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Brüder oder WahlverwandteIn meinen 1996 veröffentlichten »Minutenmärchen« steht auch »Das vorläufig letzte Märchen«: »Es war einmal ein reicher Bruder, der hatte seinen armen Bruder lange nicht besucht, ihm aber zu Weihnachten immer Kakao geschickt, worüber sich der Kakao immer sehr freute; es war eine Umsatzfrage. Eines Tages trafen sich die Brüder endlich mal persönlich und freuten sich und tranken deutschen Schaumwein, denn es waren deutsche Brüder, und außerdem war es eine Umsatzfrage. Der reiche Bruder half dem armen Bruder nach Kräften, und der arme Bruder bezahlte nach Kräften, bis er pleite war, aber das merkte er nicht, weil er so glücklich war. Und der reiche Bruder war auch sehr glücklich, daß sein armer Bruder nicht merkte, daß er selber ebenfalls schon lange pleite war; es handelte sich um eine Kreditfrage. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wachsen sie heute noch zusammen.« Elf Jahre später wachsen anscheinend Leute zusammen, die nicht in Siam als Zwillinge zur Welt kamen, wie beispielsweise Oskar Lafontaine und Gregor Gysi oder Norbert Blüm und Peter Sodann. Lothar Kusche
Visionärer SozialismusSind in der SPD Radikalinskis im Vormarsch? Hubertus Heil, Wolfgang Thierse und Andrea Nahles haben in kurzer Zeit einen neuen Entwurf für das neue Programm der Partei gefertigt, und darin steht nun ein Bekenntnis zum »demokratischen Sozialismus«, der sich sogar aus einer »marxistischen Gesellschaftsanalyse« herleiten dürfe. Die sozialistische Gesellschaft wird allerdings als »Vision« bezeichnet. Da kann sich sogar Peer Steinbrück beruhigt in seinen Ministersessel zurücklehnen. Bei politischen Visionen, so hat einst Helmut Schmidt geäußert, sei ärztliche Behandlung angezeigt. Das gilt aber nicht für die SPD-Programmatiker; sie waren, bevor sie auf Visionen verfielen, in einer Beratung für den Politmarkt: Warum nicht der linken Konkurrenz ein bißchen leitbegriffliche Butter vom Brot nehmen? Das kostet ja nichts, nicht einmal die Gunst der großen Herren der Wirtschaft. Die werden, wenn sie über die »Rückfälligkeit« der SPD schimpfen, mit den Augen zwinkern. A.K .
WirtschaftsethikNicht nur Wirtschaftsprofessoren lobpreisen das Dogma des Neoliberalismus, also die ungezügelte Marktwirtschaft, den Profiteuren stehen auch Philosophen und Moralapostel zu Diensten. Ein Musterexemplar ist Josef Wieland von der Universität Konstanz, der Ökonomie und Philosophie studiert hat, jetzt Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsethik an der Universität Konstanz ist und zudem das Institut für WerteManagement (WM) leitet. Jeder Versuch, ein soziales Umfeld zu schaffen, das die Ungleichheit der Menschen mildert, ist für ihn kalter Kaffee und ein Traum von Ewiggestrigen. Denn in unserer Zeit, so Ethiker Wieland, komme es auf die »Chancengerechtigkeit« an. Aber die Deutschen hätten soziale Gerechtigkeit immer nur als »Verteilungsgerechtigkeit« interpretiert und damit den Gerechtigkeitsbegriff »leicht pervertiert«. Er warnt auch davor, die Managergehälter in der Privatwirtschaft publik zu machen, weil das eine Neiddiskussion auslöse, und die ist bekanntlich unethisch. Schließlich stellt er die These auf: »Fast jeder hat die Chance, aufzusteigen.« Fast jeder ist also seines Glückes Schmied. Der große Wissenschaftler hat offenbar noch nie davon gehört, daß die Aufstiegs- und Zukunftschancen der Kinder vor allem vom Geldbeutel ihrer Eltern abhängen. Als vorbildlich erscheint ihm die »mobile Gesellschaft« in den USA, weil dort die Chancengerechtigkeit verwirklicht sei. Einem so großen Wissenschaftler möchte man nicht widersprechen. Ich verweise nur auf folgende Tatsachen: Im Jahre 2004 lebten dort 42 Millionen Menschen in Armut, 44 Millionen ohne Krankenversicherung, 33 Millionen waren unterversichert, 14 Millionen psychisch krank. In Haftanstalten saßen 2,1 Millionen Menschen, womit die USA gemessen an der Bevölkerungszahl Platz 1 in der Welt einnehmen. Wahrscheinlich sind das alles Ergebnisse einer überaus ethischen Wirtschaftstätigkeit Werner René Schwab
