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In und bei Lwów (deutsch: Lemberg, ukrainisch: Lviv) ermordete allein das Einsatzkommando 5 in wenigen Tagen 7000 Juden, bevor es am 6. Juli 1941 nach Osten weiterzog. Nachträglich zu den vier Einsatzgruppen A bis D wurde im »Generalgouvernement« das Einsatzkommando z.b.V. der Sipo und des SD zusammengestellt. Es stand unter der Leitung von SS-Oberführer Dr. Eberhard Schöngarth, dem damaligen Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) in Kraków, und umfaßte rund 250 Mann aus allen Distrikten des »Generalgouvernements«, die am 2. Juli 1941 in Lwów einrückten. Hinzu kam ein kleineres Kommando des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) aus Lublin, das in Kowel, Rowno und Luzk mordete. Beide zusammen töteten bis zum 9. September über 2000 jüdische Männer. Gegenstand des neuen Buches von Dieter Schenk sind nicht diese fortgesetzten Verbrechen des Einsatzkommandos z.b.V. beim Judenmord, sondern ein besonderes an der polnischen Intelligenz der Stadt. Nach mitgebrachten Fahndungslisten verhaftete am 3. und 4. Juli 1941 das Einsatzkommando z.b.V. 26 Professoren und Dozenten der Universität und anderer Hochschulen, leitende Klinikärzte sowie ihre Ehefrauen und Söhne, ihre Gäste und selbst ihre Dienstmädchen, insgesamt 51 Personen. Sechs Dienstkräfte und ein Professor wurden wieder freigelassen, alle anderen am nächsten Tag erschossen. Dieser gezielte Mord war Teil eines schon 1939 aufgestellten Programms der deutschen Faschisten zur Ausrottung der polnischen Intelligenz. So hatte 1939 die Gestapo 183 Professoren und andere Wissenschaftler der Universität Kraków verhaftet und sie alsbald in das Konzentrationslager Sachsenhausen abtransportiert, wo viele ums Leben kamen. Dieses Mal wollte man sich die internationalen Proteste, die 1939/40 immerhin noch zur Freilassung der Mehrheit der verhafteten Krakauer Gelehrten geführt hatten, ersparen und brachte die Verhafteten sofort um. Auf der Grundlage des Studiums der Akten der Hamburger Staatsanwaltschaft, der Berichte der Einsatzgruppen im Bundesarchiv sowie der Ermittlungsakten der Ludwigsburger Zentralstelle konnte Schenk das bisherige Wissen über die Mörder der Lemberger Professoren und über ihre Nichtverfolgung in der Bundesrepublik erweitern und präzisieren. Er baut sein Buch anhand der Personen auf, einerseits der Opfer und andererseits der Mörder und ihrer Karrieren im Nazireich sowie in der Bundesrepublik. Von 1964 bis 1994 tat die Staatsanwaltschaft Hamburg, wie Schenk nachweist, alles juristisch Mögliche, um die rechtliche Verfolgung der namentlich bekannten Mörder zu unterbinden, besser gesagt, sie unterließ alle ihr möglichen und vorgeschriebenen rechtlichen Schritte. Schenk weist ihr Nachlässigkeit und Abneigung gegen eine Verfolgung nach, er spricht von einer Art Ermittlungsverbot, das an eine »Begünstigung im Amt« grenze. Von Nazigesinnung in der Hamburger Staatsanwaltschaft zeugt die Begründung ihrer Einstellungsverfügung, nach der der BdS Schöngarth »aus Vergeltung die Erschießung der Professoren befahl«, weshalb nicht Mord, sondern möglicherweise Totschlag vorliege, und Totschlag sei längst verjährt. Mehrfach wurde die Hamburger Staatsanwaltschaft gezwungen, die eingestellten Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen, bis es ihr 1994 gelang, die Ermittlungen endgültig einstellen zu lassen. Schenk bettet die Geschichte des Mordes an den Lemberger Professoren in einen größeren Rahmen ein. Gestützt auf die einschlägige Literatur, vor allem die Monographien von Dieter Pohl und Thomas Sandkühler über den Judenmord in Galizien, skizziert er Grundzüge der Okkupationspolitik in Polen, des Okkupationsregimes in Lemberg und vor allem des Völkermords an den Juden. Einige Ungenauigkeiten sind ihm auch in diesem Buch unterlaufen. Der Haupttäter der geschilderten Verbrechen, Dr. Eberhard Schöngarth, kann nicht 1941 zum BdS in den besetzten Niederlanden berufen worden sein (S. 168), sondern erst 1944, weil er als BdS im Generalgouvernement im Juni 1943 abgelöst wurde und mehrere Monate in die Waffen-SS versetzt war. Schenk wiederholt in diesem Buch die bereits von der Kritik gerügte Angabe in seiner Frank-Biographie, das »Generalgouvernement« sei so klein wie Belgien gewesen (S. 12). Tatsächlich war es fünfmal so groß. Belgien umfaßt 30.513 Quadratkilometer, allein der Distrikt Galizien hatte 47.100 und das ganze »Generalgouvernement« 143.709 Quadratkilometer! Dieter Schenk: »Der Lemberger Professorenmord und der Holocaust in Ostgalizien«, J.H.W. Dietz Nachf., 308 Seiten, 22 €
Erschienen in Ossietzky 22/2007 |
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