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Kleine Anfrage Wolfgang Bittner
Der Hartz-EffektDie Bundesagentur für Arbeit hat ihre Halbjahresbilanz vorgelegt, und die regierenden PolitikerInnen klopfen sich selbst auf die Schulter: Dank ihrer Reformmühen wende sich nun auf dem Arbeitsmarkt alles zum Guten, selbst bei der Langzeitarbeitslosigkeit sei ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Soviel aus der schönen Welt der politischen Statistik. Die Realitäten: Die »Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt« geschah für rund 400.000 Menschen per Ein-Euro-Job, etwa 350.0000 begannen eine »Qualifizierung«, 1,28 Millionen stecken in sogenannten Fördermaßnahmen. Die Gesamtzahl der EmpfängerInnen von ALG II liegt kaum verändert bei 5,4 Millionen, davon sind etwa 1,2 Millionen erwerbstätig (440.000 in einer Vollzeitstelle), aber dennoch auf »Stütze« angewiesen, um überleben zu können. Für mehr als eine halbe Million Erwerbstätiger müssen die Kommunen Mietkosten übernehmen, weil der Lohn zu niedrig ist. Fazit: Die »Wende« besteht darin, daß infolge der rot-grünen und anschließend der großkoalitionären Politik der Niedriglohnsektor in der Bundesrepublik massiv ausgeweitet und ins Niedrigste getrieben wurde. Arm trotz Arbeit als Alternative zur Arbeitslosigkeit, die dennoch kaum abnimmt – das ist der Hartz-Effekt. Marja Winken
VerrenkungenDie SPD-Manager sind derzeit dabei zu beobachten, wie sie einem nur mäßig interessierten Publikum politische Lockerungsübungen vorführen, die auch bei wohlwollendem Blick eher als Verrenkungen erscheinen. Hubertus Heil, der Generalsekretär der Partei, »lockere jetzt den strikten Abgrenzungskurs gegenüber der Linkspartei«, berichteten die Zeitungen. Er »verurteile« diese Konkurrenz »nicht mehr pauschal«, denn unter deren Politikern seien »vernünftige Leute im Osten« zu finden, die »mitgestalten« wollten. Allerdings hätten sich der Linkspartei »Westler angeflanscht«, die deren Politik »um 20 Jahre zurückwerfen« möchten. Mit diesen bösen Westlern sind die zur Linkspartei gestoßenen ehemaligen SPD-Mitglieder gemeint, die ihrer Partei den Rücken gekehrt haben mit dem Vorwurf, sie sei nicht mehr sozialdemokratisch, und die nun in der Linkspartei gegen die Politik der Sozialdemontage und Privatisierung bisher öffentlicher Güter opponieren wollen. Dadurch stören sie Kalkulationen der SPD-Spitze. Die strebt für den Fall, daß das Bündnis mit der CDU/CSU nicht mehr funktioniert, eine Koalition mit der FDP und vielleicht auch den Grünen an, aber dabei möchte sie längerfristig eine andere Option im Spiel halten, nämlich das Regierungsbündnis mit einer »vernünftig« gewordenen Linkspartei – zumindest als Drohung. Die Berliner Stadtkoalition verweist auf manchen Vorteil, den die SPD aus einer solchen Koalition ziehen kann. Hubertus Heil setzt auf die Vergeßlichkeit des Publikums: Noch vor kurzem waren es die »SED-Traditionalisten aus dem Osten« in der PDS, vor denen der SPD-Apparat warnte. Nun sind sozialdemokratisch denkende Ex-SPDler im Westen die Bösewichte. Machtkalkül ist es, dem die kläglichen turnerischen Vorführungen des Generalsekretärs entspringen. Offenbar ist er nicht in der Lage, die Gründe für den drastischen Mitglieder- und Vertrauensverlust seiner Partei auch nur zu begreifen. Politisches Heil wird aus solcher Denkschwäche und Großmäuligkeit der SPD nicht entstehen, eher das Gegenteil. M. W.