Jasagergewerkschaft?Unter den überregionalen deutschen Tageszeitungen gilt die Frankfurter Rundschau als diejenige, bei der man freundliches Interesse an den Gewerkschaften erwarten könne. Zur Zeit sieht das Blatt Grund zur Freude: »IG Metall geht auf Reformkurs« titelte es und berichtete, daß für den Gewerkschaftstag der IG Metall im November ein neuer Vorstand vorgeschlagen wird, in dem die »Modernisierer« an der Spitze stünden. Personalspekulationen mal beiseite gelassen – welcher »Reformkurs« wird da angekündigt, wenn es nach der FR geht? »Nicht nur Nein sagen, sondern mitgestalten« sei dann das IGM-»Credo«. Zum Beispiel: »Wenn etwa eine Firma die Löhne senken will, werden Beschäftigte an den Verhandlungen beteiligt.« Schluß sei dann mit dem gewerkschaftlichen Nein zur Agenda 2010, die neue Führung werde die IG Metall »wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückführen, dorthin, wo ihre Mitglieder zu Hause sind«. Kommt es so, müssen die Konzerne nicht mehr ihr Geld ausgeben, um unternehmensfromme Pseudogewerkschaften zu alimentieren. Die echten Gewerkschaften besorgen dann deren Geschäft selbst, kostenlos für die Arbeitgeber. Arno Klönne
Fürs GemütDie christdemokratische Kanzlerin kann sich über ihre Wärmewerte im Politbarometer nicht beklagen, und bei den Umfragen schneidet die CDU/CSU, anders als die andere »Volkspartei«, nicht schlecht ab, aber die Strategen der Union nehmen sehr wohl zur Kenntnis, daß die neoliberalen Legenden, die Leitbilder ihrer gesellschaftspolitischen Praxis, bei den Bürgerinnen und Bürgern an Kredit verlieren. Also braucht es Gefühlsersatz, der in einem ziemlich angestaubten Vorrat gesucht wird. Kruzifixe in alle staatlichen Räume – Schulen, Gerichte, Behördenhäuser – fordert CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, »damit das Bekenntnis zum Christentum erhalten bleibt«. Vor einer »deutschen kulturellen Selbstaufgabe« warnt der noch amtierende CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber und verlangt: »Minarette dürfen nicht höher sein als unsere Kathedralen und Dome.« Und ergänzend schlägt ein Unionspapier für den nächsten Bundestagswahlkampf vor, »Repräsentanten unserer Volksmusik« als kandidierende Werbeträger einzusetzen. Staatlich verordnete Religiosität und parteipolitisch eingesetzte Folklore – die Unionsoberen haben offenbar Zweifel an der Bindekraft ihrer Wirtschaftsideologie. Marja Winken
Der Bauch der GrünenBeim Großteil der Medien in der Bundesrepublik sind die Grünen jetzt erst mal unten durch, jedenfalls die Basisaktivisten dieser Partei, die mit ihrem unbotmäßigen Verlangen nach einem Sonderparteitag über das deutsche Militärengagement in Afghanistan Erfolg hatten und obendrein dort eine »Mehrheitsentscheidung aus dem Bauch heraus« (so der grüne »Vordenker« Hubert Kleinert) zustande brachten. Gegenstand des innerparteilichen Streites war (und bleibt) das Ja oder Nein zu der Regierungsvorlage, über die demnächst der Bundestag abzustimmen hat: Soll der Bundeswehreinsatz im afghanischen Krieg verlängert werden, und wenn ja, mit oder ohne Tornados? Mit verschleiernden Formulierungen versuchte die Parteiführung, die Neinsager in die Ja-Front zu holen. Den auf strammen Gleichschritt bedachten Medien wollte sie ein Bekenntnis zur »Realpolitik« präsentieren, also Regierungsfähigkeit demonstrieren; denn