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Gleich an drei Orten, im Stadtmuseum, im Rheinischen Landesmuseum und im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum, können die Besucher bis November Gegenstände aus dem vierten Jahrhundert n.Chr. besichtigen und dabei erfahren, wie die Tradition und der Mythos bis in unsere Zeit hinein weiterleben, ja, offenkundig neu angefacht werden sollen. Dazu trägt die Sonderausgabe der Wochenzeitung im Bistum Trier, Paulinus , bei. Sie erinnert daran, daß »mit Konstantin die Grundlagen zu dem vielbeschworenen christlichen Abendland gelegt wurden«, in dem »der Kirche als institutioneller Kraft« die Rolle zufalle, »Bindeglied zwischen Menschen und Kulturen« zu sein. Deshalb sei es angemessen, »noch einmal über die christliche Verankerung einer europäischen Verfassung nachzudenken«. Zwar weiß auch die Kirchenzeitung von den »politischen Ränkespielen ... bis hin zu innerfamiliären Morden« dieses allerchristlichsten Herrschers, aber all das ist ihm verziehen, weil »die Kirche – von seinen Früchten her betrachtet – bis heute sehr wohl weiß, was sie dem letzten herausragenden Kaiser Roms zu verdanken hat«. Doch diese Früchte, von denen die Kirche bis zum heutigen Tage lebt, sind giftig. Wer sie ißt, wird nicht mehr auf die Botschaft Jesu hören, die ungerechten Mächtigen vom Thron zu stoßen (Lukas 1 Vers 52). Konstantin wollte das zerfallende römische Reich erneut zu imperialer Macht führen. Dazu brauchte er neben einem schlagkräftigen Heer eine »Universalreligion«, die seine Macht abstützen konnte. Diese fand er in der christlichen Kirche, die inzwischen reichsweit verbreitet war. Von ihren Bischöfen nahm er zu Recht an, daß sie nach den Jahren der Unterdrückung bereit seien, die heiligsten Glaubensgüter aufzugeben, wenn sie nur ein wenig an der kaiserlichen Macht teilnehmen dürften. Als ein für die damaligen Christen nicht untypisches Beispiel steht der Kirchenvater Laktanz. Vor 313 n.Chr., dem Jahr, als durch das »Mailänder Toleranzedikt« die Christen mit erheblichen Privilegien ausgestattet wurden, lehnte er in seinem Hauptwerk (»Divinae Institutiones«), wie alle Theologen vor ihm, die sich auf Jesus beriefen, jeglichen Kriegsdienst ab. In der Neuauflage bald danach fehlten nicht nur alle antimilitaristischen Stellen, Laktanz wurde sogar zu einem begeisterten Propagandisten der Kriege des Kaisers. Dadurch konnte er Erzieher des ältesten Kaisersohnes werden, den Konstantin später allerdings ermorden ließ. Große Verehrung in der Geschichtsschreibung genießt Konstantin dadurch, daß er 325 n. Chr. das erste ökumenische Konzil nach Nicäa (Kleinasien) einberief. Vorangegangen waren erbitterte Streitigkeiten in der Theologenzunft über die weltbewegende Frage, ob Gott-Vater und sein Sohn Jesus »wesensgleich« oder nur »wesensähnlich« seien. Konstantin, der das Konzil leitete, entschied, entgegen den Aussagen der Bibel, mit einem Machtwort: Beide seien »wesensgleich«. Dadurch schrieb er die Einheitlichkeit der christlichen Gottheit, die er für sein Reich brauchte, fest. Seitdem ist der Vater mit dem Sohn identisch, und beide sind, mit dem Heiligen Geist als Drittem, zugleich Vater, Sohn und Enkel in einem. Und so leben sie im »Nicänischen Glaubensbekenntnis«, der Krone aller Glaubensbekenntnisse, das an den hohen Feiertagen gesprochen werden soll, bis zum heutigen Tage weiter. Im Jahre 337 n. Chr. stirbt der »Gottgeliebte«, kurz nachdem er sich noch schnell hatte taufen lassen. Der Aufklärer Voltaire charakterisiert ihn kurz und treffend: »Man sieht in Konstantin einen glücklichen Karrieristen, dem Gott und die Menschen egal waren... Er badete in Blut all seiner Verwandten; ... aber er war Christ, also sprach man ihn heilig.« Seine Söhne, alle christlich erzogen, hatten das Morden von ihrem Vater, der »das christliche Abendland begründete«, gelernt und mordeten zwecks Machterhalts, wen sie nur morden konnten – aus ihrer engeren Verwandtschaft mindestens 14 Menschen. Einer der wenigen, der ihre Mordbrennereien überlebte, war der Neffe Konstantins, Julian, der im Jahre 361 n. Chr. für 20 Monate Kaiser wurde. Auch er war christlich erzogen und brachte alle Eigenschaften mit, die nach den biblischen »Tugendkatalogen« ( zum Beispiel Galater 5 Vers 22) einen Christen auszeichnen sollen: Güte, Sanftmut, Bescheidenheit, Keuschheit, Gerechtigkeit, Belesenheit und dergleichen. Er hatte in den Augen seiner christlichen Umwelt nur einen Fehler: Auf Grund seiner familiären Erfahrungen, »daß selbst die Raubtiere dem Menschen nicht so feindlich gesinnt sind wie die Christen gegeneinander«, unternahm er es, die Privilegien der Christen, insbesondere ihr Ausbildungsmonopol, wieder abzuschaffen und das Christentum zurückzudrängen. Dafür wird er von den kirchlichen Geschichtsschreibern bis heute mit dem Zusatznamen »Apostata« ( der Abtrünnige) geschmäht. Während in der Geschichte des christlichen Abendlandes Konstantin, der mit den blutigen Händen, in Kaisern und sonstigen Machthabern als »Constantinus novus« immer wieder Auferstehung feierte, zuletzt in Hitler, der sich bei seinen Staatsbesuch in Rom im Mai 1938 als »neuer Konstantin« inszenieren ließ (darüber berichtet eindrucksvoll eine kleine Dia-Schau in der Ausstellung), blieb von Julian, dem toleranten, dem gerechten, dem sanftmütigen, nur dies eine, allerdings nicht unwichtige Vermächtnis: Er führte in die Rechtspraxis des Abendlandes den Grundsatz der Unschuldsvermutung ein. Ob dieser Grundsatz allerdings bei einem Innenminister Schäuble noch lange Bestand haben wird, ist unsicher, denn er paßt nicht in seinen »Antiterrorkampf« hinein, für den der Kaiser Konstantin mit seinem imperialen Machtstreben wieder ein passendes Vorbild sein kann. Das, meinte der Minister zur Ausstellung, müßten auch »die Muslime lernen, daß die christlich geprägten Grundwerte nicht verhandel- und relativierbar« sind.
Erschienen in Ossietzky 21/2007 |
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