Bernd C. Hesslein, Deutsche Sicherheit

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Deutsche Sicherheit

Unter den großen Streitfragen der Bundesrepublik, der rheinischen wie der gesamtdeutschen, gibt es keinen Dauerbrenner, der so anhaltend, aber auch so folgenlos in Gang gehalten wird wie das Thema Wehrpflicht. Dieses Mal möchte die SPD mit dem kuriosen Vorschlag, eine »freiwillige Dienstpflicht« einzuführen, auf sich aufmerksam machen.

Pflichtgemäß haben die Medien reagiert, wohl auch, weil das traditionelle Sommertheater der Parteien unter der dämpfend wirkenden Kanzlerschaft von Angela Merkel ausgeblieben ist. Nennenswerte Vorschläge sind dabei nicht herausgekommen. Zu abgenagt ist dieser politische Knochen in dem halben Jahrhundert, in dem die Bundeswehr als Wehrpflichtarmee geplant und aufgestellt wurde und jetzt quer durch die Fraktionen von der Heimatverteidigung in die Rolle einer weltumfassenden Einsatzarmee gezwungen wird.

Für Bernd Ulrich, den wortgewandten stellvertretenden Chefredakteur der Wochenzeitschrift Die Zeit , ist die Debatte Anlaß zur Offenbarung. »Wenn es aber stimmt, daß in Afghanistan das deutsche Vaterland verteidigt wird, warum schickt die Bundeswehr dort nur Freiwillige hin?«, fragt er herausfordernd und meint damit die von der Schröder-Regierung übernommene flapsige Feststellung des einstigen Verteidigungsministers Struck (SPD), Deutschland werde auch am Hindukusch verteidigt. Als eigene Schlußfolgerung fügt Ulrich hinzu: »Wenn die Sicherheit dieses Landes im Prinzip überall auf der Erde verteidigt werden muß ... warum soll dann die Wehrpflicht abgeschafft oder aufgeweicht werden?«

So redet George W. Bush und hat Krieg und Terror im Irak entfesselt. So haben Europas Kolonisatoren geredet und gehandelt. So schreibt nun ein prominenter deutscher Publizist. Sechzig Jahre nach Völkermord und Vernichtung in Europa durch das »Großdeutsche Reich«, das einstige Vaterland.

Die Frage ist: Wo und wofür steht Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges und der Wiedergewinnung der Einheit? Der Verweis auf Bündnisverpflichtung und Wirtschaftsstandort, also Kanonen und Kattun, ersetzt nicht eine erkennbare und offen vertretene Politik. Wieder einmal zeigt sich, wie sehr uns die Auseinandersetzung mit den Hitler-Jahren fehlt. Sie hätte uns davor bewahrt, in die Normalität der Großmächte einzutauchen. Jetzt sind wir darin gefangen.