als regierungsfähig gilt, wer militärisch zuzuschlagen bereit ist. Das machttaktische Manöver ist gescheitert. Wenn der Wille der Mehrheit der Delegierten zum Zuge kommen soll, müßte die grüne Fraktion sich weigern, den weiteren Tornado-Einsatz zu legitimieren. So etwas darf nach gemeinsamer Meinung aller Medienkonzerne die Basis einer Partei, die doch längst »in der Realität angekommen« schien, nicht anrichten. Offenbar seien die Grünen, nachdem der Zuchtmeister Joseph Fischer sich entfernt hat, »gefährlichen Rückfällen in fundamentalistische Zeiten« erlegen, der »linke Stammtisch« habe beim Sonderparteitag obsiegt, schilt Spiegel-online . Die Kommentatoren ziehen die »Führungskunst« von Reinhard Bütikofer, Fritz Kuhn, Renate Künast in Zweifel, ebenso das demagogische Geschick von Jürgen Trittin, der schon als möglicher Außenminister einer Ampelkoalition ins Gespräch gebracht worden war. Als »Rückfall in den Kindergarten« bezeichnet der ehemalige Revolutionsdarsteller Daniel Cohn-Bendit die Aufmüpfigkeit in seiner eigenen Partei. Merke: Innerparteiliche Demokratie ist ganz ok, aber nur so lange, wie sie gar nicht erst die Frage aufkommen läßt, ob Militärflugzeuge denn wirklich zur Spezies der Friedenstauben gehören. Und die strenge Aburteilung der »Entscheidung aus dem Bauch« lehrt uns: Zweifel am humanitären Effekt eines Bundeswehreinsatzes können keinesfalls aus dem Kopf kommen. Peter Söhren
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Noch ein Häppchen HacksZweifellos hätte es der von seiner Bedeutung überzeugte Dramatiker Peter Hacks als angemessen begrüßt, daß der Eulenspiegel Verlag nun schon über Jahre seinem Schaffen und seinen Ansichten einen Ehrenplatz im Verlagsprogramm gibt. Ob ihm, der sich den Klassikern verwandt fühlte, jedoch die Häppchen- oder Fragment-Publikationen gefallen hätten, stelle ich in Frage. Nach André Müller, Heinar Kipphardt, Hans Heinz Holz nun also ein Band, der das Verhältnis des Theaterwissenschaftlers Gottfried Fischborn zu Peter Hacks wiedergibt. Ein bisher nicht veröffentlichtes langes Interview, Artikel, Briefe, Texte verschiedenster Art, darunter auch literarische Versuche des Wissenschaftlers, von Hacks angeregt oder beurteilt. Das meiste aus den siebziger Jahren. Es entstand ein Konglomerat, das nicht gerade zum Lesen einlädt. Lesenswert ist aber jedenfalls das Interview, das substantielle, unverblümte Auffassungen von Hacks zur Dramatik und zur Zeit enthält. Hacks war schon ein kluger, aber ungeheuer von sich eingenommener Mann. Daß ihm ein Theaterwissenschaftler derart devot begegnete, war der Stil der Zeit, in der Spitzenkünstler Olympier waren und Geisteswissenschaftler ihre Beamten. Nun – nach Jahrzehnten – schreibt Fischborn einen Brief an den Toten und widerspricht Hacks' Auffassung, Stalins Terror sei historisch notwendig gewesen. Der Brief besticht durch die kultivierte Art, mit der ein Marxist einem anderen seine gegensätzliche Meinung mitteilt. Eine ähnliche Auseinander- setzung mit den Dokumenten aus den siebziger Jahren hätte ich mir gewünscht. Die Harmonie, an der Hacks voller Überzeugung arbeitete, hat so wenig mit der heutigen Zeit und dem heutigen Theater zu tun, daß man von einem Theater- und Geisteswissenschaftler und seinem Verlag schon eine Erklärung hätte erwarten dürfen. Christel Berger Gottfried Fischborn und Peter Hacks: »Fröhliche Resignation«, Interviews, Briefe, Aufsätze, Texte, Eulenspiegel Verlag, 224 Seiten, 14.90 €