KammerjägerDieser Tage hat der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Peter Struck in einem Brief seine Parteifreunde dazu aufgerufen, sich zu Hause in den eigenen Wahlkreisen mit den »Rattenfängern« von der neuen Linkspartei auseinanderzusetzen. Da stellt sich die Frage: Wen hat er mit »Ratten« gemeint? Nach landläufiger Vorstellung sind Ratten höchst unerfreuliche Nagetiere, abstoßend und bissig, Krankheitsüberträger und Schädlinge. Deshalb ihre allgemeine Unbeliebtheit. Deshalb ihre Ausrottung mit Gift und anderen Mitteln. Wer aber ist bei Struck gemeint? Eindeutig wir, die Wählerinnen und Wähler in der Bundesrepublik! Wen sonst sollte die neue Linkspartei fangen wollen? Danke, Herr Struck! Nun endlich wissen wir, was für die SPD-Propaganda die Wahlbevölkerung ist: unliebsames Rattenvolk. Es ist noch nicht lange her, da setzte Wolfgang Clement, einst Superminister im Kabinett Schröder, ALG-II-Bezieher mit »Parasiten« gleich. Unsereins gilt solchen Politikern als Schädlingspack. Es fehlen nur noch die »Schmeißfliegen« des früheren CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß, und die rhetorische Ungeziefersammlung der SPD, uns Menschen herunterzudiffamieren, ist komplett. Kann man sich eine derartige Verwahrlosung der Sprache noch anders erklären als durch eine entsprechende Verwahrlosung des Denkens und Fühlens? Und muß man hinter diesen »Ratten«- und »Parasiten«-Vergleichen, hinter dieser Verrottung der Sprache, nicht schon etwas ganz anderes befürchten – Ausrottungsphantasien? Manchmal ist Sprache ihren Sprechern voraus, das war auch bei Hitler schon so. Manchmal weiß sie, was den Sprechern noch unbewußt ist. Sie signalisiert Menschenverachtung. Mit seiner Metaphorik hat der Briefschreiber Struck Klarheit geschaffen: Die bundesdeutsche Sozialdemokratie ist angetreten, Deutschland von Schädlingen zu befreien, mit Kammerjäger Struck an der Spitze. Auf denn also, Ihr Lieben, ab in die Kloaken mit uns! Oder wie haben Sie das gemeint, Herr Struck? Holger Platta
Als sie träumtenSie, das sind Rico, Mark, Walter, Paul, Stefan und Daniel: junge Pioniere, Klassenkameraden, Freunde, die im Leipzig der Wendezeit aufwachsen, in ihrem runtergekommenen Stadtviertel, dessen Mittelpunkt die alte Brauerei bildet. Sie saufen und klauen Autos, sind in Schlägereien verwickelt und werden von den Glatzen zusammengeschlagen, sind Fans des Boxsports und des Fußballvereins Chemie Leipzig, landen häufig auf der Polizeiwache Südost und manchmal auch im Knast. Sie wollen hart und cool sein und träumen wohl doch von fernen Vätern und guten Müttern, von einem Leben, das gerecht ist, von Freundschaft, die nicht verraten wird, von Liebe, die dauert, von großen Kämpfen, unerhörten Siegen und grenzenloser Freiheit. Ihr Erwachsenwerden fällt in die Nachwendejahre. Alle Grenzen scheinen offen, und dennoch stoßen sie sich an äußeren Begrenzungen und eigener Begrenztheit Leiber und Seelen wund. Ihr Versuch, die wilden Träume ihrer Jugend dann wenigstens mit Hilfe von Alkohol, bunten Pillen und anderen Drogen aus all den grausamen Verhältnissen zu retten, mutet rebellisch und verzweifelt zugleich an. Aufgeschrieben wurde dieser Roman einer gewalterfüllten Jugend von Clemens Meyer (Jahrgang 1977, Lessing- und Brentano-Preisträger 2007), einem Autor, der in Leipzig lebt und arbeitet. Der Text ist durch seine erschreckend genauen Situationsschilderungen und die krasse Sprache der eher beiläufig wirkenden, ganz aufs Handeln gerichteten Dialoge von einer Unmittelbarkeit und Wucht, die den Leser sogartig in die erinnerten und erzählten Geschehnisse hineinziehen. Reflexion wird erst im Nachhinein möglich – indem der Erzähler (Daniel, einer aus der Clique) sich in vielfachen Anläufen erinnert und das, was mit ihm und den anderen geschah, in Worte zu fassen und zu verstehen sucht: »Es gibt keine Nacht, in der ich nicht von alldem träume, und jeden Tag tanzen die Erinnerungen in meinem Kopf, und ich quäle mich mit der Frage, warum das alles so gekommen ist. Sicher, wir hatten eine Menge Spaß damals, und doch war bei dem, was wir taten, eine Art Verlorenheit in uns, die ich schwer erklären kann.« Evelyn Beitz
