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Wie er im Juni 2003 beim Fallschirmspringen ums Leben kam, blieb ein Rätsel – bis plötzlich nach vier Jahren die Bild- Zeitung gebieterisch verkündete: »Es muß Selbstmord gewesen sein!« Warum? Weil ein inzwischen bekannt gewordenes Video keinen anderen Schluß zulasse. Auch Henryk M. Broder im Spiegel und Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung behaupteten, genau Bescheid zu wissen. »Heute steht fest, daß Möllemanns Tod kein Unfall und keine Folge des Einwirkens Dritter, sondern Selbstmord war« (Broder). Denn: »Möllemann hatte sich verrannt« (Leyendecker). Beide warben mit ihren Artikeln für eine von Esther Schapira verantwortete ARD- Fernsehsendung, die sich in 45 Minuten ganz und gar tendenziös ausschließlich bemühte, die Selbstmord-These zu bekräftigen. Alles, was in Richtung Unfall oder Mord weisen konnte, kam in der Sendung nicht vor. Schon die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Abschlußbericht fünf Wochen nach dem Todesfall die Möglichkeit eines Mordes ohne nachvollziehbare Erklärung ausgeklammert, die Möglichkeit eines Unfalls aber ausdrücklich bejaht – wie eigenartigerweise schon zwei Tage nach dem zu untersuchenden Ereignis. Doch vier Jahr später versuchten tonangebende Medien, den Eindruck zu erwecken, als wäre Selbstmord die einzige Möglichkeit. Das laut Bild beweiskräftige Video – das der Staatsanwaltschaft längst vorgelegen haben soll – zeigt, daß das Rettungssystem, das im Notfall automatisch den Reservefallschirm auslöst, nach dem tödlichen Absturz abgeschaltet war. In den Tagen nach Möllemanns Tod waren aber Zeugenaussagen publiziert worden, denen zufolge das Gerät vor dem Sprung eingeschaltet war. Während des Fluges kann ein Fallschirmspringer das tief im Rucksack steckende Gerät nicht selber abschalten. Es wird behauptet, Möllemann habe sich vor dem Sprung der Kontrolle seiner Ausrüstung entzogen; damit wird suggeriert, er selber habe das Rettungsgerät vor dem Sprung abgeschaltet – im Widerspruch zu den damaligen Zeugenaussagen. Und eine fragwürdige Behauptung baut auf der anderen auf. Warum muß Möllemann unbedingt Selbstmord begangen haben? Broder konstatierte: Der Vorsitzende der Deutsch-Arabischen Gesellschaft sei Antisemit gewesen – »nicht mehr und nicht weniger als der deutsche Durchschnitt«. Leyendecker wies auf ein von Möllemann finanziertes Flugblatt aus dem Bundestagswahlkampf 2002 hin, das »in Teilen antisemitisch« gewesen sei. Als antisemitisch galt vielen Journalisten Möllemanns Vorwurf in dem Flugblatt, Michel Friedman (Zentralrat der Juden in Deutschland) versuche, ihn wegen seiner Kritik an der Politik des israelischen Ministerpräsidenten Sharon »als Antisemiten abzustempeln«. In dem Flugblatt hatte Möllemann »für eine friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes: mit sicheren Grenzen für Israel und einem eigenen Staat für die Palästinenser« geworben und seine Kritik an Sharon bekräftigt: Israels Premier mißachte Entscheidungen des UNO-Sicherheitsrats. In dem kurz vor seinem Tod erschienenen Buch »Klartext« ging Möllemann weiter und warf der israelischen Regierung unter anderem »Staatsterror« vor, weil sie die des Terrorismus beschuldigten Palästinenser liquidiere, anstatt sie vor Gericht zu stellen. Er stellte die Frage: »Ist das ›Böse‹ am Islam, daß er ausgerechnet dort verbreitet ist, wo die Öl- und Gasvorkommen liegen oder wo der Bau großer Pipelines geplant ist?« Und er berichtete dort auch über Äußerungen seines von einer Israel-Reise zurückgekehrten Parteivorsitzenden Guido Westerwelle: »Herr Möllemann, Sie machen sich ja keine Vorstellung, was die mir da abverlangt haben. Sie glauben ja gar nicht, was die mir zugemutet haben.« Ein Mann ohne Namen haben ihm beim langen Warten auf die Audienz bei Ariel Sharon knallhart gesagt, daß die israelische Regierung Möllemanns politischen Kopf verlange. »Wer war das?«, habe Westerwelle später einen seiner kundigen Begleiter gefragt. Antwort: »Der Mossad!« Damit ist weder bewiesen, daß Möllemann Antisemit war, noch daß er umgebracht wurde. Der israelische Geheimdienst Mossad ist für viele Verbrechen verantwortlich, aber das kann man auch anderen Geheimdiensten nachsagen. Im Fall Möllemann sind keine Beweise für eine Täterschaft des Mossad bekannt geworden. Bloße Verdächtigungen wären töricht und gefährlich. Broder, Leyendecker, Schapira und Bild mögen geglaubt haben, solchen Verdächtigungen könnten sie am besten den Boden entziehen, wenn sie um so fester behaupten, Möllemann habe Selbstmord begangen. Dies aber bleibt eine bloße Verdächtigung. Halten wir fest: Die Todesursache ist bis heute nicht ermittelt, der Fall ist ungeklärt, viele Fragen sind offen. Zum Beispiel: Wo ist das Gerät zum automatischen Auslösen des Reserveschirms geblieben, das dem Video und Bild zufolge unmittelbar nach dem Sturz noch vorhanden gewesen sein soll, wenn auch angeblich ausgeschaltet? Die 20-Uhr- Tagesschau vom 7. Juni 2003 hatte darüber berichtet: »Zwei Tage nach dem Fallschirm-Absturz des früheren FDP-Politikers Möllemann hat die Polizei die Untersuchung des Unfallortes beendet. Nach ihren Angaben fehlt weiter der Teil der Ausrüstung, der üblicherweise den Reservefallschirm auslöst.« Ähnlich hatte damals die Nachrichtenagentur ddp gemeldet: »... ein elektronisches Gerät, das üblicherweise den Reservefallschirm auslöst, konnte nicht gefunden werden.« Wer hat das Gerät verschwinden lassen? Warum? Kann es doch manipuliert worden sei? Am selben Tag war in Bild zu lesen gewesen: »In Möllemanns Verein (›Fallschirmsportclub Münster‹) habe sich vier Jahre zuvor »ein aufsehenerregender Fallschirm-Mord« ereignet. Der Krankenschwester Andrea U. (31) sei der »Hauptschirm verdreht und die Sicherheitsautomatik für den Reserveschirm zerstört worden«. Mehr zu diesem und anderen Fällen haben die Autoren zusammengetragen unter www.arbeiterfotografie.com
Erschienen in Ossietzky 17/2007 |
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