Ossip K. FlechtheimBeim Umräumen in meiner wuchernden Bibliothek zog ich ein zwanzig Jahre altes Buch heraus und las folgende Sätze: »Leben und Tod, Hunger und Liebe, die Last der Arbeit und die Lust der Libido, Aggression und Sympathie sich selber und seinen Mitmenschen gegenüber, Streben nach Solidarität, Genossenschaft und Brüderlichkeit, aber auch der Drang nach Herrschaft und Macht wohnen in derselben Brust.« Und an anderer Stelle: »Ein grundlegender Wandel in der Politik, Gesellschaft und Kultur muß hinzukommen. Schließlich muß sich der Produzent und Konsument von einem egoistischen ›homo oeconomicus‹ zu einem dem Gemeinwohl verpflichteten ›zoon politikon‹ entwickeln.« Und weiter: »Ein optimales Verhältnis von Freiheit und Gleichheit scheint mir nur in einer Gemeinschaft möglich, die auch auf Brüderlichkeit und Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit und Solidarität beruht.« Autor des Buches »Ist die Zukunft noch zu retten?« war Ossip Kurt Flechtheim. Kurz nach dieser Wiederlektüre landete die neue Biografie »Ossip K. Flechtheim. Politischer Wissenschaftler und Zukunftsdenker (1909–1998)« von Mario Keßler auf meinem Schreibtisch. Ich las es sofort. Im ersten der vier Kapitel »Kein Platz für Patriotismus: Eine Jugend in Deutschland (1909–1935)« wird der Weg des ukrainischen Juden deutscher Herkunft vom Geburtsort Nikolajew über Düsseldorf, Freiburg, Heidelberg, Paris bis Berlin und schließlich ins Exil gezeichnet. Bereits im Gymnasium erschien er als »Außenseiter«, ein normales Dasein für Juden. Da konnte man noch so gut sein – und Flechtheim war es. Aus der Gemeinde war er ausgetreten, verhielt sich nicht religiös, doch blieb er Jude. Und mußte ins Exil gehen. Kapitel 2 »Exilerfahrung und politische Wissenschaft (1935–1952)« berichtet über Kommunismusforschung in Genf, Kennenlernen der Politikwissenschaft in den USA, Tätigkeit und Entlassung am Colby College in Waterville/Maine, Deutschlandbesuche ab 1945, 1951 Gastprofessur an der Freien Universität Berlin (West). Zwischendurch assistierte er Robert W. Kempner, dem Ankläger in Nürnberger Prozessen; er verhörte unter anderen den NS-belasteten Carl Schmitt. Im dritten Kapitel »Politische Bildung zwischen Restauration und Aufbruch (1952–1970)« sehen wir den Professor in Berlin im Zentrum der Studenten-Rebellion von 1968. Das vierte Kapitel »Futurologie, Ökologie und Sozialismus (1970–1998)« resümiert vor allem die geistige Leistung des politischen Gelehrten. Und da kommen dann solche Gedanken wie die eingangs zitierten zum Tragen. Dem Kapitalismus gibt er geringe Chancen, und den damals praktizierten Sozialismus, dem das Individuum und die Demokratie abhanden gekommen seien, hält er gleichfalls nicht für zukunftsfähig. Aber der Totalitarismus-Theorie steht er kritisch gegenüber: Er schmeißt die Systeme nicht in den Gleichmacher-Topf. Gibt es einen »Dritten Weg« als humane Möglichkeit, fragt er am Ende seines Lebens. Eine der Möglichkeiten sieht Flechtheim im »Genossenschaftssozialismus« von Franz Oppenheimer. Unbedingt notwendig sei »Aktivität der Bürger«, deren Nachlassen er beklagt. (Was würde er zur politischen Trägheit heute sagen?) »Demokratie ist auch eine Pflicht …, heißt ständiges Dabeisein«, hält er entgegen. Flechtheim steht vor uns als bedeutender Aufklärer. Keßler hat sein Leben und Wirken in einem gut lesbaren Buch anschaulich gemacht. Jochanan Trilse-Finkelstein Mario Keßler: »Ossip K. Flechtheim. Politischer Wissenschaftler und Zukunftsdenker (1909–1998)«, Böhlau Verlag, 295 Seiten, 39.90 €
