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Was spielt sich nach Ihrer Meinung, Herr Minister, in einem Flugzeug ab, in dem plötzlich Personen auftauchen, die sich als Terroristen bekennen und verkünden, daß sie die Führung übernommen hätten und die Maschine in ein sicherheitsrelevantes Objekt, beispielsweise in einen Turm der Deutschen Bank in Frankfurt, dirigieren würden? Meinen Sie, die Fluggäste und die reguläre Besatzung hätten keinen sehnlicheren Wunsch, als so schnell wie möglich abgeschossen zu werden? Und würden demgemäß sofort per Handy die Sicherheitskräfte unseres wehrhaften Staates alarmieren und um den Abschuß ihrer Maschine bitten? Oder können Sie sich vorstellen, daß Fluggäste und Besatzung ihrem sicheren Tod durch Abschuß, den Sie ihnen zudenken, den Versuch vorziehen würden, die Terroristen zu überwältigen, wie es offenbar mindestens in einer der am 11.9.2001 von Terroristen gesteuerten Maschinen versucht worden ist? Also lieber die Chance der eigenen Rettung nutzen und keine Nachricht von dem, was sich an Bord abspielt, nach außen dringen lassen. Das würde möglicherweise eine rechtzeitige Warnung der im Turm der Deutschen Bank aufhaltsamen Personen und deren Rettung verhindern. Also das Gegenteil dessen bewirken, was Sie und Ihr Kollege Jung mit dem Mord an unbeteiligten Flugpassagieren planen. Können Sie sich vorstellen, daß die Ankündigung eines terroristischen Anschlags auch falsch sein könnte? Also beispielsweise von Terroristen oder Trittbrettfahrern inszeniert werden könnte, um den Abschuß eines beliebigen Flugzeugs zu provozieren? Glauben Sie, daß die Echtheit einer solchen Ankündigung in den wenigen Minuten mit ausreichender Sicherheit geprüft werden kann, die verbleiben, um die Abfangjäger mit den nötigen Befehlen aufsteigen und die richtige Maschine finden zu lassen? Und wer garantiert, daß die richtige Maschine gefunden und abgeschossen wird? Haben Sie auch an den Fall gedacht, daß Sie oder Ihr Kollege Jung an Bord der Maschine sein könnten? Würde Herr Jung auch dann den Abschuß befehlen? Aber vor allem eine Frage habe ich in der Diskussion vermißt: Wie kommt es eigentlich, daß auch in Deutschland mit der Gefahr terroristischer Anschläge gerechnet werden muß? Waren sich etwa alle Diskussionsteilnehmer darin einig, daß die unter dem Begriff Terrorismus zusammengefaßten Gewalttaten einzelner Individuen aus heiterem Himmel kommen und uns Deutsche völlig unschuldig bedrohen? Sieht denn keiner von denen, die als unsere Volksvertreter fungieren, daß sie als Mitläufer der US-amerikanischen Staatsterroristen bei deren globalen Angriffskriegen die Gegenschläge der überfallenen Nationen und Bevölkerungsgruppen auch auf unser Land ziehen? Es sollte noch nicht vergessen sein, daß wir Deutschen schon einmal Führern gefolgt sind, die glaubten, man könne Kriege in anderen Ländern führen, ohne daß der Krieg ins eigene Land zurückkommt. Den US-Amerikanern fehlte diese Erfahrung bis zu dem Desaster vom 11.9.2001. Aber auch ihre Führer haben nichts daraus gelernt, weil sie den Anschlag nicht als Antwort auf jahrzehntelangen US-amerikanischen Kriegsterrorismus wahrhaben wollten. Es wäre Sache der für die Sicherheit der Deutschen verantwortlichen Politiker, deutsche Soldaten und deutsche Waffen nicht zu Tatgenossen und Verbrechenswerkzeugen völkerrechtswidriger Bush-Kriege zu machen und dadurch Gegenschläge zu provozieren, zu deren Bekämpfung ihnen dann auch wieder nur militärische Gewalt einfällt. Es gilt zu begreifen, daß die unter deutscher Mitwirkung bombardierten und mißhandelten Bevölkerungen oder Bevölkerungsgruppen auf die mit schweren Waffen, mit Bombenflugzeugen und Tornados geführten Aggressionen der Industriestaaten nicht mit den gleichen Mitteln, also nicht mit dem unter Gleichstarken üblichen maximalen Terror militärischer Gewalt, zurückschlagen können, sondern nur die vergleichsweise minimalistische Terrorform der Attentate und Geiselnahmen einsetzen können, um sich zu wehren. Solange die Erkenntnis, daß hier der Ursprung des von Individuen ausgeübten Terrorismus liegt, in den Köpfen deutscher Politiker nicht angekommen ist, sind diese Politiker unser größtes Sicherheitsrisiko. Daß Schäubles und Jungs kriminelles Staatsprojekt verfassungswidrig ist und seine Verwirklichung strafrechtliche Konsequenzen für die Todesschützen und deren Befehlsgeber haben müßte, haben schon andere gesagt. Gerhart Baum, der als Bundesinnenminister (1978–1982) unvergleichlich mehr Grundrechts- und Gesetzestreue praktiziert hat als der jetzige Amtsinhaber, erinnerte in Frau Wills Gesprächsrunde mit großem Nachdruck daran, daß auch Schäuble und Jung an das Grundgesetz und an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind. Wer sich mit der Formel vom übergesetzlichen Notstand von der Bindung an Recht und Gesetz loszusagen versucht, hat in der Regierung eines Rechtsstaates nichts zu suchen.
Erschienen in Ossietzky 20/2007 |
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