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Nach Umfrageergebnissen, wonach angeblich 21 Prozent der Sachsen-Anhaltiner sich die DDR zurückwünschten, sollte die Geschichte der Jutta Gallus, inzwischen Jutta Fleck, »die perverse Fratze des sich als ›fürsorgliche Kuschel-Gemeinschaft‹ gebärdenden Überwachungsregimes entlarven«, wie eine Fernsehzeitschrift schrieb. Wäre man bei den wahren Erlebnissen dieser Mutter geblieben, die nach ihrem 1984 erfolgten Freikauf von einer Haftstrafe wegen eines mißlungenen Fluchtversuchs um die Wiedervereinigung mit ihren beiden Töchtern kämpfte (diese Geschichte wurde in einer nachher gezeigten Dokumentation und einem Auftritt der Betroffenen bei Anne Will rekonstruiert), hätte auch dies eine der negativen Seiten des verflossenen Staates DDR beleuchtet, ihn aber nicht dämonisiert, wie es zur Zeit gängig ist. Doch Drehbuchautorin Annette Hess und Regisseur Miguel Alexandre dramatisierten einen Roman von Ines Veith zu einer Kalten-Kriegs-Schmonzette voller DDR-Klischees. Schon die Umgebung der mit Veronica Ferres publikumsattraktiv besetzten Filmfigur Sara Bender in dem Betrieb, wo sie als Technische Leiterin arbeitet, besteht mit Ausnahme ihres Freundes aus lauter unsympathischen Gestalten. Wegen eines kritischen Wortes wird sie aus Produktionsberatungen ausgeschlossen und, nachdem sie einen Ausreiseantrag gestellt hat, zur Packkraft degradiert (was im Gegensatz zu der erstgenannten Maßnahme immerhin glaubhaft erscheint). Raus will sie, weil sie nicht zu ihrem seit langem im Westen lebenden Vater durfte, als dieser dort verunglückt im Krankenhaus lag und deshalb auch nicht zu ihrer Hochzeit kommen konnte. Die ließ Sara daraufhin platzen. Daß ihr erfundener Geliebter und Bräutigam IM ist (als Einziger differenziert gezeichnet: Peter Kremer), erfährt sie erst später. Trotz Privilegien wie eigenem Telefon und Auto und Aussicht auf eine Datsche für die ganze Familie versucht Sara samt Töchtern, »weil sie hier keine Zukunft sieht«, über Bukarest in den Westen zu gelangen. Das Scheitern des Fluchtplans bringt die Mutter ins Frauenzuchthaus Hoheneck, die neun- und zwölfjährigen Kinder erst in ein Heim, das durch Pionierappelle und -lieder charakterisiert wird, bis sie von einem linientreuen Ehepaar adoptiert werden – der Mann erinnerte mich spontan an einen Typ aus Goebbels‘ »GPU«-Film. In Wirklichkeit lebten die Mädchen bei ihrem leiblichen Vater in vertrauter Umgebung, gingen in ihre alte Schule, nahmen Tanzunterricht und traten auch in der DDR-Fernsehserie »Geschichten übern 'n Gartenzaun« auf. Die Geschichte ihrer Mutter besteht im zweiten Teil aus deren lange vergeblichen, aber mit Hilfe des für humanitäre Fragen zuständigen DDR-Anwalts Vogel zuletzt doch erfolgreichen Versuchen, die Töchter zurückzubekommen, was auch dadurch erschwert wird, daß sie unter Zwang im Zuchthaus einen Verzicht auf das Sorgerecht unterschrieben hatte. Zudem stören ihre Plakataktionen die offiziellen Entspannungsbemühungen. Da dies wohl nicht gereicht hätte, die Pilcher-gewohnten Zuschauer an den Bildschirm zu fesseln, mußte wie bei jedem Melodram noch eine Lovestory her, und so verwandelt sich Saras Mißtrauen gegenüber einem polyglotten Journalisten mit süßem Hund schließlich in Liebe im romantischen Sommerhaus am See. Für einen Schuß Krimi sorgt die am absurdesten erfundene Episode: Als die Heldin während einer KSZE-Konferenz in Helsinki Außenminister Genscher treffen will, wird sie von einer CD-Limousine abgeholt, deren Insassen sich bald als Stasi-Finsterlinge entpuppen, die sie im Wald um die Ecke bringen wollen, wovor das geplante Killer-Opfer in letzter Minute durch eine finnische Militärpatrouille bewahrt wird. Nicht bewahrt bleibt der Zuschauer von einer penetrant über den ganzen Film gegossenen Musiksoße (Dominic Roth), die ein übriges zur Unverdaulichkeit beiträgt. Um aber Kästners Frage »Wo bleibt das Positive?« nicht auszuweichen, sei der ARD doch noch öffentlich rechtliche Ausgewogenheit attestiert: Ihre am 3. Oktober gesendete Märchenkomödie »Heimweh nach drüben« mit Berufsossi Wolfgang Stumph und Katrin Sass erwies sich als gelungene Persiflage, die mehr die BRD als die DDR auf die Schippe nahm.
Erschienen in Ossietzky 21/2007 |
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