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Seit dem äußerst knappen Wahlsieg von Romano Prodis Mitte-Links-Koalition im Frühjahr 2006 ließ Oppositionsführer Berlusconi keine Gelegenheit aus, die neue Regierung zu diffamieren und zu delegitimieren: von anfänglicher Unterstellung eines Wahlbetrugs bis hin zur tagtäglich wiederholten Beschuldigung, die so heterogene Koalition sei nicht regierungsfähig, Prodi habe die Macht usurpiert, und die übergroße Mehrheit der Italiener hoffe auf einen baldigen Regierungswechsel. Das weiß er von seinen Demoskopen. Unlängst, im Oktober, improvisierte er eine kleine Volksabstimmung: An 10.000 Ständen zwischen Palermo und Bozen sprachen sich angeblich mehr als acht Millionen Wahlberechtigte für sofortige Neuwahlen aus. Diese Zahl prüft keiner nach, aber sie macht Eindruck, zumal wenn sie immer und immer wieder verbreitet wird. In der Tat übt sich die Prodi-Koalition in permanenter Gratwanderung am Rande des Abgrunds und vermittelt dem Lande kein Gefühl von Stabilität. So kam es fast einem Wunder gleich, daß die Regierung am 15. November die erste und heikelste Abstimmung über den Haushalt 2008 im Senat überlebte, denn hier hat sie rechnerisch nur zwei Stimmen Mehrheit. Berlusconi war mit seiner erneut gescheiterten Regierungssturz-Prognose wieder einmal blamiert. Die Diadochenkämpfe in der Rechtskoalition um seine Forza Italia schwelen seit langem; sein Bruch mit Gianfranco Fini (Alleanza Nazionale) ist jüngst perfekt geworden durch Berlusconis offene Unterstützung einer rechten Abspaltung von Finis gemäßigten Postfaschisten durch Francesco Storace, der die sanguinische Basis mobilisieren will; eine telegene junge Dame aus Berlusconis Forza Italia hilft ihm dabei. Und der landete dann am 17./18. November seinen neuesten Coup: Er verkündete dem Land die Gründung einer großen neuen »Partei des Volkes der Freiheit«, die alle übrigen Parteien (und Wähler) anziehen soll – und die vorerst das Ende seiner bisherigen Mitte-Rechts-Koalition bedeutet. Die mediale Überraschung dürfte eigentlich so groß nicht sein, denn Berlusconi bewegte diese Idee in seinem Herzen spätestens seit sich im anderen Lager die Linksdemokraten (DS) noch weiter nach rechts gedreht und im September den wendegestählten Walter Veltroni durch eine improvisierte »primary«-Abstimmung zum künftigen Leader einer Partei des neuen chemisch gereinigten Typs, des »Partito Democratico« gewählt haben. Dieser Prozeß steht im Zeichen der seit langem angestrebten Reduzierung der Parteien (derzeit etwa 40!) zugunsten eines »amerikanischen« Bipartitismus, der allerdings bisher schwer zu realisieren war angesichts der realen gesellschaftlichen Verhältnisse. Das neue Szenario eröffnet verschiedene Perspektiven: Die von beiden Lagern zunächst favorisierte scheint die einer pragmatischen Zusammenarbeit zumindest bei den als notwendig erachteten institutionellen Reformen zu sein, für die Zweidrittelmehrheiten im Parlament vonnöten sind, das möchten jedenfalls Prodi und Veltroni. Berlusconi geht es aber nur um ein neues Wahlgesetz, für das schon ein Referendum drohend vor der Tür steht. Das »deutsche Modell« ist derzeit wieder in fast aller Munde: Rückkehr zur Verhältniswahl und Einführung einer Sperrklausel, die das Parteiengefüge zwangsläufig in Richtung Zweiparteiensystem befördern soll. Die Konsultationen zwischen Veltroni und Berlusconi sind bereits angelaufen – letzterer stellt allerdings die Bedingung sofortiger Neuwahlen, sobald der neue Wahlmodus in Kraft ist. Spannend ist die Antwort auf die Frage, ob und wie weit Veltroni, den einige hier bereits »Veltrusconi« nennen, sich darauf einläßt (also Prodis Koalition zur Disposition stellt), in der Hoffnung, daß sein »Partito Democratico« als stärkste Partei aus eventuellen Neuwahlen hervorgehen könnte. Doch vorerst amtiert noch Prodi, das Haushaltsgesetz muß noch die Hürden dreier weiterer Abstimmungen nehmen, erst dann kann er durchatmen. Daß seine Regierung aber noch das fertigbringt, was Millionen seiner Wähler von ihm erwartet hatten, nämlich ein wirksames Anti-Trust-Gesetzes, das Berlusconis Macht begrenzen würde, glaubt kaum noch jemand. Dabei ist gerade in diesen Tagen das Thema erneut virulent geworden, als sich herausstellte, daß sich Berlusconi nicht nur seiner zahlreichen eigenen Medien bedient, sondern durch seine Firma Mediaset auch den TV-Staatskonzern RAI direkt beeinflußt. Und eigentlich weiß man doch, daß es Berlusconi bei all seinen Anstrengungen und Theatercoups letztlich nur darum geht, die strukturellen Bedingungen für seine Medienmacht und seine Riesenkonzerne zu sichern, auf Kosten demokratischer Strukturen.
Erschienen in Ossietzky 24/2007 |
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