht nicht zur Disposition« besagt, die GDL soll an Transnet angekettet bleiben. Tatsächlich gibt es im Konzern der Deutschen Bahn AG mehr als ein Dutzend unterschiedliche Tarifverträge: Die »Operation Bahnreform« des Jahres 1993/94, dem die Vorläuferorganisation von Transnet, die GdED, zugestimmt, den die GDL jedoch abgelehnt hatte, lief mit der Gründung von mehr als 200 Teilfirmen der DB AG gerade darauf hinaus, eine zerklüftete Tariflandschaft nach dem Motto »Teile und herrsche« zu bilden. Doch jetzt, wo mit den Lokomotivführern ein relativ starker Teil der Belegschaft just zu dieser Waffe greift, trägt Hartmut der Scheinheilige eine Monstranz mit der Aufschrift »Tarifeinheit« vor sich her. Doch die GDL ließ sich nicht provozieren und tritt in Verhandlungen ein. Wenn es in der aktuellen Situation einen unverantwortlichen Krawallbruder gibt, dann Norbert Hansen. Dieser kündigte am Tag vor der Entscheidung, am 25. November, an, Transnet könne sich in »eine Föderation von sieben bis acht Einzelorganisationen« aufspalten, die »dann alle eigene Tarifverträge haben«. Vieles spricht dafür, daß es nun nur eine Atempause von ein oder zwei Wochen gibt. Und daß, aufgrund der im Prinzip unnachgiebigen Position des Bahnvorstands, der Konflikt zwischen der GDL und der Bahn in Bälde neu aufflammen und möglicherweise noch vor Weihnachten in eine offene Konfrontation treiben wird. Es stellt sich die Frage: Wer oder was treibt Mehdorn? Die Antwort lautet: Mehdorn wird längst von der Bundesregierung gelenkt. Seine Fehlleistungen in jüngerer Zeit und seine Niederlage beim Projekt »integrierter Börsengang« waren zu manifest, als daß ihm noch zugetraut würde, allein den derzeitigen Konfrontationskurs bestimmen zu können. Die Bundesregierung und die Unternehmerverbände BDI und DIHK sehen sich derzeit ganz nah vor ihrem langfristig angepeilten Ziel: der Zerschlagung der Bahn durch Umsetzung des Holdingmodells, das den Fahrweg in staatlichem Eigentum beläßt und den Bahntransport der Privatisierung preisgibt. Nachdem das Projekt eines integrierten Börsengangs durch eine erfolgreiche Kampagne und durch die Entscheidung des SPD-Parteitags Ende Oktober in Hamburg gescheitert ist, wird derzeit klammheimlich dieses Trennungsmodell vorangetrieben, das auch von der FDP und von der Führung der Grünen unterstützt wird. Aus der Sicht der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministeriums benötigt man zur Umsetzung dieses Modells nicht einmal eine Entscheidung des Bundestags. Hierfür genüge eine entsprechende »Umorganisation« innerhalb der Deutschen Bahn AG aufgrund entsprechender Beschlüsse des Bahnvorstands und des Aufsichtsrats. Doch die nun zunächst geplante Beteiligung privater Investoren mit 49 Prozent am Nahverkehr, am Fernverkehr, an der Logistik und am Schienengüterverkehr wird nur dann funktionieren, wenn das »Problem« der renitenten GDL beseitigt wird. Nichts schreckt private Investoren mehr ab als eine kämpferische und erfolgreiche Gewerkschaft in einem strategischen Segment. Wobei korrekterweise hinzuzufügen ist, daß sich die GDL-Führung zwar ausdrücklich gegen das Projekt eines integrierten Börsengangs wandte, daß sie jedoch eine Bahnprivatisierung nach dem Trennungsmodell für den Fall daß eine Privatisierung »unausweichlich« sein sollte, für eine »gangbare Lösung« erklärte.
Informationen unter www.deinebahn.de und www.bahnstreik-soli.de
Erschienen in Ossietzky 24/2007 |
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