Kittner zeigt Sadisten am WerkDietrich Kittner hat das jüngste seiner bitterbösen satirischen Programme auf eine DVD für das Heimkino brennen lassen. Und wie stets bei Kittner gibt es neben dem Hauptfilm (50 Minuten) einen zweiten Teil, der halb so lang und als Bonusmaterial gekennzeichnet ist. Seit Jahren sind dem Kabarettisten Kittner sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Fernsehsender verschlossen. Warum? Die Antwort läßt sich schnell finden. Mit seinem bissigen Humor karikiert der Hannoveraner die bundesdeutsche Gesellschaft in allen ihren Facetten und nennt die Verantwortlichen für undemokratische Zustände beim Namen. Daher gehen Politiker in Deckung, wenn sie seinen Namen hören. Die DVD »Sadisten oder Wie ein Gesetz entsteht« zeigt, wie Kittner seine Zuschauer nicht nur sprachlich fesseln kann. Ob als Reporter, Nachrichtensprecher oder in der Roten Robe eines Bundesrichters – bei seinen Satiren bekommt selbst das Zwerchfell eine Gänsehaut. Kittner-Freunde haben sich längst das im Verlag Ossietzky erschienene Buch »Wie ein Gesetz entsteht« (mit Zeichnungen von Guido Zingerl) für 6.50 Euro besorgt. Die DVD, auf der man Kittner agieren sieht, hat aber ihre eigenen Reize. Karl-H. Walloch Dietrich Kittner: »Sadisten oder Wie ein Gesetz entsteht«, Edition Logischer Garten (elgkittner@aol.com), 14.80 €
Gratulation aus dem BiotopEigentlich ein schönes Stück für die Kolumne »Gremlizas Expreß«: ein Rosa-Luxemburg-Zitat (na welches wohl) als Motto einer ganzseitigen Anzeige und dann als Text: »Globetrotter lieben die Vielfalt von Natur und Kultur und setzen sich für deren Erhaltung ein. Deshalb freuen wir uns besonders, daß auch in unserem Biotop ein linkes und pazifistisches Magazin fünfzigjähriges Jubiläum feiern kann: Träume leben. Globetrotter Ausrüstung.« So steht's im neuesten konkret . Ob das Magazin sich gern »pazifistisch« hat nennen lassen, wissen wir nicht; aber wer will schon einem Anzeigenkunden widersprechen? Immerhin hat die Outdoor- und Trekking-Firma Globetrotter diesbezüglich Sachverstand. Sie wirbt derzeit für »Mountainbike-Touren auf Militärstraßen«. Ehemaligen, im Alpengebiet. M. W.
Press-KohlNatürlich kann auch ein Regierender Bürgermeister nicht alles selber tun. Vielleicht gar nichts. »Seit wenigen Wochen gibt es das Berlin-Board als Beratungsgremium für den Regierenden Bürgermeister«, resümierte Christine Richter in der Berliner Zeitung , »dann folgte das Beratungsnetz gegen Rechtsextremismus, seit gestern haben wir in Berlin einen Klimaschutzrat ... Die Arbeitsgruppe soll, wer hätte es nicht erraten, den Senat bei Energiesparmaßnahmen und Klimaschutz unterstützen. Mal ehrlich: Dieses neue Gremium brauchen wir doch gar nicht ...« Wir brauchen es vielleicht gar nicht. Ich aber brauche dringend eine lukrative Nebenbeschäftigung in einem Gremium, das mich nicht übermäßig beschäftigt, aber zu schätzen weiß, daß ich eine Nase für Wetter und Klima habe. Ich bin der geborene Berater in diesen Angelegenheiten, denn, wie Bully Buhlan († 1982) einst sang: Mir ist so komisch zumute, / ich ahne und vermute: / heute liegt was in der Luft, / ein ganz besonderer Duft! / Ich könnte weinen und lachen / und lauter Unsinn machen ... Mit diesem ganz speziellen Riecher würde ich natürlich nicht lauter Unsinn machen, sondern unter Umständen auch vor verhängnisvollen Fehlern warnen. Man denke an das neue Dienstgebäude des Bauministeriums in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs. »Die Mängel-liste an dem 1999 eröffneten Gebäude liest sich wie eine Horror-Story für Bauherren: Fehler beim Brandschutz, die Haustechnik klemmt. Die Klimaanlage führte dazu, daß die Mitarbeiter an heißen Sommertagen mit dampfenden Köpfen das Haus verließen ... Und die Statik hält wohl nicht, was sie verspricht. Da fragt man sich, warum nicht einer der vom Staat bezahlten ›Experten‹ im Bauministerium mal einen Spaziergang über die Baustelle gemacht hat, um dann Alarm zu rufen.« Ob der Berliner Kurier den Bauminister Tiefensee für einen Experten hält. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 19/2007 |
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