Clemens Meyer: »Als wir träumten«, S.Fischer Verlag, 518 Seiten, 19.90 €, in diesen Tagen erscheint eine Taschenbuchausgabe
Neues vom GewerkschaftsstaatDie deutschen Gewerkschaften wollen künftig stärker dabei mitwirken, die Studierenden auf das Arbeitsleben vorzubereiten; dies haben sie mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und mit der Kultusministerkonferenz vereinbart. Vertreter der Gewerkschaften sollen bei der Konzeption der Studiengänge beteiligt werden, Lehrtätigkeiten übernehmen und den Dozenten Einblick in die Arbeitswelt geben. Das kündigte der Bundesvorstand des DGB an. Bestätigt sich also die These des Vorsitzenden jener Partei, mit der die Union wie auch die SPD bei nächster Gelegenheit eine Bundesregierungskoalition bilden wollen, Guido Westerwelle, daß wir hierzulande in einem »Gewerkschaftsstaat« leben? An unserer Wiedergabe der zitierten Pressemeldung ist nur eine kleine Korrektur vorzunehmen: statt »Gewerkschaften« steht dort »Arbeitgeber« und statt »DGB« das Kürzel »BDA«. Arno Klönne
Der Weg in den Krieg als AuswegNeben dem Haupteingang des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg in Berlin prangt an der Glasfassade ein Plakat: »Ihre Wehrdienstberatung informiert: Perspektive Mannschaftslaufbahn …« Neben der Offizierslaufbahn werden offensichtlich auch die niedrigsten Dienstgrade attraktiv. Überdurchschnittlich viele Soldaten kommen aus Ostdeutschland. Oft geben sie an, keine andere Verdienstmöglichkeit gefunden haben. Und die Auslandseinsätze sind (noch) beliebt, weil es satte Zuschläge gibt. Das immer stärker wirkende Motiv des Geldes läßt die Frage aufkommen, inwiefern sich diese modernen Soldaten von den Söldnern vergangener Zeiten unterscheiden. Wie wird es in zehn Jahren sein? Ich höre den Trommelwirbel und sehe den Werber auf dem kleinen Podest wie einen Marktschreier agieren: »Einen Laib Brot und einen großen Becher Wein täglich für jeden, der nach Afghanistan geht!« Und im Rekrutierungsbüro (praktischerweise ins Jobcenter integriert) stehen mit knurrenden Mägen die Angeworbenen in langen Reihen … Stefan Hug
Der BND im Nahen OstenDer BND-Experte Erich Schmidt-Eenboom entlarvt auch in seinem jüngsten Buch fragwürdige, oft hanebüchene Praktiken deutscher Geheimdienste – diesmal im Nahen und Mittleren Osten. An den Beispielen Ägypten, Syrien, Sudan und Irak beleuchtet er, wie sich sogenannte vitale Interessen Deutschlands entfalten – vielfach unter Umgehung von Recht und Moral. Er beschränkt sich nicht auf die Darstellung nachrichtendienstlicher Aktivitäten und Einwirkungen auf das Regierungshandeln, sondern erklärt sie auch in ihren politischen, militärischen und ökonomischen, besonders rüstungswirtschaftlichen Zusammenhängen. Aktuelles wie die Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes an der US-amerikanischen Aggression gegen den Irak verknüpft er mit historischem Geschehen zu einer spannenden Lektüre. Bernd Fischer
Erich Schmidt-Eenboom: »BND. Der deutsche Geheimdienst im Nahen Osten. Geheime Hintergründe und Fakten«, F.A.Herbig Verlag, 336 Seiten, 19.90 €
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
