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Wollen sie Erfahrungen mit dem bolivarianischen Prozeß in ihrer Heimat, mit dem eingeschlagenen Kurs auf den »Sozialismus im 21. Jahrhundert«, mit der Verstaatlichung der Naturreichtümer, der Verbesserung der sozialen Lage, dem weit geöffneten Zugang zu Bildung und medizinischer Betreuung vermitteln? Nichts dergleichen. Aber um Erfahrungen geht es doch. Wie der Belgrader Sender B92 berichtete, sind die »Vertreter einer Studentenbewegung Venezuelas« in die serbische Hauptstadt gekommen, »um aus erster Hand zu erfahren, wie die Studenten in Serbien und die Organisation Otpor (Widerstand) gegen das Regime von Slobodan Milosevic kämpften«. Aus deren »Erfahrungen, so der Sender, hoffen sie zu lernen, wie man für mehr Freiheit und die Achtung der Menschenrechte in ihrem Land kämpfen kann«. Da sind sie bei Otpor an einer vortrefflichen Adresse. Schließlich hat diese aus einer Studentenbewegung hervorgegangene Organisation im Jahre 2000 mit ihrem Logo, einer geballten Faust, ihren Losungen »Gotov je« (»Er ist fertig«) und »Vreme je« (»Es ist Zeit«), mit zahllosen Flugblättern, Plakaten und Demonstrationen zur Entmachtung der Sozialistischen Partei und zum Sturz Milosevics beigetragen. Der Kampf an der Seite von Zoran Djindjic erforderte beträchtliche finanzielle Mittel, aber daran mangelte es nicht. Während der seinerzeitige Balkan-Koordinator Bodo Hombach lediglich davon sprach, daß die Unterstützung für die jugoslawische Opposition »sehr, sehr heimlich« und Hand in Hand mit den USA erfolgte, brüstete sich Washington schon 1999, daß die USA dafür enorme Dollarsummen ausgaben, und Außenminister Fischer ließ kurz nach dem Sturm auf das Belgrader Parlamentsgebäude, gewiß untertreibend, mitteilen, daß Berlin die Opposition mit 28 Millionen DM unterstützt habe. Aus diesen Quellen nährte sich auch die Organisation Otpor, die in Würdigung ihrer Verdienste den Menschenrechtspreis 2001 der Friedrich-Ebert-Stiftung erhielt, wozu der damalige Bundestagspräsident Thierse eine feine Laudatio hielt. Nach dem Sieg über die serbischen Sozialisten gründete ein Teil der Otpor-Aktivisten ein Zentrum für gewaltlosen Widerstand, die Firma »Center for Applied Nonviolent Action and Strategies« (CANVAS). Diese bietet Beratungsdienste zur gewaltfreien Revolution, Einrichtung von Widerstandscamps, Hilfe bei der Ausarbeitung von PR-Strategien und ähnliches an. Antisozialistische Kräfte in Georgien, die orangenen Revolutionäre in der Ukraine, die prowestlichen Gegner Lukaschenkos in Belarus machten davon regen Gebrauch. Finanziert wird die Revolutions-Export GmbH unter anderem von dem Devisenspekulanten und Milliardär George Soros und dessen Open Society Institute sowie von der US-amerikanischen sogenannten Nichtregierungsorganisation Freedom House, die vom ehemaligen CIA-Direktor James Woolsey geleitet wird. Bei solchen respektablen demokratischen Finanziers und Menschenrechtskämpfern ist es kein Wunder, daß CANVAS mittlerweile auch in Lateinamerika, und hier vor allem in Venezuela, Demokratie- und Revolutionshilfe leistet. Der Studienaufenthalt der vier Studenten dient diesem edlen Zweck. Kaum hatte B92 die frohe Kunde von der Ankunft der vier Revolutionsschüler verbreitet, da meldeten sich auf der Internetseite des Senders Dutzende von Hörern, darunter zahlreiche ehemalige Otpor-Aktivisten. Doch statt mit »dobro dosli«, dem üblichen serbischen Willkommen, wurden die Ankömmlinge nahezu ausschließlich mit solchen Worten begrüßt wie: »Haut ab, ehe man Euch verprügelt!« – »Unglaublich; sie helfen der CIA, Chavez zu stürzen, damit sie in einem Lande leben, ›in dem die Bürger gleiche Rechte und Möglichkeiten haben‹. Wie in Kolumbien zum Beispiel. Lachhaft und traurig zugleich.« – »Was kann man hier lernen? Haut ab, so schnell wie möglich. Das Einzige, was hier zu lernen ist, ist Intoleranz und Amoralität.« – »Es ist gut, daß sie hierher gekommen sind, um zu sehen, was sie gewinnen, wenn sie Chavez stürzen.« – »Wenn sie gekommen sind, um zu essen und zu trinken – in Ordnung. Aber wenn es ihre Absicht ist zu sehen, wie man mehr bürgerliche Rechte erreicht, dann müssen sie sich erst einmal darum bemühen, daß jemand sie bombardiert. Sonst werden sie definitiv nicht in eine ähnliche Situation kommen, wie sie in Serbien war und ist.« Ob die vier Otpor-Azubis ihren Kommilitonen in der Heimat von diesen Grußbotschaften berichten werden, ist fraglich. Ihre Reiseveranstalter und Geldgeber interessiert nicht, wie sich die serbischen Helden von 2000 heute fühlen. Ihnen kommt es nur darauf an, daß die Methoden, mit denen der »Diktator von Belgrad« gestürzt wurde, studiert, kopiert und im Freiheitskampf gegen den »Diktator von Caracas« angewandt werden. Viele serbische Mohren haben ihre Schuldigkeit getan, jetzt werden venezolanische gebraucht.
Erschienen in Ossietzky 22/2007 |
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