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Gegen die Republik hatten sich nicht nur die Generale und Offiziere unter dem Putschisten Franco, die Großagrarier, Industriellen, Monarchisten und das reiche Bürgertum erhoben, unterstützt von den Legionen der Faschisten Mussolini und Hitler. Auch die katholischen Kirchenfürsten und ihre Untergebenen hatten sich auf die Seite der Reichen und Mächtigen gestellt – wie meist zuvor und später wieder. Mitglieder des berüchtigten ultrakonservativen »Opus Dei«, 1928 in Spanien gegründet, dem Papst direkt unterstellt, halfen Franco ebenso wie rund 40 Jahre später dem chilenischen Putschgeneral Pinochet, in dessen Regierung sie sogar Minister stellten. Und kein Wort der Kritik sagten die Verantwortlichen der Kirche zu der mörderischen argentinischen Militärjunta der 1980er Jahre; im Gegenteil, Priester beteiligten sich an der Folterung gefangener Linker, indes die Befreiungstheologen Rede- und Amtsverbot erhielten. Ein würdiger Hüter solcher Traditionen ist der im Jahr 2005 gewählte Papst Benedikt XVI. aus Bayern. Schon als Chefideologe seines Vorgängers Johannes Paul II. hatte Kurienkardinal Joseph Ratzinger zum Beispiel die 2002 erfolgte Heiligsprechung des »Opus Dei«-Gründers Balaguer betrieben. Seit seinem Amtsantritt ist seine reaktionären Haltung noch offensichtlicher geworden. Ein erstes Beispiel dafür war die Wiederzulassung der alten lateinischen (tridentinischen) Messe. Was anfangs für viele nur wie ein wenig wichtiges liturgisches Problem aussah, bedeutet in Wirklichkeit einen Richtungswechsel. Denn die neue Liturgie gehörte zu den Beschlüssen des 2. Vatikanischen Konzils, die den Konservativen und Taditionalisten viel zu weit gingen. Ihnen gefiel die ganze Richtung nicht, ob es die Bejahung der Religions- und Glaubensfreiheit war, die ökumenische Bewegung oder die verstärkte Hinwendung zu sozialen Fragen. Sie beklagten zu wenig Abgrenzung zur Moderne, zu wenig Respekt vor der weltlichen Obrigkeit und zu wenig kritiklose Hinnahme der Worte und Taten der Hierarchie. Kurienkardinal Ratzinger leitete dann mit Billigung seines Chefs Johannes Paul II. eine revisionistische Glaubens- und Personalpolitik ein. In seiner nunmehrigen Position nutzt er seine Macht noch entschiedener (s. Ossietzky 14/07). Die »Traditionsfraktion« hat bereits wichtige Positionen zurückerobert. Benedikts reaktionäre Haltung zeigt sich zum Beispiel in den Bischofs- und Kardinalsernennungen. Nur treue Gefolgsmänner streng konservativen Geistes haben eine Chance, den katholischen »Hirtenstab« zu erhalten. Den Erzbischöfen von Palermo und Washington aber verweigerte der Vatikan entgegen allen Erwartungen die Kardinalswürde. Sie hatten sich gegen die tridentinische Messe ausgesprochen. Im Frühsommer erneuerte der Papst dann den Alleinvertretungsanspruch der römisch-katholischen Kirche in Fragen des christlichen Glaubens. Denn nur sie, so Benedikt, sei eine Kirche. Alle anderen Konfessionen sind danach im besten Falle christliche Gemeinschaften mit vielen Schwächen und »theologischen Defiziten«. Evangelische Bischöfe sprachen von Ignoranz, vatikanischer Anmaßung und einem Anschlag auf die ökumenische Bewegung. Dieser Unmut sei zwar verständlich, sagte der aus Tübingen stammende jetzige Kurienkardinal Kaspar, aber sein Chef habe Recht. Benedikt XVI. hatte sich, als er noch Kardinal war, intern auch dagegen ausgesprochen, daß sein Vorgänger neben den Muslims die Juden für das ihnen von Christen angetane Leid um Vergebung bat. So war es nur folgerichtig, daß er die tridentinische Messe wieder zuließ, in der für die »Bekehrung der Juden« gebetet und von der »Verblendung jenes Volkes« gesprochen wird. Und daß er beispielsweise den polnischen Redemptoristenpater Rydzyk und das von ihm betriebene Radio Maryja segnete, dessen Programm auch im eigenen Land wegen seiner fremdenfeindlichen, antisemitischen Haltung umstritten ist. Selbstverständlich genießt der Papst die Sympathien konservativer weltlicher Meinungsmacher. So begrüßt die Frankfurter Allgemeine , daß Benedikt »eine dem Zeitgeist geschuldete ›Demokratisierung‹ der Kirche offenbar korrigieren will«. Zwar mehren sich gleichzeitig die kritischen Stimmen katholischer Geistlicher, aber das stört ihn nicht. Im Gegenteil. Er zeigt seinen »Schäflein«, wo es lang geht. Ein überdeutliches Signal gab er am 29. Oktober, als er auf einen Schlag 498 spanische Geistliche seligsprach, die als Anhänger des massenmörderischen Putschgenerals Franco im Bürgerkrieg den Tod gefunden hatten. Damit jedermann die Bedeutung erkenne, stellte er mit dieser Zeremonie zugleich einen Weltrekord auf: Es war die größte Seligsprechung aller Zeiten. Und der Zeitpunkt war mit Bedacht gewählt. Die linke spanische Regierungskoalition bereitet ein Gesetz vor, das die Verbrechen der Franco-Herrschaft verurteilt und den noch lebenden Opfern eine geringfügige Wiedergutmachung leisten will, sehr zum Mißfallen der ideell auch heute noch mit dem Frankismus verbündeten kirchlichen Verantwortlichen. Und wann wird Franco heiliggesprochen?
Erschienen in Ossietzky 23/2007 |
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