WichtigkeitenVon Hubschraubern aus verfolgen Kameras einen dunklen Wagen durch die Nacht. In dem Auto sitzt eine junge Frau, die gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Was die Kameras erfassen, übertragen werbefinanzierte Fernsehsender live im In- und Ausland. Spätestens jetzt wird mir klar: Diese Frau ist ein höheres Wesen, keine wie wir, sondern unter Gleichen eine Ungleiche, Paris inter pares. Als nähere Bezeichnung taucht meist »die Hotelerbin« auf. Wenn man sich aber wundert, wieso jemand nur deswegen berühmt ist, weil er einmal etwas erben wird, erfährt man über die junge Frau Hilton doch noch ein wenig mehr: Sie besucht Parties und Nachtclubs und taucht zuweilen in Spiel- und Werbefilmen auf; als Sängerin hat sie sich auch schon versucht. Mit einem Wort: Sie soll ein It-Girl sein, also ein Mädchen mit dem gewissen Etwas. Und das ist jedenfalls mehr als nichts. Die Welt fieberte mit – hämisch und sensationslüstern –, als Paris Hilton ins grauenvolle Gefängnis mußte: Würde sie die Strafe absitzen oder freikommen? Warum sie ins Gefängnis mußte, war nicht so wichtig. Weil sie betrunken am Steuer erwischt wurde? Oder weil sie nachher meinte, ohne Führerschein dürfe man doch zur Arbeit fahren? Wichtiger waren andere Fragen: Warum gerade sie? Warum gleich für 45 Tage (die dann aber immerhin auf 23 reduziert wurden)? Warum setzte sich Gouverneur Schwarzenegger nicht für sie ein? Warum mußte der Sheriff sie vorzeitig entlassen? Warum sperrte sie der Richter nach kurzem Intermezzo mit Fußfessel und Hausarrest wieder ein? Ihr gelang es, sogar Bürgerrechtler auf den Plan zu rufen. Und hier bei uns schaffte sie es in die respektablen Heute -Nachrichten, in die öffentlich-rechtlichen Anstalten, zur besten Sendezeit! Weltweit gab es offenbar kaum etwas Wichtigeres. Manchmal tut sie mir leid, manchmal wundere ich mich aber, warum man ausgerechnet am zweiten Tag nach der Entlassung schon ein Fernsehinterview ausstrahlt, in dem Frau Hilton künftige Wohltaten ankündigt. Da frage ich zaghaft, wer wen manipuliert. Aber schließlich führt an Paris kein Weg mehr vorbei, alle Paparazzo-Wege führen zu Paris, und wenn man das mit Mitte zwanzig geschafft hat, Hut ab! Weiter so, wir haben's wohl nicht besser verdient. Edith Ottschofski
Press-KohlDer 21 Hektar große Schloßpark in Oranienburg unweit von Berlin soll künftig zur Landesgartenschau (abgekürzt: LAGA) gehören. Frank Olterdorf ist Baudezernent von Oranienburg »und zugleich Geschäftsführer der LAGA«. Manfred Stolpe, Ministerpräsident a. D., und das »aktuelle Oberhaupt des Hauses Hohenzollern« gehören zum Kuratorium der LAGA. Natürlich hat die LAGA auch einen »LAGA-Sprecher«. »Bei den Bauarbeiten im Schloßpark hatte sich herausgestellt, daß der Teich ursprünglich viel größer war. Das wußte niemand mehr, sagte LAGA-Sprecher Joachim Muus, der im vergangenen Jahr in selber Funktion bei der Rathenower Landesgartenschau wirkte. Jetzt erhielt der Teich die historische Dimension zurück.« Während Herr Muus weiterhin dreidimensional als Sprecher wirkt und zugleich als Wirker spricht. Das »aktuelle Oberhaupt des Hauses Hohenzollern« führt zudem auch den Namen Georg Friedrich Ferdinand von Preußen. »Den Prinz sprach Oranienburgs Bürgermeister Laesicke übrigens mit ›Königliche Hoheit‹ an.« Für die zitierten Informationen danke ich einem Fach-Organ für Hohenzollern-Aktualitäten ( Neues Deutschland ), meinem Freund Benno ( ND -Abonnent) und der ND -Redaktion mit dem Duden-Hinweis, daß auch Bürgermeister keinen Prinz, sondern nur einen Prinzen ansprechen können. (Vielleicht aber sollten sie das besser unterlassen, nachdem Seine Allerletzte Kaiserliche Hoheit 1918 revolutionsbedingt abgedankt wurde.) Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 16/2007 |
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